Wenn Unternehmen Gewinne erwirtschaften, versteuern sie diese sofort, erklärt Holtmann: „Wenn sie aber nun Verlust machen, passiert nichts, sie bekommen nicht unmittelbar Geld vom Staat. Aber es gibt eine Möglichkeit, den Verlust dennoch steuerlich geltend zu machen.“ Dabei helfen die sogenannten Verlustrechnungsmöglichkeiten, die in den meisten Ländern bestehen: Sie sorgen dafür, dass Verluste entweder mit in der Vergangenheit erwirtschafteten oder zukünftigen Gewinnen steuerlich verrechnet werden. „Wer beispielsweise im Jahr 2019 in Deutschland einen Gewinn gemacht hat und 2020 einen Verlust, kann den Verlust auf das Jahr 2019 zurücktragen lassen und bekommt einen Teil seiner Steuer wieder zurück.“
Um zu erforschen, wie sich bessere Verlustrechnungsmöglichkeiten auf die Firmen auswirken, untersuchten Professor Koch, Holtmann und Giese Aktienkursentwicklungen in EU- und OECD-Ländern während der Corona-Krise sowie der Finanzkrise 2008 – zwei Krisen mit globalen Auswirkungen. „Wir haben herausgefunden, dass Unternehmen in Ländern, die eine bessere Verlustrechnung anbieten, besser durch Krisen kommen: Die Aktienkurse fallen zum Beispiel weniger stark – und die Werte dieser Unternehmen erholen sich schneller“, erläutert Holtmann weiter.
Deswegen bewerteten die Forschenden die Möglichkeiten, die das Corona-Steuerhilfegesetz in Bezug auf Verlustrechnungen in Deutschland schuf, als positiv: Der Verlustrücktrag vor der Covid-Krise war laut Holtmann in das direkt vorangegangene Jahr und in Höhe von einer Million Euro möglich, mit dem zweiten Corona-Steuerhilfegesetz im Juni 2020 wurde der Betrag von einer Million Euro auf fünf Millionen Euro erhöht – mit dem dritten im Februar 2021 auf zehn Millionen Euro. „Mit dem vierten Corona-Steuerhilfegesetz im Juni 2022 wurde die zeitliche Perspektive des Verlustrücktrags geändert: Statt einem Jahr sind jetzt zwei Jahre möglich.“