Solidarisches Verhalten durch Steuerrecht fördern

Wie steuerpolitische Maßnahmen in der Corona-Krise nicht nur Unternehmen unterstützen, sondern auch solidarisches Verhalten fördern können, erörtert ein Autorenteam von Wirtschaftswissenschaftlern der KU in einem aktuellen Beitrag für die Fachzeitschrift „Deutsches Steuerrecht“. Henning Giese, Benjamin Graßl, Svea Holtmann und Philipp Krug – wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter des KU Research Institute for Taxation – schlagen konkrete Maßnahmen als Beitrag des Steuerrechts zur Krisenbewältigung vor.

„In der aktuellen Krise erscheint gesellschaftliche Solidarität so bedeutend wie in keiner anderen Krise der jüngeren Geschichte. Durch steuerliche Anreizsetzung kann solches Verhalten gefördert werden“, erklären die Autorin und die Autoren. Sachspenden an Krankenhäuser und die Überlassung von Gebäuden zur Einrichtung von zusätzlichen Versorgungseinrichtungen sollen etwa auch dann steuerlich abzugsfähig sein, wenn es sich nicht um steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der Abgabenordnung handelt. „Dieser Vorschlag wurde nahezu zeitgleich mit der Veröffentlichung unseres Aufsatzes von der Bundesregierung umgesetzt.“ Ebenso könne der Verzicht auf die Rückerstattung bezahlter Konzerttickets, Hotelübernachtungen etc. steuerlich begünstigt werden: Auf Ebene der betroffenen Unternehmen sollten diese Einnahmen steuerfrei sein, auf Seiten der Kunden ähnlich zu einer Spende behandelt werden. „So können die Überlebenschancen kleiner und mittlerer Unternehmen erhöht und solidarisches Verhalten auf Ebene der Kunden gefördert werden“, erklären die Wissenschaftler. Auch die Solidarisierung von Mietern und Vermietern sowohl bei Wohn- als auch bei Gewerbeimmobilien ist erstrebenswert. Durch einen Teil-(Erlass) von Mietzahlungen können existenzgefährdende Situationen entschärft werden. Vermietern könnte eine solche Entscheidung durch die Möglichkeit zeitlich befristeter Sonderabschreibungen erleichtert werden.

Darüber hinaus beleuchten die Wissenschaftler weitere ertragsteuerrechtliche Maßnahmen, welche die wirtschaftlichen Auswirkungen in der aktuellen Krisensituation möglichst zielgerichtet adressieren. Als besonders notwendig wird die Ausweitung von Verlustrücktragsmöglichkeiten dargestellt. Unternehmen, die in vergangenen Jahren Gewinne erwirtschaftet haben, können so Verluste aus dem aktuellen Geschäftsjahr verrechnen und auf diesem Weg Steuerrückerstattungen erhalten. Aktuell ist der Rücktrag sowohl zeitlich als auch der Höhe nach stark begrenzt.

Um Investitionen – auch über die Zeit der akuten Krise hinaus – zu fördern, könnten zudem erweiterte Abschreibungsmöglichkeiten ein erfolgsversprechendes Instrument sein. Andere Länder, wie beispielsweise die USA, haben bereits entsprechende Maßnahmen angekündigt. Die Autoren sprechen sich zur Förderung der Investitionskraft dafür aus, Unternehmen bereits vor einer geplanten Investition einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen: konkret kann ein gewisser Anteil zukünftiger Anschaffungskosten bereits vorab die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Diese Form der Abschreibung ermöglicht somit einen Liquiditätseffekt vor und nicht erst nach der Investition. Verstärkt werden soll dieser Effekt durch eine zusätzliche Abschreibung der Investition nach der erfolgten Anschaffung.

Der ausführliche Beitrag ist in Heft15/16 (2020) der Fachzeitschrift „Deutsches Steuerrecht“ erschienen.