Innovativ und international: Startschuss für europäische Lehrkräfteakademie an der KU

Wie lässt sich Künstliche Intelligenz in der Grundschule nutzen? Diese Frage steht im Zentrum der „SmartStart Erasmus+ Teacher Academy“, für deren Aufbau die KU im Winter den Zuschlag bekommen hat. Gefördert wird das Vorhaben mit knapp 1,5 Millionen Euro durch die Europäische Union. Prof. Dr. Klaudia Schultheis, Prof. Dr. Heiner Böttger und Prof. Dr. Barbara Lenzgeiger von der KU werden den Aufbau der europäischen Lehrkräfteakademie wissenschaftlich leiten und koordinieren. Beteiligt sind zwölf Partnerinstitutionen in sieben Ländern. Der offizielle Startschuss fiel nun mit einem Kick-Off Treffen aller Beteiligten in Eichstätt. Klaudia Schultheis, die an der KU den Lehrstuhl für Grundschuldidaktik und -pädagogik innehat, gibt im Gespräch Einblicke in Konzeption und Ziele des Projekts.

Das Team der „SmartStart Erasmus+ Teacher Academy“ mit dem Eichstätter Leitungsteam bestehend aus Prof. Dr. Heiner Böttger, Prof. Dr. Barbara Lenzgeiger und Prof. Dr. Klaudia Schultheis (erste Reihe von links).
Das Team der „SmartStart Erasmus+ Teacher Academy“ mit dem Eichstätter Leitungsteam bestehend aus Prof. Dr. Heiner Böttger, Prof. Dr. Barbara Lenzgeiger und Prof. Dr. Klaudia Schultheis (erste Reihe von links).

Was ist das Besondere an dem Projekt „SmartStart Erasmus+ Teacher Academy“?

SCHULTHEIS: Zentral ist, dass wir das Thema KI in der Grundschule behandeln, und zwar sowohl im Bereich der Fortbildung fertiger Lehrkräfte als auch in der Ausbildung von Studierenden. Dazu erarbeiten wir ein Programm mit Online-Kurs und Praxisphase. Es sollen langfristig stabile Strukturen entwickelt und das Programm dauerhaft an den beteiligten Universitäten angeboten werden. Sinn ist es, den Lehrkräften niederschwellige Möglichkeiten zu vermitteln, KI in der Grundschule einzusetzen – also wirklich etwas, was sie für den Alltag brauchen können. Das darf nicht zu kompliziert sein. Wir benötigen eine theoretische Basis, ethische Grundlagen, aber insbesondere einen praktischen Kontext. Relevant ist die Frage, was sich für die Grundschule wirklich eignet. Die Lehrkräfte sollen selbstständig weiter lernen und sich weiterentwickeln können.

Das Schulsystem erscheint aus deutscher Perspektive eher kleinteilig. Inwiefern ist es möglich, auf europäischer Ebene Lehrkräfte gemeinsam zu einem Thema aus- und fortzubilden?

SCHULTHEIS: Das ist eine Herausforderung, geht aber aus meiner Erfahrung gut, denn die Probleme sind überall die gleichen. KI ist einfach für alle von uns ein großes Thema. Jeder weiß, wir müssen die Lehrkräfte darauf vorbereiten. Es ist in allen beteiligten Ländern dahingehend eine große Offenheit zu spüren. Natürlich muss man genau schauen, wie man die Erkenntnisse in die jeweilige Praxis eines Landes transformiert. Aber erst einmal geht es darum, ein Konzept zu entwickeln, das an den Universitäten angesiedelt ist. Jede der beteiligten Universitäten hat Partnerschulen, dort wird das Programm erprobt und vor Ort werden Strukturen geschaffen. Ein wichtiges Element der Teacher Academy ist es zudem, politische und gesellschaftliche Entscheidungsträger einzubeziehen, so dass das Programm sich vor Ort wirklich verbreiten kann und angenommen wird. Grundsätzlich ist unser Konzept so ausgerichtet, dass es problemlos in die Schulen hineingetragen werden kann und dass die Lehrkräfte, die an den Aus- und Fortbildungen teilnehmen, in Zukunft als Multiplikatoren fungieren können. 

Warum ist es aus Ihrer Sicht so wichtig, das Trendthema KI spezifisch für den Kontext Grundschule zu denken?

SCHULTHEIS: Wir müssen in die Zukunft schauen. KI beeinflusst schon heute unseren Alltag immens und das macht vor der Schule nicht Halt. Bereits Grundschülerinnen und Grundschüler haben Ahnung, was KI ist und was man damit machen kann. Da sind die Lehrkräfte sogar manchmal ein bisschen hinten dran. Künftig wird KI noch wichtiger werden, auf verschiedenen Ebenen. Ein großes Thema ist, dass man mit Hilfe von KI individuell Schülerinnen und Schülern durch Tutorensysteme fördern kann. Auch bei der Unterrichtsvorbereitung hilft KI, da es Apps gibt, um Materialien zu erstellen, kleine Lieder zu komponieren, Arbeitsblätter zu gestalten. Das entlastet die Lehrkräfte, so dass sie wieder mehr Zeit haben für die individuelle Betreuung ihrer Schülerinnen und Schüler. KI kann man auch im Bereich der Schulverwaltung einsetzen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten. Wenn wir an den Alltag der Grundschulkinder anschließen wollen, kommen wir an KI jedenfalls nicht vorbei.

