Internationale Tagung diskutierte Strategien für den Weg zur demokratischen Gesellschaft

Über zwei Wochen hinweg diskutierte das „Summer Institute of Civic Studies“ Grundlagen und Strategien, die in unterschiedlichen Kontexten helfen können, Gesellschaften demokratischer, pluralistischer, nachhaltiger und offener zu machen. Veranstalterin der Tagung in Herrsching am Ammersee war Prof. Dr. Tetyana Kloubert (Vertreterin des Lehrstuhls für Erwachsenenbildung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt) gemeinsam mit der University of Maryland sowie der Tufts University (Massachusetts). Für die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst geförderte Tagung hatten sich 800 Interessierte auf die 20 zur Verfügung stehenden Plätze beworben.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Ukraine, Deutschland, Polen und Georgien. Bemerkenswert war die große Heterogenität der Nachwuchswissenschaftler und Referenten: Vertreten waren unter anderem Juristen, Politologen, Journalisten und Literaturwissenschaftler, aber auch Philosophen, Pädagogen, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftler, Umweltaktivisten, Manager.

Dies entsprach auch dem Selbstverständnis von Civic Studies als ein interdisziplinäres Feld der Bereiche Pädagogik, Philosophie, Wirtschaft und Soziologie. Sie konzentrieren sich auf die Frage, wie Bürgerinnen und Bürger ihre Welt mitgestalten können. Dabei werden Themen der Ethik (Was ist richtig und gut?), Fakten (Wie ist die Sachlage?) und Strategien (Was kann funktionieren?) miteinander kombiniert. Dieser Ansatz betont das Handeln und geht über den Aspekt von Bildung hinaus.  

Die vorbereitende Lektüre war mit 1200 Seiten sehr umfangreich, half jedoch dabei, Erfahrungen und Werte besser verstehen und hinterfragen zu können sowie gemeinsame Aspekte der Entwicklungen aufzuzeigen. Thema waren unter anderem die Ansätze der Trägerin des Wirtschaftsnobelpreises von 2009, Elinor Ostrom, zur Frage der gemeinsamen Verwaltung der öffentlichen Güter, von Friedrich von Hayek zur Frage nach den Konzepten der Freiheit im Zusammenhang mit sozialer Verantwortung sowie Konzepte von Jürgen Habermas („Deliberative Demokratie“ und Öffentlichkeit), Hannah Arendt („Natalität“ und Freiheit) und Edmund Burke (Konservatismus) behandelt.

„Einen besonders intensiven Dialog gab es zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Russland und der Ukraine sowie aus Aserbaidschan und Armenien. Obwohl die jeweiligen Gesellschaften einen Krieg austragen oder austrugen, dachten sie miteinander über eine mögliche demokratische Entwicklung nach und die Stärkung akademischer und institutioneller Verbindungen“, berichtet Professorin Kloubert. Es sei außerdem eine spontane Initiative entstanden, Briefe aus den beim Summer Institute repräsentierten Ländern an die politischen Gefangenen, die in russischen Gefängnissen sitzen, zu schreiben, um somit Solidarität und Hoffnung auszudrücken. Die Diskussionen hatten einen gegenwärtigen wie auch einen historischen Bezug. Die Unterstützung der politischen Gefangenen im heutigen Russland wurde als Akt der Aufmerksamkeitslenkung verstanden – analog zu der Aufmerksamkeit, die sowjetischen Dissidenten aus dem Westen erfahren haben.

Das Summer Institute of Civic Studies beschäftigte außerdem mit Beispielen aus der Praxis der bürgergesellschaftlichen Initiativen – etwa aus Armenien, Umweltinitiativen („grassroot movements“) aus Russland, Dezentralisierungsdiskurse aus der Ukraine, Jugendbewegungen aus Aserbaidschan und Georgien sowie kreative politische Initiativen in Weißrussland. Im Zentrum stand dabei die strategische Frage: Was war wie und unter welchen Umständen praktisch wirksam? „Als Organisatoren sind wir zuversichtlich, dass das mittlerweile vierte abgeschlossene Summer Institute Multiplikatoren-Effekt haben wird, weil die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Idee der bürgerschaftlichen demokratischen Gesellschaft weiter verbreiten, untereinander Projekte entwickeln und Follow-up-Initiativen planen wollen“, freut sich Professor Kloubert.