„Die Schließungen von Schulen und Kitas haben gravierende negative Folgen für die Kompetenzentwicklung der Kinder und Jugendlichen. Daraus ergeben sich langfristig beträchtliche ökonomische Kosten: So erleiden Beschäftigte Gehaltseinbußen von bis zu 10 Prozent pro verlorenem Schuljahr – und das über das gesamte Berufsleben hinweg“, sagt Prof. Dr. Simon Wiederhold (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insb. Makroökonomik an der KU). „Die Politik muss rasch sicherstellen, dass sich Bildungsungleichheiten in der Corona-Pandemie nicht weiter vergrößern,“ warnt Prof. Dr. Alexander M. Danzer (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insb. Mikroökonomik an der KU). Der persönliche Kontakt zwischen Schülern und Lehrern diene nicht nur der Wissensvermittlung und der Ausbildung sozial-emotionaler Fähigkeiten; Lehrer seien besonders für benachteiligte Kinder zudem „Frühwarnsysteme“ gegen Überforderung und Vernachlässigung. „Wir benötigen jetzt dringend einen Aktionsplan in der kurzen, mittleren und langen Frist, wie wir allen Schülerinnen und Schülern ab sofort helfen können; besonderes Augenmerk muss dabei darauf liegen, dass der Zugang zu Bildung unabhängig vom elterlichen Hintergrund gewährleistet wird. Beispielsweise dürfen fehlende Endgeräte – ein Problem gerade bei einkommensschwachen Kindern – den Zugang zu digitalen Bildungsformen nicht verhindern“, so Danzer weiter.
Maßnahmen erstrecken sich über drei Phasen
Deshalb muss dem Aufruf zufolge schnell gegengesteuert werden. In einem ersten Schritt komme es darauf an, allen Schülerinnen und Schülern das Lernen zu Hause mit entsprechender technischer Ausstattung und fachlicher Unterstützung zu ermöglichen. Gleichzeitig müssten pädagogische Fachkräfte inklusive der Lehrerinnen und Lehrer mit Blick auf die Konzeption digitalen Unterrichts und Lernens schnellstmöglich geschult werden. Sollte Distanzlernen in einzelnen Haushalten nicht möglich sein, müssen die Kinder in eine Notbeschulung aufgenommen werden. Auch in Kitas sei es angezeigt, altersgerechtes Fördermaterial zum Vorlesen, Malen und Spielen zur Verfügung zu stellen und über Videoanrufe oder Telefonate regelmäßig Kontakt zwischen Fachkräften sowie Kindern und Eltern herzustellen.
Im zweiten Schritt müsse umgehend der Besuch von Kitas und Schulen allen Kindern und Jugendlichen, also unabhängig etwa von der Altersgruppe oder dem Beruf der Eltern, zumindest zeitweise wieder ermöglicht werden. Kleingruppen, die sich tage- oder wochenweise abwechseln, seien dafür geeignet. Zudem brauche es Konzepte für Zusatzförderungen, die es vor allem leistungsschwächeren Kindern und Jugendlichen erlaubten, Boden gut zu machen. Schließlich sollten im dritten Schritt die Bildungs- und Lehrpläne von Kitas und Schulen für das kommende Jahr angepasst werden, auch auf Basis erster wissenschaftlicher Evaluierungen des Lernens von zu Hause.
In jedem Fall, so die Initiatorinnen und Initiatoren des Aufrufs, müsse schnell und umfassend gehandelt und zudem klar zu Strategien und Konzepten kommuniziert werden, um Kindern, Jugendlichen, Eltern und PädagogInnen eine klare Perspektive zu geben und sie nicht länger zu verunsichern.
Initiatorinnen und Intiatoren des Aufrufs sind Alexander M. Danzer (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt), Natalia Danzer (Freie Universität Berlin), Christina Felfe de Ormeno (Julius-Maximilians-Universität Würzburg), C. Katharina Spieß (DIW Berlin und FU Berlin), Simon Wiederhold (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) und Ludger Wößmann (ifo und LMU München).
Aufruf "Bildung ermöglichen!" als ausführliche Fassung (PDF)
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