Von Wasser, Wölfen und Menschen: Forum für Humangeographen<br>zu Gast an KU

Mit der Tagung „Neue Kulturgeographie“ war das im deutschsprachigen Raum wichtigste Forum für den Bereich der Humangeographie zu Gast an der KU. „Der Titel der Veranstaltungsreihe, die seit 2004 besteht, drückt auch einen Wandel in der wissenschaftlichen Herangehensweise von Humangeographie aus – mit neuen Sichtweisen und Themenschwerpunkten“, erläutert Prof. Dr. Christian Steiner (Lehrstuhl für Humangeographie an der KU), der mit seinem Team die Eichstätter Veranstaltung für rund 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgerichtet hat.

Mit dem Aufkommen der ökologischen Bewegung in den 1980er-Jahren wurden Umwelt, Natur und Regionen auch in der Wissenschaft zunehmend nicht mehr als gegeben, sondern als konstruiert wahrgenommen. Gleichzeitig vollzogen viele Kulturgeographen die sogenannte „kulturelle Wende“, so dass Themen wie regionale Identität, emotionale und ästhetischen Wirkung, Fragen von Macht durch die Gestaltung von Raum oder Lebensstile in den Mittelpunkt rückten. Humangeographen beschäftigen sich daher mittlerweile mit Aspekten, die sowohl Schnittmengen zu Soziologie und Politikwissenschaft als auch Philosophie und Psychologie aufweisen. „Dabei steht das Beschreiben und Verstehen im Sinne einer Grundlagenforschung im Zentrum unseres Interesses“, erklärt Steiner.

So stellte die diesjährige Tagung das Verhältnis von Menschen zu den Lebewesen und Dingen in ihrer Umwelt in den Mittelpunkt: Wie konstituieren sich Handlungs- und Wirkungsmacht zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren? Welche Rolle spielen Gefühle und Körpererfahrung für das, was Menschen tun und wie sie mit ihrer Umwelt interagieren? Ein Blick in das Programm zeigt dabei das breite Themenspektrum, mit dem sich Humangeographie beschäftigt. So ging es beispielsweise um ein Grundverständnis des vielschichtigen Konfliktes, der sich aus der Rückkehr von Wölfen in die Nähe menschlicher Siedlungen entwickelt. Hinzu kamen Beiträge aus dem Umfeld von Stadt- und Regionalentwicklung: Welche Auswirkungen hat es etwa auf das Alltagsleben der Einwohner, wenn in einer Kleinstadt auf Teneriffa die Stadtplanung an Interessen von Tourismus und Handel ausgerichtet ist und öffentliche Orte quasi „enteignet“ werden? Auch Themen an der Schnittstelle von Politik und Ökologie standen auf dem Programm der Tagung: Während beispielsweise Uruguay als weltweit erstes Land die Privatisierung der Trinkwasserversorgung verboten hat, setzt Chile auf ein neoliberales System frei handelbarer Wasserrechte und privatisierter Trinkwasserversorgungsunternehmen – mit unmittelbaren Folgen für die Bevölkerung. Andere Referenten der Tagung berichteten wiederum über Forschungsvorhaben, die sich kritisch mit dem Klischee auseinandersetzen, dass Großstädte generell weltoffener und linksliberaler seien als der vermeintlich rechtsorientierte und reaktionäre ländliche Raum.

Das Programm der Fachtagung findet sich online unter www.kulturgeographie.org.