Internationale Stipendiaten forschen mit Philologen der KU

Das Fach Klassische Philologie an der KU ist in den kommenden Monaten Gastgeber für internationale Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die mit Förderung der renommierten Alexander von Humboldt-Stiftung, des Schweizerischen Nationalfonds sowie des Deutschen Akademischen Austauschdienstes im Austausch mit Prof. Dr. Bardo Maria Gauly (Lehrstuhl für Klassische Philologie) und Prof. Dr. Gernot Michael Müller (Professur Klassische Philologie und Wirkungsgeschichte der Antike) verschiedene Forschungsvorhaben realisieren werden. Da die Genehmigungsquote solcher Anträge je nach Förderinstitution deutlich unter 20 Prozent liegt, spiegelt die Bewilligung der Stipendien auch die Reputation der gastgebenden Wissenschaftler in der internationalen Fachwelt wider. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten schlagen dabei jeweils selbst einen wissenschaftlichen Gastgeber vor, mit dem sie an einem Projekt arbeiten möchten.

Als Klassische Philologin an der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität im polnischen Warschau, mit der die KU seit drei Jahren ein Partnerschaftsabkommen unterhält, ist Dr. Katarzyna Jazdzewska spezialisiert auf antike griechische Literatur. Sie teilt mit ihrem Gastgeber Prof. Dr. Gernot Müller das Forschungsinteresse an Dialogen als einer der wichtigsten literarischen Gattungen der antiken Philosophie und Wissensliteratur. Wichtige antike Autoren dieser Textform, die geprägt ist von der Wechselrede zwischen zwei oder mehreren Sprechern, sind in der griechischen Literatur Platon und in der lateinschen Cicero, der sich vielfach auf Platon als Modell bezieht. Jazdzewska will als Stipendiatin der Humboldt-Stiftung ihren neunmonatigen Forschungsaufenthalt in Eichstätt nutzen, um eine Gattungsgeschichte des hellenistischen Dialogs (also jener Epoche, die Platon mit Cicero verbindet) vorzubereiten. Die Herausforderung in diesem Projekt liegt darin, dass Werke dieser Zeit nur in einigen verstreuten Fragmenten überliefert sind. So bedarf es minutiöser Rekonstruktionsarbeit, um sich ein Bild von dieser bislang noch kaum erforschten Phase des antiken Dialogs zu verschaffen.

Als Stipendiat des Schweizerischen Nationalfonds wird Dr. Raphael Schwitter von der Universität Zürich ebenfalls bei Professor Müller ein Projekt verfolgen, mit dem er sich an der KU habilitieren will. In seiner Doktorarbeit beschäftigte sich Schwitter mit gesellschaftlichen und kulturellen Umbrüchen der Spätantike – wobei er sich vor allem auf lateinische Briefliteratur stützte. Für diese Studie erhielt er den renommierten Bruno-Snell-Preis der Mommsen-Gesellschaft. In seinem neuen Projekt nimmt Schwitter nun bereits seit dem vergangenen Oktober für zweieinhalb Jahre die Rolle von so genannten Antiquaren in Rom unter die Lupe. Bei ihnen handelt es sich um Gelehrte, die vor allem seit dem 1. Jh. v. Chr. Ursprung und Entwicklung von römischen Kulten und Bräuchen erforschten. Anhand einer Vielzahl von Quellen, die ihn unter anderem wieder in die Spätantike führen werden, wird er nicht nur deren spezifische Arbeitsmethode rekonstruieren, sondern auch der grundsätzlichen Frage nachgehen, wie Gesellschaften ihre Identität aus der Beschäftigung mit der Vergangenheit konstruieren.

Ebenfalls mit einer Thematik aus der Spätantike wird sich Dr. Sara Fascione von der Universität Neapel beschäftigen, die aus Mitteln des DAAD für eineinhalb Jahren am Lehrstuhl von Prof. Dr. Bardo Maria Gauly angestellt sein wird; Teil dieser Tätigkeit ist ein einjähriger Aufenthalt an der University of Edinburgh, die restlichen sechs Monate wird sie in Eichstätt forschen. Ziel ihres Forschungsprojektes ist es, die Briefsammlung des gallorömischen Aristokraten Sidonius Apollinaris, der im späten 5. Jahrhundert zum Bischof von Clermont-Ferrand wurde, mit Blick darauf zu untersuchen, wie die Briefe des berühmten Redners Aurelius Symmachus sprachlich und thematisch rezipiert werden. Symmachus zählte zu den römischen Senatoren, die im späten 4. Jh. in Mailand die pagane Opposition zu den christlichen Kaisern organisierten. In Sidonius‘ Referenzen auf die ein Jahrhundert zuvor entstandenen Briefe spiegelt sich die Auseinandersetzung um kulturelle Identitäten zwischen Tradition und Transformation in der Spätantike; die Literatur dieser Epoche bildet ein Spezialgebiet von Professor Gauly.