Prof. Dr. Heiner Böttger begrüßte als Teil des Leitungsteams der neuen europäischen Lehrkräfteakademie an der KU die internationalen Projektpartner in Eichstätt.
Prof. Dr. Heiner Böttger begrüßte als Teil des Leitungsteams der neuen europäischen Lehrkräfteakademie an der KU die internationalen Projektpartner in Eichstätt.

In der „SmartStart Erasmus+ Teacher Academy“ kooperieren Sie mit zwölf Partnerinstitutionen. Wie hat sich diese Gruppe zusammengefunden? 

SCHULTHEIS: Ich bin schon lange im Bereich der Internationalisierung der Lehrkräfteausbildung tätig, insbesondere mit unserem International Project, kurz IPC. Daher gab es einen Kern an Kooperationspartnern und über diese und weitere Kontakte fanden sich die anderen Partner. Es war unser Ziel, die Teacher Academy regional gut in Europa zu verteilen. Das ist uns gelungen: Wir haben nun im Norden, Süden, Osten und Westen Europas Partner. Für uns war es zudem wichtig, dass verschiedene Kompetenzen einfließen. Neben den Universitäten, die Lehrkräfte ausbilden, haben wir zum Beispiel Psychologen im Team, eine internationale Schule und eine Lehrkräfteorganisation. 

Um dem Anspruch gerecht zu werden, in diesem internationalen Kontext mit so vielen Muttersprachen auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten, haben Sie sich als Teil des Projekts die Entwicklung eines speziellen Hilfsmittels überlegt. Um was geht es?

SCHULTHEIS: Das war die Idee meines Kollegen Heiner Böttger. Es geht darum, ein KI-basiertes Übersetzungstool zu entwickeln, das so funktioniert: Ich sage etwas in meiner Sprache und der andere hört es in seiner Sprache bzw. möglichst viele Partner hören es gleichzeitig in ihren jeweiligen Sprachen – aber immer noch in meiner eigenen Stimme. Das wird die Kommunikation extrem erleichtern, denn das Problem ist, dass im wissenschaftlichen Austausch sehr viel im Englischen verloren geht – an Fachbegriffen und allgemein an der Tiefe der Gedanken. Wir könnten auf einer ganz anderen Ebene kommunizieren, wenn wir uns in unserer jeweiligen Muttersprache fachlich austauschen könnten. Einen weiteren großen Nutzen dieses Instruments sehen wir für die Unterrichtspraxis. Wir haben in Grundschulklassen einen hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Nicht nur in Deutschland, sondern in allen im Projekt vertretenen Ländern. Für diesen Kontext wäre unser Tool sehr hilfreich, weil man Kinder, die noch keinerlei Sprachkenntnisse haben, ansprechen und abholen kann, wo sie stehen. So ein Tool gibt es ansatzweise schon in anderen Bereichen, beispielsweise der Medizin, aber man muss das natürlich füttern mit dem fachlichen Hintergrund, den man für den Schulunterricht braucht.

Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt. Was sind nun die ersten Aufgaben, die Sie angehen?

SCHULTHEIS: Unser erster Schritt ist die theoretische Basis zu erarbeiten. Dazu gehören zwei Aspekte, nämlich ein großer Literaturüberblick und die Etablierung einer Expertengruppe, die nicht nur Lehrkräfte umfasst, sondern auch Psychologen, Verantwortliche aus Politik und Bildung und Eltern. Diese Gruppe soll den Bedarf zum Thema KI in den Schulen eruieren. Auf dieser Basis wird ein Strategiepapier erstellt, wie wir das Programm gestalten müssen, damit es erfolgreich wird. Das ist der nächste Schritt, wobei einiges auch parallel läuft. Wir werden zum Beispiel ebenfalls beginnen, unser Übersetzungstool mit der Universität Mittweida entwickeln. So baut alles aufeinander auf und ist miteinander verzahnt.

Der erste große Austausch fand Mitte Mai statt: Zum KickOff-Meeting kamen ihre internationalen Partner nach Eichstätt. Wie oft sind solche Präsenztreffen geplant?

SCHULTHEIS: Wir in Eichstätt als Koordinator haben hier drei große Konferenzen geplant. Zusätzlich finden für jedes der acht Arbeitspakete Präsenztreffen statt. Das ist meines Erachtens wichtig. Natürlich treffen wir uns regelmäßig online, sonst ließe sich der Workload nicht schaffen. Aber dass man sich auch vor Ort trifft, sich kennenlernt, zusammenwächst, das ist für meine Begriffe wichtig. Es ist ein besonders schöner Aspekt der Erasmus+ Projekte, dass diese Form des Austauschs unterstützt wird. 

Gab es etwas, was Sie in diesem ersten persönlichen Austausch mit den internationalen Partnerinnen und Partnern überrascht hat?

SCHULTHEIS: Ja, das war die Motivation der Kolleginnen und Kollegen, die sie mitbringen für das Projekt. Dass wirklich alle begeistert sind, dabei zu sein und an diesem Thema mitarbeiten zu dürfen. Das motiviert auch mich selbst zusätzlich. Auch dass die meisten den europäischen Mehrwert sehen, dass wir dadurch zusammenwachsen. Das ist für mich gelebtes Europa, wenn wir so zusammenkommen, zusammenarbeiten und eine gemeinsame Vision entwickeln.