Lernen neu denken: Persönlichkeitsentwicklung im Studium

Iris Weber
© Weihbold

Seit Humboldt gilt: Hochschulbildung beinhaltet immer auch Persönlichkeitsentwicklung. Entsprechend formulierte der Rat der Europäischen Union für die zweite Bologna-Dekade „persönliche, soziale und berufliche Entwicklung aller Bürger“ als Bildungsziel. Die Realität an den Universitäten zeigt allerdings, dass die Umsetzung dieses Anspruchs an ein Studium nicht immer einfach ist. Im Rahmen der Gesprächsreihe „Lernen neu denken“ an der KU diskutieren am Freitag, 26. März, ab 11 Uhr Prof. Dr. Ines Weber (Katholische Privat-Universität Linz) und Prof. Dr. Uto Meier (KU) darüber, wie Dozierende die Persönlichkeitsentwicklung von Studierenden unterstützen können. Sie beantworten zudem die Fragen, wie Fachlichkeit und Persönlichkeit zusammenhängen, wie Lehrveranstaltungen gestaltet werden können und welche Rolle die Persönlichkeit Dozierender dabei spielt. Zudem werden auch nicht-curricular verankerte Angebote, die zur Persönlichkeitsbildung von Studierenden beitragen, thematisiert.

Ines Weber ist seit Oktober 2016 Professorin für Kirchengeschichte und Patrologie an der KU in Linz, wo sie unter anderem das Drittmittelprojekt „Persönlichkeitsbildung an der Hochschule“ leitet. Sie ist seit vielen Jahren Dozentin und Trainerin im Bereich Hochschuldidaktik und seit 2019 Sprecherin des Netzwerks Theologie und Hochschuldidaktik. Uto Meier ist seit 1995 Professor für Religionspädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, wo er im Fachhochschulstudiengang Religionspädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit lehrt. Unter anderem ist er seit vielen Jahren als wissenschaftlicher Gutachter bei der Akkreditierung von Lehramtsstudiengängen in Deutschland und Österreich tätig.

Das Gespräch mit Iris Weber und Uto Meier schließt an die vorangegangenen Veranstaltungen der Online-Reihe an: Zuletzt zu Gast waren Christoph Corves, Professor für Geographie und Medien an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, und KU-Journalistikprofessor Klaus Meier. Thema des Gesprächs war auch hier die Zukunft der Hochschullehre.

Angesichts der aktuellen Diskussion um die Digitalisierung der Hochschullehre stellte Klaus Meier, der ab dem Sommer als Vizepräsident für Studium und Lehre an der KU tätig sein wird, heraus: „Wir erleben in vielen Bereichen, dass die Digitalisierung wie ein goldenes Kalb gehandelt wird und per se als gut gilt. An der KU gehen wir einen anderen Weg. Wir verstehen uns als Präsenzuniversität, wo wir uns treffen und miteinander diskutieren. Wir fragen daher, wo kann uns das Digitale helfen, die Präsenz noch mehr zu stärken.“ Von Vorteil sei es etwa, dass man internationale Kolleginnen und Kollegen digital in die Lehre einbinden oder transnationale Studiengänge durch die Digitalisierung weiterentwickeln könne. Kritisch bewerteten Corves und Meier allerdings auch, dass eine Kultur des Fehlermachens und Scheiterns in den Studiengängen kaum noch existiere. In Folge des Bologna-Prozesses, der in den 2000er Jahren eine grundlegende Reform der Studiengänge zur Folge hatte, werde heute jedes Modul im Studium benotet. Der Notendruck sei für das wissenschaftliche Arbeiten jedoch kaum förderlich. „Noten sind ungeeignet. Sie behindern den Lernprozess eher, als dass sie ihn unterstützen. Die Studierenden brauchen eher ein Feedback,“ kritisierte Corves. Es wäre daher schön, davon wieder wegzukommen, so Klaus Meier, allerdings brauche man hierfür eine größere Bewegung in der Hochschullandschaft.

Organisiert und durchgeführt wird die Online-Vortragsreihe durch das Projekt „Mensch in Bewegung“ an der KU, das im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ gefördert wird. Im Sinne des Selbstverständnisses der KU, Studium und Lehre persönlich, engagiert, vernetzt und diskursiv zu gestalten, setzt die Dialogreihe damit die überregionale Diskussion um eine „Hochschule der Zukunft“ mit externen Experten und Lehrenden der KU fort. Als stark geisteswissenschaftlich geprägte Universität ist es der Universität hierbei ein wichtiges Anliegen, eine am Menschen orientierte Kultur des Lernens zu etablieren. Die Gesprächsreihe beleuchtet daher auch, wie Lernorte der Zukunft gestaltet werden können, die gesellschaftlichen Herausforderungen im Zusammenspiel von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft durch Innovationen in Forschung und Lehre begegnen.