Nur 40 Zentimeter bis in die Antike: Lehrgrabung an römischer Überlandstraße nahe Ingolstadt

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© Schulte Strathaus

Nördlich von Echenzell bei Ingolstadt muss man noch nicht mal einen halben Meter tief graben, um auf Funde aus der Antike zu stoßen. Dies hat eine Lehrgrabung unter Leitung von Juniorprofessorin Dr. Nadin Burkhardt (Professur für Klassische Archäologie an der KU) am Beispiel einer früheren römischen Überlandstraße gezeigt. Den Rahmen für die Feldforschung, an der sich Studierende, Schülerinnen und Schüler sowie ehrenamtliche Helferinnen und Helfer beteiligt haben, war das Jubiläum der Gemeinde Wettstetten. Deren Altbürgermeister Hans Mödl und Bürgermeister Gerd Risch hatten die Untersuchung des Weges nördlich des Ortsteils Echenzell initiiert. Weitere Partner der Grabung waren das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, der Historische Verein Ingolstadt, das Stadtmuseum Ingolstadt sowie die Gesellschaft für Archäologie in Bayern.

Angelegt wurde die Straße im zweiten Jahrhundert nach Christus von den Römern. Sie durchschneidet noch heute schnurgerade die Landschaft, wird weiterhin auf Karten als „Römerstraße“ bezeichnet und findet sich auch im Wappen der Gemeinde. „Dies zeigt, wie präsent sie nach wie vor im Bewusstsein der Bevölkerung ist und die Identität der Gemeinde mitprägt“, erklärt Juniorprofessorin Burkhardt. Gebaut wurde die Straße – einhergehend mit dem Limes – vom römischen Militär für das Militär. Sie verband das Kastell Pfünz nahe Eichstätt mit dem etwa 20 Kilometer entfernten Kastell in Kösching. „Mit unserer Grabung wollten wir untersuchen, wie gut sich der Straßenkörper erhalten hat, wie er aufgebaut ist und ob sich verschiedene Nutzungsphasen aufzeigen lassen“, so Burkhardt. Für die Studierenden war die Lehrgrabung zudem Teil ihres praktischen Moduls, in dem sie Ausgrabungstechniken und Dokumentationsmethoden kennenlernen konnten.

Das rund 20-köpfige Grabungsteam erhielt drei Wochen Zeit, um den heutigen Landwirtschaftsweg an zwei ausgewählten Abschnitten zu öffnen und den Boden zu erkunden. Bei der Suche nach geeigneten Stellen waren auch Ortsansässige behilflich. Beispielsweise hatte Hans Mödl von Resten eines Kalksteinpflasters berichtet, das vor zwei Jahrzehnten mit einer Schotterschicht bedeckt worden war, um den Weg für Landmaschinen besser nutzbar zu machen. Ein Bagger zog für die Forschenden zunächst die oberste moderne Schicht beiseite, alle weiteren Schritte erfolgten in Handarbeit. Der antike Straßenbelag trat bereits nach 40 Zentimetern zu Tage. Dann machten sich die Beteiligten an die Feinarbeit, in welche sie der Bevölkerung auch bei einem Aktionstag Einblick gaben: Mit Kellen und Spachteln legten sie die Deckschicht aus Lehm und Kalksteinpflaster zentimeterweise frei. Das dabei gesammelte Material wurde dann wiederum gesiebt, um keine kleinen Fundstücke zu übersehen. Die Funde reichen von spätneolithischen Werkzeugabschlägen und Kernsteinen über bronzezeitliche Gefäßscherben bis zu römischen Sandalennägeln sowie spätmittelalterlicher bis neuzeitlicher Keramik. Auf einen sogenannten Siedlungsschleier aus römischer Zeit, der sich stets mit vielfältigen Artefakten rund um Ortschaften findet, ist das Team jedoch nicht gestoßen. Dies passt zur Tatsache, dass im Umfeld der Grabungsstelle keine römische Siedlung überliefert ist und auch römische Gutshöfe weiter entfernt lagen.

Doch die Grabung untersuchte nicht nur die Oberfläche der früheren Straße, sondern auch deren Aufbau. Dazu wurde in beiden Arealen ein Querschnitt gegraben. Dabei zeigte sich, dass der Weg auch vor seiner heutigen Nutzung weiterhin in Gebrauch war: „Der Zustand der Straße und des Pflasters deutet daraufhin, dass sie auch noch lange benutzt worden ist, nachdem die Kastelle nicht mehr existierten. Die antike Schicht wurde im Zuge der weiteren Nutzung mit einer Lehmschicht überzogen. Die Fahrspuren sind, wie der Querschnitt zeigt, tief in den Straßenkörper eingegraben“, schildert Burkhardt. Der Steinbelag der Straße schien auf den ersten Blick ungeordnet und verschoben zu sein; einzelne Steine ragten teils sogar hochkant empor. Die Archäologin geht jedoch davon aus, dass in späteren Zeiten schweres Gerät die Steine verschoben und zerdrückt hat: „Die Römer haben im Straßenbau grundsätzlich professionell gearbeitet, indem sie mehrere Schichten unterschiedlicher Steingrößen verwendeten. Auch diese Straße wurde mehrlagig auf ein Lehmbett gesetzt“, so Burkhardt. Zur seitlichen Befestigung wurden vermutlich ebenfalls Steine schräg angesetzt, die sich jedoch ebenso wie ein sonst üblicher Graben entlang der Straße nicht mehr nachweisen lassen. Bei der Materialsuche waren die Römer – nicht nur in der damaligen Provinz Raetien – sehr pragmatisch und nutzen unbearbeitete Kalksteine aus Steinbrüchen der Umgebung. Zudem wurde ein hoher Anteil an Kieselsteinen gefunden, die wohl als Zusatzbelag gedient haben. Die eisenbeschlagenen Räder haben deutlich sichtbare Verfärbungen in den Fahrspuren verursacht.

Mittlerweile sind die beiden Grabungsstellen auf der Römerstraße bei Echenzell wieder geschlossen. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen der Bevölkerung jedoch über den Tag hinaus mit einer Schautafel am Wegesrand präsentiert werden.