Literaturnobelpreis für<br>KU-Ehrendoktor Peter Handke

Der österreichische Schriftsteller Peter Handke erhält - neben der polnischen Schriftstellerin Olga Tokarczuk - den diesjährigen Literaturnobelpreis. Bereits 1993 verlieh ihm die Sprach- und Literaturwissen­schaftliche Fakultät der KU die Ehrendoktorwürde. „Mit der damaligen Verleihung der Ehrendoktorwürde hat die Sprach- und Literaturwissenschaftliche Fakultät einen großartigen Schriftsteller von Weltliteratur ausgezeichnet, der Unscheinbares und vermeintliche Nebensächlichkeiten in neuer Gestalt erscheinen lässt. Die jetzige Entscheidung des Nobelkomitees unterstreicht die Bedeutung Peter Handkes und bestätigt, dass er zu Recht seit über 25 Jahren zu den Ehrenwürdenträgern der Katholischen Universität zählt.“

Ein Rückblick auf die damalige Ehrung von Dr. Walter Buckl:

Als am Donnerstag der Name des neuen deutschsprachigen Literaturnobelpreisträgers verkündet wurde, dürfte das manchen älteren Eichstättern aus dem akademischen Milieu einen freudigen Schock bereitet haben: Denn Peter Handke ist Würdenträger der Katholischen Universität! Er wurde am 7. Juni 1993, einem Montag, mit dem Ehrendoktor der Sprach- und Literaturwissenschaftlichen Fakultät (SLF) geehrt. Beim Festakt in der Aula konnte man damals auch literarisch prominente Gästen wie Hermann Lenz und Botho Strauß erspähen.

Die Initiative zu dieser Auszeichnung geht auf eine Idee des Eichstätter Professors Günter Niggl zurück, damals Inhabers des Lehrstuhls für Neuer Deutsche Literaturwissenschaft. Der hatte es sich nicht nehmen lassen, den Autor zusammen mit Hans Lindner, damals Chauffeur des Uni-Präsidenten, vom Münchner Flughafen abzuholen, wohin Handke von Chaville aus gekommen war, seinem südwestlich von Paris gelegenen Wohnort, wo er noch heute in einem malerischen Landhaus in der Picardie lebt.

Der Eichstätter Germanist Ruprecht Wimmer, der spätere Präsident der Uni, erinnert sich gut an diese turbulenten Tage und daran, dass man in Eichstätt „freudig überrascht darüber“ war, dass Handke die Auszeichnung „spontan annahm“: Denn „er war zu dieser Zeit ja bereits hochberühmt!“ Weiter formuliert Wimmer: „Wir alle waren sehr, sehr stolz, aber auch voller banger Erwartungen: Was würde Handke zu uns, was über uns sagen?“ Als dieser dann in Eichstätt eintraf, wollte er „ganz unerwartet zu allererst auf die Jura-Hochfläche gefahren werden“, um in der dortigen Karst-Landschaft spazieren zu gehen: „Sie erinnerte ihn an die Dolinen in seinem Roman `Die Wiederholung`“, wie sich Wimmer weiter

Als „sinnvoll und angemessen“ für seine Fakultät bezeichnete es Günther Niggl in seiner Laudatio, nicht einen Wissenschaftler, sondern einen Dichter zu ehren – für Handke habe sich damals der gesamte Fachbereichsrat der SLF „mit seltener Einmütigkeit“ ausgesprochen. Niggl setzte den Autor auf eine Stufe mit Adalbert Stifter und Gustav Flaubert: Wie diese stehe Peter Handke „einsam und einzigartig in seiner Zeit da“, da er mit hoher Sensibilität für die Sprache um die Form eines Werkes ringe. Als Niggl Handke dann auf Lateinisch als „vir valde eminens“ („sehr bedeutender Mann“) bezeichnete, nickte Handke beifällig dazu. 

Die „bangen Erwartungen“ an der Universität waren nicht ganz unberechtigt: Peter Handke galt als Provokateur und Enfant terrible des Literaturbetriebs, mit der Ehrung ging die SLF durchaus ein gewisses Risiko ein. Die Provokation hielt sich dann aber doch in Grenzen, auch wenn sich Handke, der mit Ehefrau Sophie nach Eichstätt angereist war, mit Kritik an der Katholischen Kirche nicht zurückhielt: Er artikulierte in seinen Dankesworten nach dem Erhalt der Ehrendoktorwürde seine Empörung über eine Forderung des damaligen Papstes Johannes Paul II., die im Bosnienkrieg vergewaltigen Frauen sollten „ihre dabei gezeugten Kinder austragen und lieben“. Auch erinnerte er sich, dass er seine Jugend „in einem katholischen Internat nicht verbracht, sondern verschwinden sehen“ habe. Und schließlich mokierte er sich darüber, dass er in der Nacht vor der Ehrung wegen der vielen Eichstätter Kirchenglocken nicht gut habe schlafen können.

Dann aber wurde es versöhnlicher: Handke erzählte improvisiert, aber dennoch fast druckreif von seinem am Morgen unternommen Spaziergang nach Wintershof und in die Eichstätter Steinbrüche: Er habe eine Blindschleiche und von türkischen Arbeitern in den Steinbrüchen angelegte Zwiebelgärten gesehen, Steinbrecher beim Dialog belauscht und Dolinen besucht, auch die „terra rossa“, die rote Erde des Jura-Karstes bewundert: „Vor den Einheimischen vermochte der Dichter so ein Bild ihrer Heimat zu entwerfen, wie diese sie wohl selbst noch nie betrachtet hatten“, war damals in der Presse über seine Rede zu lesen. Eine weitere „mutmaßliche Erinnerung“ hat Wimmer: Handke habe „einem Arbeiter wohl auch seinen Hammer abgeluchst“.

 Schade, dass Peter Handke nach dieser Ehrung im Jahr 1993 nie mehr öffentlich in Eichstätt auftrat. Aber seine Wanderung nach Wintershof dürfte eines Tages wohl noch in seinen Texten eine Rolle spielen – wenn auch vielleicht erst in ferner Zeit, wenn seine Tagebücher vollständig veröffentlicht werden...!