Internationale Studie untersucht Integration von Flüchtlingen im Finanzsystem

Wie regeln Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, im Alltag ihre Geld- und Finanzangelegenheiten? Welche Kanäle nutzen sie dabei und welche Maßnahmen können Flüchtlinge dabei unterstützen, einen besseren Zugang zu bedarfsgerechten Finanzdienstleistungen zu erhalten, etwa im Bereich Gründungsfinanzierung? Diesen Fragen geht ein Forschungsprojekt der KU nach, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit insgesamt einer Million Euro gefördert wird. Die auf drei Jahre angelegte Studie „Finance in Displacement (FIND)“ wird an der KU von der Professur für Wirtschaftsgeographie (Prof. Dr. Hans-Martin Zademach) in Kooperation mit dem Zentrum Flucht und Migration durchgeführt. Wissenschaftliche Partner der KU sind die Tufts University in Medford/Somerville bei Boston sowie das International Rescue Committee mit Sitz in Washington. Die umfassende empirische Untersuchung wird in Jordanien und Kenia durchgeführt.

Während bei der öffentlichen Diskussion in Europa zu Flucht und Migration vor allem die Folgen für die eigenen Gesellschaften im Mittelpunkt stehen, wird häufig ausgeblendet, dass die sogenannten Entwicklungsländer selbst mit einer großen Zahl an Flüchtlingen konfrontiert sind. Gerade in diesen Ländern besteht für Flüchtlinge die Notwendigkeit, Geld sicher zu verwahren oder finanzielle Unterstützung von Freunden und Verwandten empfangen zu können. Auf dieser Grundlage können sie ihre eigenen Fähigkeiten und Potenziale besser nutzen und zur ökonomischen Entwicklung im Aufnahmeland beitragen. Jüngere Studien zeigen, dass der ökonomische Beitrag von Flüchtlingen die anfängliche Unterstützung mittelfristig sogar überkompensiert. „Der Zugang zu sachgerechten Finanzdienstleistungen ist ein zentraler Bestandteil von nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung. Wir werden Zusammenhänge an der Schnittstelle zwischen den Themen Flucht und Migration, humanitäre Hilfe und Finanzsystementwicklung betrachten, die bislang in der Wissenschaft ebenso wie in der Praxis der Entwicklungszusammenarbeit wenig erforscht wurden“, erklärt Professor Zademach. Das Projekt soll helfen, diese Zusammenhänge besser zu verstehen und global bestehende Wissenslücken zu schließen.

Die deutschen und amerikanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen bei ihrer Feldforschung den Fokus auf Flüchtlinge außerhalb von Camps legen, die seit zwei bis vier Jahren in ihrem Aufnahmeland leben. In den Blick genommen werden sowohl einzelne Personen und Haushalte als auch übergeordnete Rahmenbedingungen wie nationale Gesetze oder Initiativen internationaler und humanitärer Akteure. Als ausgewählte Partnerländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit dienen dabei Jordanien und Kenia, was eine vergleichende Analyse ermöglicht. Die Wissenschaftler verfolgen das Ziel, auf Basis ihrer Forschungsergebnisse Empfehlungen abzuleiten, wie entwicklungspolitische Konzepte und Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Einbindung von Flüchtlingen weiterentwickelt werden können. „Wir erhoffen uns, mit unserer Forschung der von Deutschland angestoßenen G20-Intiative ‚Financial Inclusion of Forcibly Displaced Persons‘ wichtige Impulse geben zu können“, so Zademach.

Das Forschungsvorhaben ist das erste Projekt, das aus einer Vereinbarung hervorgeht, die Ende 2017 zwischen der KU und dem Bundesentwicklungsministerium geschlossen wurde. Damals hatten Entwicklungsminister Gerd Müller und KU-Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien eine Absichtserklärung über Kooperationen zu Forschungsprojekten in Afrika unterzeichnet.