Musikalische Begegnungen als Türöffner für gesellschaftlichen Austausch und Teilhabe

Mirjam Bauer stammt aus Salzburg – einer Stadt, die als Geburtsort Mozarts wie kaum eine andere mit Musik verbunden wird. Als Studentin des Masterstudiengangs „Community Music“ an der KU wirft sie jedoch einen differenzierten Blick auf ihre Heimatstadt: „Zwar hat Salzburg ein vielfältiges Kulturangebot, jedoch hat dieses eher einen exklusiven Charakter, der sich auf die reine Rezeption von Musik konzentriert.“ Deshalb will Bauer im Rahmen ihres laufenden Praxissemesters mit Musik Begegnungsräume für Menschen schaffen, die sich im Alltag vermutlich nie treffen und austauschen würden. Sie studierte zuvor Elementare Musik- und Tanzpädagogik am Orff-Institut des Salzburger Mozarteums. „Musik bietet eine Sprache, die etwa durch gemeinsames Singen Unterschiede nivelliert und Gruppenprozesse anstößt. Das hilft, Vorurteile abzubauen und auszublenden“, erklärt Bauer. Seit November lädt sie daher wöchentlich in das Salzburger Kulturzentrum „Mark“ ein zum „Community Orchester“.

Eine regelmäßige Teilnahme wie in festen Ensembles ist nicht erforderlich, ebenso brauchen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer keine musikalischen Vorkenntnisse mitbringen. Instrumente stellt unter anderem der Vater der Masterstudentin zur Verfügung, der als Instrumentenbauer tätig ist. Seit dem Start des Projektes bewahrheitet sich ein Grundanliegen von Community Music: Teilhabegerechtigkeit, die in der Gesellschaft noch nicht realisiert ist, wird durch Musik umgesetzt. Die bisherigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind zwischen 22 und 84 Jahre alt und stammen aus 14 Nationen. Mit dabei sind sowohl Männer und Frauen in sozialer Not, die die Straßenzeitung „Apropos“ verkaufen, als auch Menschen aus gutbürgerlichen Berufen.

Während der Probenzeiten entstehen vor allem selbst komponierte Stücke. Dabei betreibt das Community Orchester Musik nicht mit dem Ziel der Aufführung, sondern der gemeinsame Entstehungsprozess steht im Vordergrund. „Meine Aufgabe dabei ist es, durch eine Vielfalt an Methoden die Übersetzung in Musik zu unterstützen – etwa durch Buchstaben statt Noten oder Linien für die Tonhöhen. Aber viele haben auch einfach ein gutes musikalisches Gehör“, erklärt Bauer. Aus dem Community Orchester entstand vor kurzem außerdem die Idee, einen Chor mit den Verkäuferinnen und Verkäufern der Straßenzeitung „Apropos“ zu gründen, der bewusst in einem Salzburger Einkaufszentrum auftreten wird, das täglich 20.000 Kundinnen und Kunden besuchen. „Der Ort soll dazu beitragen, die Stigmata von Wohnungs- und Arbeitslosen aufzubrechen und sie durch Musik anders wahrzunehmen“, so Bauer.

In ihrer Heimatstadt hat sie außerdem über die Musik hinaus ein Netzwerk mit anderen kulturellen Sparten etabliert, das weitere künstlerische Ausdrucksformen im Sinne von Community Arts anbietet. „Ich sehe mich durch den Studiengang darin bestätigt, dass Kunst und Kultur sehr politisch sind. Das Curriculum erweitert meine Kompetenzen und zeigt mir die internationalen Perspektiven von Community Music auf.“ Der starke Praxisbezug der Studiengänge ist ein generelles Anliegen der KU, was auch die Studierenden in der aktuellen Befragung für den bundesweiten Studienqualitätsmonitor sehr schätzen: Im Vergleich zu anderen Universitäten in Deutschland beurteilten die Befragten an der KU den Praxisbezug der Lehrveranstaltungen sowie die Möglichkeit, bereits im Studium praktische Erfahrungen zu sammeln, als überdurchschnittlich gut.

Nicht nur in Salzburg, sondern auch in Eichstätt nutzen Studierende des Masterstudiengangs ihr Praxissemester, um einen für jedermann zugänglichen Kreativraum zu schaffen, der verschiedene Formen von Kultur abdeckt. Leon Gaube, Theresa Hürdler und Philipp Thomas haben unter dem Titel „hEImat“ ein abwechslungsreiches Kulturprogramm auf die Beine gestellt, das von Musik über Fotosessions bis zum Theater reicht. Auch sie wollen allen Interessierten unabhängig von Vorkenntnissen und Herkunft die Möglichkeit bieten, sich auszuprobieren, ohne dazu dauerhaft einem Ensemble angehören zu müssen. So bot etwa Musikdozent Jörg Edelmann einen Abend mit „A-Cappella für alle“, während das Ensemble „Eichstätter Längsflöten“ des Musiknetzes Eichstätt mit den Klischees der Blockflöte aufräumte und nach Auszügen von Henry Purcells „King Arthur“ über die Erfahrungen mit diesem Instrument berichtete.

In Kooperation mit der kommunalen Jugendarbeit arbeiten Gaube, Hürdler und Thomas derzeit mit Schülern, Geflüchteten und Studierenden am Theaterprojekt „Ich bin anders“, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Szenen selbst entwickeln. Außerdem bieten sie ein vielfältiges Ferienprogramm für Kinder, das von einem tierischen Faschingsspaß bis hin zu einer Instrumentenwerkstatt reicht. Teil des Programmes ist auch ein offenes Porträt-Shooting mit dem Eichstätter Fotografen Hubert Klotzeck zum Thema „Inklusion beginnt im Kopf“.  „Unser Grundgedanke für die Veranstaltungsreihe besteht darin, die kulturellen Möglichkeiten Eichstätts jenseits der etablierten Angebote auszuloten – offen für alle und ohne langfristige Bindung“, erklärt Theresa Hürdler. Wichtig sei dabei ein Buttom-Up-Prozess, indem etwa die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltungsreihe auch Gelegenheit erhalten, ihre Wünsche zum kulturellen Angebot in der Stadt zu artikulieren.

Parallel zum Community Orchestra in Salzburg und zur Reihe „hEImat“ in Eichstätt arbeiten weitere Studierende des Studiengangs Community Music an ihren Praxisprojekten, die sie am Donnerstag, 14. März, an 19 Uhr in den Räumlichkeiten der Katholischen Hochschulgemeinde Eichstätt vorstellen werden.

Weitere Informationen zum Masterstudiengang „Community Music“ unter www.musikpädagogik.info

 

Über den Studienqualitätsmonitor:

Seit 2007 erstellt das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung gemeinsam mit der AG Hochschulforschung der Universität Konstanz jährlich den Studienqualitätsmonitor. Die repräsentative Befragung gibt aus Perspektive der Studierenden Aufschluss darüber, wie sich die Studienbedingungen und die Studienqualität darstellen. Die aktuelle Auswertung des Studienqualitätsmonitors zeigt, dass die Studierenden im bundesweiten Vergleich deutlich zufriedener als die Kommilitoninnen und Kommilitonen anderer Hochschulen. Sie schätzen unter anderem das Engagement der Lehrenden, den guten Kontakt unter den Studierenden, den Praxisbezug der Lehrveranstaltungen sowie die Vermittlung von ethischem Verantwortungsbewusstsein und Teamfähigkeit.