Politische Bildung gegen Fremdenhass im Klassenzimmer

Seit den jüngsten rechtsextremen Ausschreitungen steht die Rolle von Politischer Bildung wieder stärker im Zentrum politischer Diskussionen. So plädierte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey für ein Gesetz zur Förderung der Demokratie. „Grundsätzlich haben wir in Deutschland verglichen mit anderen Ländern gute Angebote der politischen Bildung – innerhalb und außerhalb der Schule. Dafür ist aber nicht immer die gute staatliche Förderung verantwortlich. Deswegen halte ich ein Gesetz, das gute Arbeit auf Dauer sicherstellt, für hilfreich“, erklärt Prof. Dr Rico Behrens (derzeit Vertreter des Lehrstuhls für Politische Bildung an der KU).

Allerdings sei die konkrete Situation in den Bundesländern recht unterschiedlich: „Bayern und Sachsen bilden Schlusslichter was die Unterrichtsstunden für Politische Bildung angeht.“ Auch die Ausbildung von Lehramtsstudierenden, die sich über das eigene Fach hinaus laut allgemeinem Bildungsauftrag um Demokratieerziehung als Querschnittsaufgabe kümmern sollen, sei dürftig. „Es wäre meiner Meinung nach zumindest dringend notwendig, ein Studienmodul ,Politische Bildung‘ für alle Lehramtsstudierenden flächendeckend zu integrieren“, fordert der Politologe.

Behrens untersucht seit drei Jahren an der TU Dresden, wie Lehrerinnen und Lehrer mit Schülern umgehen sollen, die sich im Unterricht rechtsextrem positionieren. Das Projekt „Starke Lehrer – starke Schüler“ wird dabei von der Robert Bosch Stiftung und dem sächsischen Kultusministerium gefördert. Gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern konzentriert sich Behrens nicht allein auf die Prävention von Rechtsextremismus, sondern den Umgang mit Schülern speziell im Bereich von Berufsschulen, die bereits mit menschenverachtendem Gedankengut sympathisieren. „Die Lehrerinnen und Lehrer an Berufsschulen haben hier die letzte Chance, solche Jugendliche zu erreichen. Häufig fehlt es den Lehrkräften aber im Umgang mit solchen Konfliktsituationen an Sicherheit“, erklärt der Politologe. Hinzu käme, dass Personen, die mit einer „Mission“ aus einer gefestigten Gruppe heraus agierten, kaum noch über pädagogische und dialogische Angebote erreichbar seien. „Momentan erleben wir aber auch, dass rechtspopulistische Kräfte eine bewusste Entgrenzung vorantreiben und versuchen, menschenverachtende Propaganda salonfähig zu machen. Diesen Bestrebungen sollte man meiner Ansicht nach mit klarer Haltung entgegentreten. Das widerspricht auch nicht dem Neutralitätsgebot der Schule, das sich auf Parteipolitik bezieht, sondern ist seine Grundlage“, betont Behrens. Wenn Lehrkräfte eine klare Haltung vertreten und im Gespräch blieben, gebe es zumindest eine Chance, dass sich die Haltung der Schüler ändere. „Bei den noch erreichbaren Jugendlichen darf man nicht müde werden, Position zu beziehen.“ Es sei darüber hinaus zu einfach, Rechtsextremismus als spezifisch ostdeutsches Phänomen zu beschreiben. Allerdings hätten sich die politischen Anstrengungen etwa in Sachsen allzu lange darauf konzentriert, die vorhandenen Probleme kleinzureden.

Das Modellprojekt „Starke Lehrer – starke Schüler“ läuft noch bis Ende des Jahres an neun sächsischen Berufsschulen. Darin erhalten Lehrer und Sozialpädagogen nicht nur grundlegende Informationen zum Thema Rechtsextremismus sondern auch Unterstützung ihres Handelns durch Supervision und Coaching.