Verwoben, verbunden, vereint: Kunststudierende präsentieren ihr Projekt „Der Rote Teppich“

Stars und Sternchen laufen gewöhnlich über den roten Teppich und werden bei Filmfestivals und Preisverleihung bejubelt und fotografiert. Für Könige wird der rote Teppich ebenso ausgerollt wie für Politiker beim Staatsbesuch. Der rote Teppich steht für Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Inszenierung. Ein gänzlich anderer roter Teppich wurde diese Woche im Eichstätter Domschatz- und Diözesanmuseum ausgerollt. Er besteht aus 60 einzelnen Kunstwerken, die von Studierenden des Fachbereichs Kunstpädagogik und Kunstdidaktik in Zusammenarbeit mit mehreren hundert Beteiligten gewebt, geknüpft, gestickt und genäht wurden. Die Teppiche erzählen dabei ganz unterschiedliche Geschichten.

Das beeindruckende Projekt verfolgt nicht nur einen künstlerisch-ästhetischen Anspruch – es ist in erster Linie ein partizipatives Projekt: An den Einzelteppichen haben Kinder und Jugendliche von Grundschulen und einer Realschule aus der Region mitgearbeitet. Bewohnerinnen und Bewohner von Seniorenheimen waren genauso beteiligt wie Jugendliche aus einem sozialen Wohnprojekt. Andere Studierende haben gemeinsam mit Eltern und Großeltern an ihrem roten Teppich gearbeitet und beschäftigten sich auf diese Weise mit ihrer Familiengeschichte. Ein Teppich entstand mit Ordensschwestern, ein anderer mit Besucherinnen und Besuchern beim Tag der offenen Tür der KU, schließlich einer im Deutschen Museum in München. „Das Projekt hat unterschiedlichste Menschen zusammengebracht und ist damit ein Beitrag, den sozialen Zusammenhalt zu stärken und kulturelle Vielfalt sowie kreative Dialoge zu fördern“, sagte die Initiatorin Petia Knebel, Akademische Direktorin an der Professur für Kunstpädagogik und Kunstdidaktik, bei der Vernissage am Mittwochabend. Die beteiligten Studierenden erzählten dabei die Entstehungsgeschichte zu einigen der gezeigten Kunstwerke.

Gruppenbild
Die beteiligten Studierenden bei der Vernissage der Ausstellung

Die Farbe Rot steht für Liebe, Leidenschaft und das Leben, aber auch für Aggression, Gefahr und Zerstörung. Und so beschäftigen sich einige Teppichkunstwerke auch mit schwierigen Themen. Eine Studentin setzte sich – gemeinsam mit dem Frauenhaus der Caritas – mit dem Thema Femizid auseinander. Die Arbeit mit dem Titel „Ein letzter K/Schuss“ soll auf die Tötung von Frauen und Mädchen aufmerksam machen. Ein anderer Teppich vertieft das Thema Brustkrebs: Das textile Kunstwerk zeigt abstrahiert das mikroskopische Bild einer Brustkrebszelle. Eingewoben sind Texte von Brustkrebsbetroffenen, deren persönliche Geschichten durch das Textil verborgen und geschützt sind. Zum Kunstwerk gehören Bälle, in die Kapseln eingehäkelt sind – fühlbar wie harte Knoten in der Brust.

Apropos fühlen: In vielen Kunstausstellungen heißt es: „Bitte nur schauen!“ Die ausgestellten Teppiche dürfen hingegen ausdrücklich auch angefasst werden. An mehreren interaktiven Stationen können Besucherinnen und Besucher selbst handwerklich und künstlerisch aktiv werden. Übrigens wurden alle Teppiche aus recycelten Materialien erstellt – etwa aus zerschnittenen und neu eingefärbten Textilien.

Eingebettet ist die Sonderausstellung in die Präsentation des Diözesanmuseums – unter anderem mit historisch bedeutenden Wandteppichen mit Szenen aus dem Leben der Heiligen Walburga. „Der rote Teppich“ ist im diözesanen Museum (Eingang über das Mortuarium beim Dom) noch bis Ende Oktober zu sehen (Öffnungszeiten: mittwochs bis sonntags, 10:30 bis 17:00 Uhr, Eintrittspreis für Studierende: 2 Euro). Anschließend sollen die Teppiche an anderen Orten in der Region gezeigt werden, etwa in Seniorenheimen.

Das Projekt „Der rote Teppich“ entstand im Rahmen des Transformative Design Space (TDS) – gefördert von der VolkswagenStiftung. Leitung des Teilprojekts: Petia Knebel und Kerstin Muhr. Weitere Informationen finden Sie unter: https://www.ku.de/ppf/kunst/projekte/kunst-im-oeffentlichen-raum