Stimme der Wissenschaft in Steuerdebatten: Neues „Research Institute for Taxation“ an KU

Panama Papers, Vermögenssteuer, Grundsteuer – in jüngster Zeit standen Themen aus dem Bereich Besteuerung oft im Zentrum breiter öffentlicher Debatten. Zur wissenschaftlichen Fundierung solcher Diskussionen beitragen will das neue „KU Research Institute for Taxation“, das an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt (WFI) der KU angesiedelt ist. Es bündelt Forschung und Transfer rund um das Themenfeld „Besteuerung“ und wird vom Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaft (Prof. Dr. Dominika Langenmayr) und dem Lehrstuhl für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre (Prof. Dr. Reinald Koch) getragen.

„Unser Institut verfolgt dezidiert einen interdisziplinären Ansatz. Ich selbst bin Volkswirtin und beschäftige mich mit der Frage, wie sich Steuerpolitik sinnvoll gestalten lässt. Mein Kollege Professor Reinald Koch wiederum kommt aus der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre“, erläuterte Professorin Langenmayr bei der Eröffnungsfeier des Instituts. Einen geplanten Themenbereich des Research Institute for Taxation bildet der Einfluss von Steuern auf Unternehmensentscheidungen und Konzernstrukturen. Hinzu kommen Strategien der Steuervermeidung von multinationalen Unternehmen, das Verhältnis von Steuern und Gerechtigkeit (etwa bezogen auf eine Erbschaftsbesteuerung oder Fragen der Steuerhinterziehung) sowie in diesem Zusammenhang die Nutzung von sogenannten Steueroasen.

Die Auftaktveranstaltung des Taxation-Instituts war gleichzeitig auch der Startschuss für den damit eng verknüpften Masterstudiengang „Taxation“, dessen erste Studierenden der Studiengangsleiter Prof. Dr. Reinald Koch bei der Feier begrüßte. Er schilderte, dass der viersemestrige Studiengang betriebswirtschaftliche, rechtliche und volkswirtschaftliche Perspektiven auf das Thema Steuern verbindet. „Als Absolventinnen und Absolventen qualifizieren Sie sich mit ihrem Abschluss für Tätigkeiten in der Steuerberatung oder Steuerabteilungen von Unternehmen sowie für die Arbeit in Ministerien, der Finanzverwaltung oder internationalen Organisationen“, so Koch. Einblick darin geben durch Lehraufträge und Gastvorträge renommierte Partner, denen Koch für ihr Engagement dankte. KU-Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien betonte in ihrer Ansprache, dass die Verbindung des neuen Instituts mit dem Masterstudiengang das Anliegen von „forschendem Lernen“ aufgreife, das die KU insgesamt verfolge. Sie dankte dem Ingolstädter Oberbürgermeister Dr. Christian Lösel für das enorme Engagement der Stadt für KU und WFI. Lösel, der selbst als Wissenschaftler an der WFI tätig war, erinnerte daran, dass schon Anfang der 2000er-Jahre im Zuge der Bologna-Reform Überlegungen für die Einrichtung eines Taxation-Studiengangs angestellt wurden. „Ich freue mich, dass die KU in die richtige Richtung geht, zumal die Qualität in Forschung und Lehre regelmäßig von außen bestätigt wird“, freute sich der Oberbürgermeister.  

In seinem Festvortrag zum Thema „Besteuerung von Google, Facebook und Co.“ ging Prof. Dr. Johannes Becker (Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft der Universität Münster) auf die derzeit laufenden Diskussionen zur Frage ein, wie sich das internationale Steuersystem umgestalten ließe. Dabei schilderte er, dass die Besteuerung von Unternehmen, die in mehreren Ländern tätig sind, eine alte Frage sei, für die bereits in den 1920er-Jahren der Völkerbund einen Kompromiss entwickelt habe. Schon damals galt es zu entscheiden, ob Firmen nur an ihrem Hauptsitz besteuert werden oder auch dort, wo sie ihre Produkte verkaufen. Man einigte sich damals auf das Konzept, dass ein Staat nur dann Steuern von einem Unternehmen verlangen dürfe, wenn dieses dort eine Betriebsstätte unterhalte – etwa ein Büro mit Angestellten, ein Lagerhaus, eine Produktionsstätte. „Aber die Digitalwirtschaft ist in Ländern tätig, ohne dass sie dort physisch präsent sein müssen. Eine Litfaßsäule mit Werbeplakaten gilt als Betriebsstätte. Ein Smartphone, auf dem Werbung angezeigt wird, jedoch nicht“, schilderte Becker. Unter diesen Rahmenbedingungen könne die gängige Praxis von internationalen Unternehmen, ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verschieben, nicht als Steuerhinterziehung, sondern nur als Steuervermeidung bezeichnet werden. Becker gab in seinem Vortrag Einblick in eine diffizile und noch laufende Diskussion auf Ebene der internationalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD zur Umgestaltung der Besteuerung multinationaler Konzerne, in der eine Vielzahl an Interessen mitschwingen. Würden etwa Steuern stärker in den Ländern erhoben, in denen man Waren und Dienstleistungen verkauft, entgingen auch exportorientierten Staaten wie Deutschland Steuereinnahmen – etwa, wenn ein deutsches Fahrzeug in die USA geliefert wird.

Weitere Informationen zum Masterstudiengang Taxation finden sich unter www.ku.de/taxation.