Grundschul-Englisch als Schlüssel zur interkulturellen Kompetenz

Englisch in der Grundschule
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Der Fremdsprachenunterricht in der Grundschule legt nicht nur den Grundstein für sprachliche Fähigkeiten, sondern leistet einen elementaren Beitrag zur Vermittlung interkultureller Kompetenz. Darauf weist der Fremdsprachendidaktiker Heiner Böttger hin. „In einer Zeit, in der ein globales Verständnis und ein interkulturelles Bewusstsein unerlässliche Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens sind, wird es immer wichtiger, nicht nur Sprachen, sondern auch Respekt für andere Kulturen zu vermitteln", sagt der Professor für die Didaktik der englischen Sprache und Literatur an der KU mit Blick auf die jüngsten Debatten um den Stundenplan in der Grundschule, bei der auch eine Kürzung des Englischunterrichts zugunsten von mehr Deutsch und Mathematik diskutiert wurde.

Der Englischunterricht in der Primarstufe sei eine „Chance der frühen Auseinandersetzung mit dem Anders- und Gleichsein“, betont Böttger. Das Konzept des Englischunterrichts gehe weit über das Erlernen von Vokabeln und Grammatik hinaus. Vielmehr öffne der Fremdsprachenunterricht Fenster zu anderen Ländern, fördere die Empathie und baue auf spielerische Weise Brücken zwischen den Kulturen. Den Kindern werde auf diese Weise schon früh gezeigt, wie wichtig es ist, den eigenen Horizont zu erweitern. „Das ist ein entscheidender Beitrag zu einem friedvollen und bereichernden Miteinander in unserer globalisierten Welt." 

Heiner Böttger hat in dieser Woche Expertinnen und Experten zu einer Tagung an die KU eingeladen. Unter dem Titel „Fundamente und Meilensteine“ soll bei dem Symposium eine Bilanz des frühen Fremdsprachenunterrichts seit seiner Entstehung in Deutschland um die Jahrtausendwende gezogen werden. Begleitet und maßgeblich mitgestaltet hatte diesen Aufschwung der so genannte BIG-Kreis („Beratung, Information, Gespräch“), dem Böttger als Sprecher vorsteht. Die Mitglieder des Kreises – Wissenschaftler, Lehrkräfte und Pädagogen – wollen bei der Tagung ein Resümee ihrer Arbeit ziehen. Dieses fällt ambivalent aus. Denn einerseits habe der BIG-Kreis mit seiner Expertise viel bewirken können. Andererseits sei der Englischunterricht in der Grundschule aufgrund politischer Richtungswechsel einem ständigen Auf und Ab unterworfen. Auch mangele es an einem bundesweit einheitlichen Konzept. So steht in vielen Bundesländern Englisch ab der dritten Klasse im Stundenplan, in manchen Ländern aber schon ab der ersten.

Prof. Dr. Heiner Böttger
Prof. Dr. Heiner Böttger

Der BIG-Kreis war 1999 von dem Verleger Günther Brinek (Domino Verlag) und dem Gießener Fremdsprachendidaktiker Professor Hans-Eberhard Piepho gegründet worden. Piepho hatte mit seinem Buch „Kommunikative Kompetenz als übergeordnetes Lernziel im Englischunterricht“ Mitte der 1970er Jahre die so genannte „kommunikative Wende“ in Deutschland eingeleitet: Das Prinzip, Fremdsprachen durch intensives Miteinandersprechen zu erlernen anstatt allein über das Pauken von Grammatik und Vokabeln, prägte seither das Konzept des Fremdsprachenunterrichts.

„In den vergangenen 25 Jahren haben die Mitglieder des BIG-Kreises mit Leidenschaft und hoher Expertise an einem gemeinsamen Ziel gearbeitet: den Kindern einen qualitativ hochwertigen, zielgerichteten und vor allem freudebringenden Fremdsprachenunterricht zu ermöglichen“, sagt Heiner Böttger. Der Arbeitskreis entwickelte Standards, die laut Böttger auch in die Bildungspolitik einflossen: „Mehr als 85 Prozent aller Lehrplanziele für das Fach Englisch in der Grundschule entspringen den Standards des BIG-Kreises.“ Die Experten führten eine Studie mit mehr als 2000 Kindern durch, um die Lernerfolge des Englischunterrichts in der Grundschule vor dem Übertritt in die Sekundarstufe zu evaluieren. Und Mitglieder des BIG-Kreises waren mehrfach als Berater der Kultusministerkonferenz tätig.

Heiner Böttger ist überzeugt: Trotz mancher politischen Herausforderungen blieb nicht zuletzt durch den BIG-Kreis der gesellschaftliche Konsens unerschüttert: „Fremdsprachenunterricht in der Grundschule ist essentiell.“ Beim Symposium an der KU seien deutliche Worte zu erwarten, „denn aktuell wird in Sachen Englischunterricht in der Grundschule wieder dilettiert, gekürzt und die Kinder mit populistischen Argumenten ihrer Chancen beraubt“.

 

Über die Tagung

Die Tagung „Fundamente und Meilensteine: Symposium zum Fremdsprachenunterricht in der Grundschule“ findet am 21. Juni 2024 ab 14:30 Uhr an der KU in Eichstätt statt (Universitätsallee 1, Raum 141). Eine Teilnahme ist auch per Zoom möglich. Mehr zum Programm und zur Anmeldung unter
www.ku.de/slf/anglistik-amerikanistik/lehrstuehle-professuren/slf/anglistik-amerikanistik/didaktik-der-englischen-sprache-und-literatur/tagungen/fundamente-und-meilensteine

Informationen zum BIG-Kreis unter www.stiftung-lernen.de/big.html