Startschuss für HEiDi-App

Auf kompakte Weise Fachwissen an die Hand geben und dies angepasst an die jeweilige Einsatzlage – das ist das Ziel der „Hilfeapp für Einsatzdienste“ (HEiDi), die unter Leitung des KU-Psychologen Dr. Robert Steinhauser entwickelt worden ist. Die vollständig nutzbare Testversion der Anwendung, die explizit als kostenloses Angebot für Einsatzdienste konzipiert ist, steht nun in einem ersten Schritt für Android-Geräte zur Verfügung.

Steinhauser ist seit mehreren Jahren ehrenamtlich im Kriseninterventionsteam (KIT) des Landkreises Eichstätt tätig, dessen fachliche Leitung er inzwischen innehat. Das KIT bündelt speziell ausgebildete ehrenamtliche Kräfte von Hilfsorganisationen und Kirchen, die Menschen nach Unfällen, Katastrophen oder plötzlichen Todesfällen im Sinne einer Psychosozialen Notfallversorgung betreuen. Die Mitwirkenden sind in der Regel beruflich nicht im psychologischen Bereich tätig und absolvieren eine intensive Ausbildung. Doch auch für Steinhauser war der Start in die KIT-Arbeit eine Herausforderung: „Man denkt, man habe alles gelernt, und ist als Neuling dann doch zunächst überfordert“, schilderte er bei einer bundesweiten Fachtagung an der KU, die zum Startschuss der neuen App stattfand. Aus seiner eigenen Erfahrung heraus wünschte er sich ein Werkzeug, dass fokussiert auf die jeweilige Einsatzlage den Helferinnen und Helfern die wichtigsten Infos an die Hand gibt, die man ansonsten nur umständlich über Fachliteratur erhalten würde. Unterstützt vom Innovationsfonds des Projektes „Mensch in Bewegung“ der KU entstand binnen eines Jahres nun ein Prototyp des – wie es Steinhauser bezeichnete – „digitale Helferleins für die Westentasche“.

Dr. Robert Steinhauser (4.v.r.) mit den Referentinnen und Referenten der Tagung.
Dr. Robert Steinhauser (4.v.r.) mit den Referentinnen und Referenten der Tagung.

Er berichtete, wie sich bei den Überlegungen für die Anwendung schnell herausstellte, dass diese sich nicht statisch auf die Bedürfnisse eines einzelnen Kriseninterventionsteams beschränken solle. So sei bereits eine Telefonliste aus Eichstätt, die zum Beispiel Ansprechpersonen für die Anschlussbetreuung nach einem Einsatz enthält, für ein Team in Ingolstadt nicht mehr hilfreich. Zudem sei der Bedarf einer solchen App, wie das Feedback aus Fachkreisen zeigte, nicht nur beschränkt auf Kriseninterventionsteams, sondern generell auf alle, die in Einsätzen arbeiten – von der psychologischen Betreuung bis hin zu technischen Diensten. Daher habe man sich bewusst dazu entschieden, die App als Baukasten zu konzipieren. Neben der Individualisierbarkeit der Anwendung durch einen separaten Editor zeichnet sich die HEiDi-App für Steinhauser durch ihre Adaptivität aus. Sprich: Es wird anhand eines Einsatzstichwortes nur der essentielle Teil an Infos zur Verfügung gestellt, die in dieser speziellen Situation nötig sind. Wichtig war dem Entwicklerteam zudem, dass die App auch offline – also auch in entlegenen Gegenden oder in Tiefgaragen ohne Mobilfunkempfang – funktioniert. Neben Input für die Helfenden bietet die App beispielsweise auch die Möglichkeit, darüber die Einsatzdokumentation abzuwickeln.
    
Bei der Tagung mit über 150 Teilnehmenden von verschiedenen Hilfsorganisationen konnte Steinhauser zwei Zukunftsperspektiven für die weitere Entwicklung der App verkünden: Zum einen wird die Versicherungskammer-Stiftung die weitere anstehende Arbeit mit 50.000 Euro unterstützen, die etwa erforderlich ist, um die App auch für Apple-Geräte anbieten zu können. Außerdem fand im Rahmen der Tagung die Gründungsversammlung des neuen „Vereins zur digitalen Unterstützung von Einsatzdiensten“ statt, der künftig als Träger für die weitere Entwicklung der App dienen und die Einwerbung zusätzlicher Fördermittel ermöglichen soll. Denn die Anwendung soll auch künftig grundsätzlich kostenlos verfügbar sein. „Inhaltlich sind wir fit, aber finanziell wird es spannend“, sagte Steinhauser und animierte die Teilnehmenden der Tagung, die App zu nutzen; sowohl im Hinblick auf die Funktionalität als auch, um potenziellen Förderern schildern zu können, dass die Anwendung notwendig ist und Resonanz findet.
    
Aus Perspektive des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, das neben zahlreichen weiteren Organisationen an der Entwicklung der App mitgewirkt hat, schilderte Thomas Knoch die Genese der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) in Deutschland. Knoch ist Referent für „Psychosoziales Krisenmanagement“ im BBK. Er berichtete, dass erst in den 1990er-Jahren das Bewusstsein dafür gewachsen sei, nicht nur die körperlichen Verletzungen zu versorgen. Katastrophen wie das Unglück bei der Flugschau von Ramstein, das Zugunglück von Eschede oder der Amoklauf von Erfurt hätten die Notwendigkeit unterstrichen – sowohl für die Versorgung von Opfern als auch von Helfenden. Erst 1994 sei das bundesweit erste Kriseninterventionsteam in München gegründet worden. Was professionelle Standards für die PSNV angeht, habe sich laut Knoch eine „babylonische Sprachenvielfalt“ entwickelt, der durch mehrjährige übergreifende Prozesse zu einer stärkeren Vereinheitlichung begegnet worden sei. Zudem habe Berlin als erstes Bundesland ein eigenes PSNV-Gesetz verabschiedet; Teilaspekte der Thematik seien in anderen Bundesländern ebenfalls Gegenstand von Gesetzen. Das Katastrophenschutz offiziell Ländersache ist, werde die Heterogenität der offiziellen Grundlagen von PSNV dennoch eine Tatsache bleiben. Dass das Themenfeld zunehmend digital werde, zeige die bei der Tagung vorgestellte HEiDi-App.
    
Die Testversion der HEiDi-App ist verfügbar unter www.heidi-psnv.de/download.