Als früherer Sportredakteur hat er dazu 1100 Print-Artikel über Trainer im Spitzensport aus den Jahren 2015 und 2016 analysiert, rund 200 deutsche Sportjournalisten online befragt und zwölf Pressesprecher verschiedener Vereine interviewt. Er untersuchte dabei auch die Berichterstattung über die Top-Ligen in Eishockey, Handball und Basketball. Schützeneder stellte fest, dass Fußball-Trainer generell kritischer begleitet werden als die Kollegen in anderen Ligen: „Vorherrschend ist dabei die prägnante Einteilung in Held oder Versager – ein gesundes Mittelmaß gibt es nicht. Nicht mehr die Spieler bilden das Gesicht eines Profiteams, sondern der Trainer als begehrtester Interviewpartner.“ Zudem zeige die Analyse der Berichterstattung, dass der Tenor der Beiträge nicht immer von der tatsächlichen sportlichen Lage abhänge. Vielmehr würden Trainer von Sportjournalisten bei der Berichterstattung insbesondere emotional betrachtet – als Underdog, Startrainer, Routinier oder Buhmann. Im Gegensatz dazu hätten die Sportkommunikatoren der Vereine ganz rational das Image und den Erfolg des Vereins im Blick.
Wie die Befragung Schützeneders in den Redaktionen zeigt, bringen vor allem sinkende Auflagen die Berichterstattung unter einen enormen Zugzwang. Hinzu komme die Erwartung des von digitalen Medien geprägten Publikums, nahezu in Echtzeit Neuigkeiten zu erhalten. Dies führe bei Sportjournalisten zur Haltung, immer exklusiver und kritischer sein zu müssen, um Themen und Meinungen zu dominieren. Dadurch werde die Berichterstattung aber auch oberflächlicher und boulevardesker, so dass einzelne Akteure gezielt unter Beschuss kämen: „Hintergründige und vertiefte Recherchen sind Mangelware, die schnelle Eilmeldung und Transfergerüchte mit gegenseitigen Quellenverweisen sind omnipräsent.“
Gleichzeitig habe sich durch digitale Medien die Hoheit der Berichterstattung ein Stück weit in Richtung der Vereine verschoben, die selbst professionelle Online-Portale betreiben. Grundlage dafür sei nicht nur die technische Weiterentwicklung, sondern auch ein Trend zur Ökonomisierung. Schon in den 1990er-Jahren sei eine „Entsportlichung des Sportes“ befürchtet worden. Während früher die Eintrittsgelder zu den Spielen bis zu 80 Prozent der Einnahmen eines Vereins ausgemacht hätten, betrage dieser Posten heute nur noch 20 Prozent. Werbeeinnahmen und Fernsehlizenzen bildeten stattdessen heute die Haupteinnahmequelle.
„Auch die Fans würden es honorieren, wenn in der Sportberichterstattung wieder das Prinzip von zwei unabhängigen Quellen der Standard wäre und nicht jedes Gerücht ungeprüft verbreitet würde. Das würde der Glaubwürdigkeit des Journalismus guttun“, so Schützeneder. Zwar sei Sport von jeher unterhaltend, personalisiert und emotional aufgeladen gewesen. Jedoch plädiert er für mehr Gelassenheit: „Es wäre sicher eine Überlegung wert, ob Trainerwechsel nur in der Sommer- und Winterpause zugelassen werden, um die aufheizte Stimmung aus dem System herauszunehmen – auch zum Schutz der Trainer.“ So seien vor einigen Jahren Drohungen in der Schule gegen den minderjährigen Sohn des damaligen Schalke-Trainers Jens Keller medial nur eine Randnotiz gewesen. Dabei wären sie ein guter Anlass gewesen wären, um einmal innezuhalten. Während Trainer der Fußball-Bundesliga durchschnittlich nur 1,3 Jahre im Amt seien, werde zum Beispiel ihren Kollegen in den USA eine deutlich längere Verweildauer zugesprochen, um Erfolge vorzuweisen.
Ein Videointerview mit Dr. Jonas Schützeneder zu seiner Studie findet sich im Youtube-Kanal der KU.