KU trauert um Ehrendoktor Hans Tietmeyer

Der ehemalige Präsident der Deutschen Bundesbank, Hans Tietmeyer, ist gestorben. Tietmeyer war seit 2003 Ehrendoktor der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Außerdem gehörte ab dem Jahr 2000 dem damals neu eingerichteten Hochschulrat der KU an. In dem Gremium wirkte er zwei Amtsperioden lang mit.

Tietmeyer hat Jahrzehnte lang die Wirtschafts- und Währungspolitik der Bundesrepublik maßgeblich mit geprägt. Der Diplom-Volkswirt stand von 1993 bis 1999 an der Spitze der Deutschen Bundesbank. Er war der letzte Bundesbank-Chef unter den Zeiten der D-Mark und der erste, der im Rat der Europäischen Zentralbank sein Gewicht für Deutschland in die Waagschale warf.

Johannes Bernhard Josef (Hans) Tietmeyer wurde am 18. August 1935 in Metelen nahe Münster in Westfalen als zweites von elf Kindern geboren. Er wuchs in einer sehr religiösen katholischen Familie auf. Zwei seiner Brüder wurden später Pfarrer. Auch Tietmeyer selbst begann Katholische Theologie zu studieren, wechselte aber nach zwei Semestern zu den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Sein wichtigster akademischer Lehrer wurde der Kölner Ökonom Alfred Müller-Armack, der den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ geprägt hatte. In Köln wurde Tietmeyer auch promoviert. Die Verbindung von katholischer Soziallehre und ordoliberalem Wirtschaftsdenken war ihm stets Richtschnur seines politischen Wirkens.

Als Mitglied der CDU wurde er 1962 im Bundeswirtschaftsministerium tätig und suchte mit westfälischer Hartnäckigkeit konkrete Wirtschaftspolitik auf der Basis des christlichen Menschenverständnisses zu gestalten. Als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium war er mit der Vorbereitung von Weltwirtschaftsgipfeln betraut. 1988 überlebte er in Bonn einen terroristischen Anschlag. 1990 wechselte Tietmeyer ins Direktorium der Bundesbank und half mit, die deutsche Wiedervereinigung vorzubereiten. 1991 wurde Tietmeyer Vizepräsident und im Herbst 1993 Präsident der Bundesbank.

Die europäische Währungsunion billigte er nur verbal. Sie kam ihm zu früh und zu rasch. Er warnte vor den Risiken. Hier werde der zweite Schritt vor dem ersten getan. Die politische Union müsse zuerst vorangebracht werden. Die Währungsunion könne nur die Krönung jener sein. Als Bundesbank-Präsident wurde Tietmeyer Mitglied des Zentralbankrats der Europäischen Zentralbank.

Nicht erst seit seiner Verabschiedung als Bundesbankpräsident engagierte er sich in zahlreichen Ehrenämtern für Kirche und Gesellschaft. 1994 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Mitglied der neugegründeten Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften in Rom berufen. Auch war er Initiator und Kuratoriumsvorsitzender der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Am Tag nach dem zweiten Weihnachtstag ist Hans Tietmeyer im Alter von 85 Jahren gestorben.