Die kirchliche Ehevorbereitung steht im Mittelpunkt einer großangelegten Studie von Prof. Dr. Klaus Stüwe, Direktor des Zentralinstituts für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) an KU, und Prof. Dr. Rupert M. Scheule, Moraltheologe an der Universität Regensburg. Diese beschäftigt sich wissenschaftlich und praktisch mit den Ehevorbereitungskursen der katholischen Kirche und fragt, was Paare sich erwarten und wie Kirche begleiten kann: Neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener europäischer Universitäten haben auch Pastoral-Mitarbeitende der Bistümer Eichstätt, Regensburg und Passau mitgearbeitet.
Bei einem Pressegespräch an der KU stellte Scheule gemeinsam mit Dr. Veronika Hecht, wissenschaftliche Mitarbeiterin im ZFG, sowie weiteren Mitwirkenden die Studie vor. Sie besteht nicht nur aus einer empirischen Umfrage unter fast 1.500 Teilnehmenden zu drei Messzeitpunkten – vor, direkt nach und zwei Monate nach dem Kurs – sondern auch aus qualitativen Interviews mit Paaren. Außerdem stellen die Wissenschaftler einen internationalen Vergleich der Ehevorbereitung in Ländern wie Polen, Argentinien, Sierra Leone oder Italien auf. Scheule betont: „So schlecht steht die deutsche Ehevorbereitung nicht da!“ Trotzdem lässt sich nicht wegdiskutieren, dass die Nachfrage nach dem Ehesakrament zurückgeht: Wurden 1990 noch 116.000 und 2001 noch 54.000 Ehen nach katholischem Ritus geschlossen, waren es 2023 nur noch 27.500 – also etwa ein Viertel. Vergleicht man diese Zahlen mit der Entwicklung beim Gottesdienstbesuch, stellt der Kontakt zu den Brautleuten dennoch einen wichtigen Berührungspunkt und eine Chance dar, auch noch jene Menschen zu erreichen, die den Kontakt zur Kirche im Alltag ansonsten verloren haben.
Herausgeber Prof. Dr. Rupert M. Scheule, Andreas Dandorfer, Dr. Veronika Hecht, Antonio Zierer und Simon Heimerl
Zunächst gehen viele Paare aber eher mit Skepsis in die freiwilligen Ehevorbereitungskurse. Dies liegt auch daran, dass viele Heiratswillige sich verpflichtet fühlen (25 Prozent) oder ihnen die Teilnahme durch ihren Pfarrer dringend angeraten wurde (25 Prozent). Hinzu kommen Befürchtungen, dass religiöse Themen dominieren könnten oder die Paare bevormundet würden. Immerhin erwarten aber doch nicht wenige, dass sie im besten Fall einen guten Tag als Paar erleben. Inhaltlich haben die Teilnehmenden hingegen meist wenig Erwartungen an den Kurs.
Daraus ergibt sich für Andreas Dandorfer, Pastoralreferent und Leiter der Fachstelle „Ehe und Familie“ im Bistum Regensburg, die ganz praktische Frage, wie die Ehevorbereitungskurse besser genutzt werden können. Er will die Qualität der Paar-Beziehung in den Mittelpunkt stellen. Es gehe darum, die Eheleute auf Krisen vorzubereiten und die Kommunikation in der Beziehung zu stärken. Dandorfer ist einer von drei Praktikern, die an der Studie mitgewirkt haben und selbst Ehevorbereitungskurse leiten und konzipieren. Er sieht die Kurse vor allem als pastorale Chance, Menschen in Kontakt mit der Kirche zu bringen. Entgegen den Befürchtungen, die Teilnehmende vor Beginn des Kurses haben, seien die thematischen Schwerpunkte in den Angeboten gut. Es gehe um Paarthemen, das Sakrament der Ehe und die Gestaltung des Traugottesdienstes. Er sieht Probleme eher in den angebotenen Formaten: Wochenendkurse seien für viele Paare schwierig wahrzunehmen. Immerhin hat ein Drittel der Befragten bereits Kinder – meist im Kleinkindalter. Gleichzeitig hat das während der Corona-Pandemie entwickelte Online-Format Grenzen im persönlichen Austausch. Er überlegt, in einem hybriden Format einen informativen Online-Anteil mit persönlichem Kennenlernen in Präsenz zu kombinieren. Dandorfer ist überzeugt, dass die Kurse einen hohen qualitativen Wert haben. Sie sind kein „notwendiges Übel, sondern eine wichtige Gelegenheit, rechtzeitig über Themen wie Krisen in der Beziehung zu sprechen“.
Simon Heimerl und Antonio Zierer, wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Moraltheologie der Universität Regensburg, fordern vor diesem Hintergrund, dass die Kurse individueller und mutiger werden müssen. Sie sollten echte Kompetenzen vermitteln und einen Dialog auf Augenhöhe aufnehmen. Ihnen geht es auch darum, die Heterogenität der teilnehmenden Paare in den Blick zu nehmen. Heimerl glaubt an das kostenlose Kursangebot der katholischen Kirche, das eben ganz bewusst vor möglichen Beziehungskrisen ansetzt: „Es ist gigantisch, was die Kirche leistet!“
Letztlich sind sich die Wissenschaftler sowohl auf Basis der empirischen Ergebnisse ihrer Studie als auch dem vergleichenden Teil einig: Die Qualität der Ehevorbereitung in Deutschland ist gut. Die befragten Teilnehmenden geben den Kursen eine Durchschnittsnote von 2,1. Im internationalen Vergleich werde sichtbar, dass die Kurse in Deutschland professionell seien. Nun müsse die katholische Kirche nur noch die Chancen nutzen, die damit einhergehen: den Kontakt mit den Paaren auch nach der Hochzeit weiter pflegen, weitere Angebote zur Lebens- und Erziehungsberatung sowie Eltern-Kind-Angebote bewerben und damit die große Nachfrage an Ehe- und Familienberatung bedienen.
Die Ergebnisse der Studie sind im Freiburger Verlag Herder unter dem Titel "Kirchlich heiraten. Was Paare sich erwarten und wie Kirche begleiten kann" als Buch erschienen. Die Untersuchung war von den Bischöfen Rudolf Voderholzer (Regensburg), Stefan Oster (Passau) und dem inzwischen emeritierten Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke initiiert worden.
Rupert M. Scheule, Klaus Stüwe (Hg.), "Kirchlich heiraten. Was Paare sich erwarten und wie Kirche begleiten kann", Verlag Herder Freiburg, 2025, 240 Seiten, 45 Euro, ISBN 978-3-451-02468-9.