Preis der Eichstätter Universitätsgesellschaft e.V.

Preisträgerin 2014: Dr. Melanie Verhovnik

Dr. Melanie Verhovnik

Melanie Verhovnik, 1982 in München geboren, hat nach dem Abitur von 2003 bis 2008 Diplom- Journalistik und von 2004 bis 2010 Klassische Archäologie (M.A.) in Eichstätt studiert. Vor und während des Studiums sammelte sie journalistische Praxiserfahrung bei Tageszeitungen und Publikumszeitschriften. Seit 2003 schreibt sie freiberuflich für Kindermagazine. Außerdem arbeitete sie ehrenamtlich als Pressebeauftragte für eine Non-Profit-Organisation.

Seit 2008 ist Melanie Verhovnik Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Journalistik I der KU, zunächst bei Prof. Dr. Walter Hömberg, inzwischen bei Prof. Dr. Klaus Meier. Bereits in ihrer Diplomarbeit zur medialen Berichterstattung über innerfamiliäre Kindesmisshandlung spielte das Thema „Medien und Gewalt“ eine große Rolle. In den folgenden Jahren setzte sie hier ihren eigenen Forschungsschwerpunkt. In der Lehre widmet sie sich der Methodenausbildung im Bachelor- und Masterstudium und erprobt dies in Lehrprojekten mit ihren Studierenden. Melanie Verhovnik ist Mitglied in nationalen und internationalen kommunikationswissenschaftlichen Fachgesellschaften.

In ihrer Dissertation hat sich Melanie Verhovnik mit der Darstellung und dem medialen Framing von School Shootings beschäftigt. Ausgangspunkt der Überlegungen war das US-amerikanische Columbine-Shooting von 1999, die bis dato weltweit schwerwiegendste derartige Tat zweier Jugendlicher mit zahlreichen Opfern. Aufgrund der enormen medialen Präsenz brannte sich das Ereignis als „iconic school shooting“ ein. Täter darauffolgender Taten, auch in Deutschland, wo es seit 1999 zu mittlerweile 14 School Shootings kam, nahmen auf die Täter Eric H. und Dylan K. Bezug, recherchierten zur Tat und bezeichneten sich selbst als Nachfolger. Während sich im wissenschaftlichen Diskurs längst die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass diese Ereignisse multikausal bedingt sind, dominieren in der öffentlichen Wahrnehmung einfache Erklärungsmuster. Als Beispiel seien die „Killerspiele“ erwähnt, Ego- Shooter, mit denen die Täter das Töten geübt haben sollen.

Die Studie untersucht, wie über School Shootings im Fernsehen und in Printmedien berichtet wird. Der Tatsache, dass die Taten Ergebnisse langer Prozesse und vieler einwirkender Faktoren sind, wird dadurch Rechnung getragen, dass die Arbeit zunächst Ergebnisse aus den Disziplinen der Kommunikationswissenschaft, Psychologie, Pädagogik, Kriminalistik und Soziologie zusammenträgt, analysiert und in den Gesamtzusammenhang einordnet. Nur ein umfassendes Bild des Phänomens offenbart die Möglichkeit, Defizite in der Berichterstattung zu erkennen und daraus Hinweise abzuleiten, wie eine sinnvolle Berichterstattung aussehen kann. Ausgehend vom kommunikationswissenschaftlichen Konzept des Framings werden Deutungsmuster in den Medien sowie bei Rezipienten identifiziert.

Ein Ergebnis der Studie lautet, dass Columbine (1999) in der deutschen Berichterstattung über School Shootings einen Wendepunkt markiert. Während zuvor kaum über solche Ereignisse berichtet wurde, wurde Columbine breit thematisiert. Die deutschen School Shootings in Meißen (1999), Erfurt (2002), Emsdetten (2006), Winnenden (2009) und Ansbach (2009) nehmen jeweils eine umfangreiche Berichterstattung ein. Dabei verwenden die untersuchten Medien stark personalisiertes und emotionalisierendes Bildmaterial – ein Befund, der sich so konsistent auch in den Gruppendiskussionen mit Schülern und Studierenden wiederfindet.

Weiter zeigt sich, dass über School Shootings nicht in angemessener Weise berichtet wird. Die Ereignisse werden fälschlicherweise als Amokläufe dargestellt, die Berichterstattung liefert vereinfachende Erklärungen in Form einfacher Kausalzusammenhänge. Interventions- und Präventionsmaßnahmen sowie Folgen für Opfer werden unzureichend thematisiert. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass der Leitfaden des Deutschen Presserates zur „Amok-Berichterstattung“ überarbeitet werden muss.