Preis der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte eG

Preisträger 2015 Quirin Johannes Koch

Die Masterarbeit Transparenz der Technologie von Quirin Johannes Koch (Betreuer: Prof. Dr. Joost van Loon und Prof. Dr. Michael Zimmermann) beschäftigt sich kritisch mit tragbaren Computertechnologien. Ausgangspunkt dieser Fallstudie zu Google Glass und damit methodische Basis war Gilbert Simondons Konzeption einer transduktiven Individuation. Diese lenkt den Blick darauf, wie eine Technologie unter Einflussnahme unterschiedlicher Faktoren entsteht. Die Debatte um Google Glass, einem kontrovers diskutierten Gegenstand der rezenten Technikgeschichte, lässt sich durch diese ontogenetische Lupe plausibilisieren: Technologien, besonders jene, die wir nah am Körper tragen, stehen niemals für sich. Sie sind eingebettet in ein Netz von Diskursformationen und -praktiken. Ziel der Arbeit war es, diese Fäden aufzudröseln und sinnhaft in einen historisch- kritischen Kontext zu setzen.

Im Zentrum der Debatte um die Datenbrille steht der Körper des Nutzers. Er ist der Prüfstein, an dem die Wirksamkeit des Artefakts gemessen wird. Begeisterte Glass-Träger sprechen davon, wie transparent die Datenbrille sei. Sie schalte sich nur bei Bedarf hinzu. Die Technologie soll sich wie ein unsichtbarer Schleier auf den Körper des Nutzers legen und ihm eine direkte Anbindung an die digitale Infrastruktur ermöglichen. Wir versuchen zusehends durch Technologien unsere Körper zu verbessern, zu modulieren. Man denke nur an die unzähligen Fitnessgeräte und seit kurzem an das Aufkommen von Fitnessapps und Fitnessarmbänder. Meist bleibt es jedoch nicht bei der Disziplinierung des Körpers. Ein Spezifikum von Google Glass rückt die Datenbrille in Richtung von Foucaults Technologien des Selbst: Begeisterte Nutzer sprechen davon, wie Google Glass ihr ganzes Lebens intensiver, schöner und besser gemacht hat. Kritiker hingegen versuchen, die verstörenden Aspekte der Datenbrille aufzuzeigen: Google Glass sei ein „Segway für das Gesicht“, das den Träger sofort als „egoistischen Techniknerd“ abstemple. Der Einsatz von tragbaren Technologien vollzieht sich in keinem Fall transparent, sondern deutlich sichtbar und damit irritierend für Leib und Leben, so der kritische Tenor. Als prototypische Wearable Technology zielt die Datenbrille darauf ab, unterschiedlichste Elemente zu verflechten ohne selbst in Erscheinung zu treten. In den Augen von Google soll die Brille ganz durchsichtiges „Glas(s)“ sein. Kritiker bestreiten diese Transparenz. Für sie ist die Datenbrille deutlich sichtbar: Sie störe im persönlichen Gespräch, lenke den Nutzer im Straßenverkehr ab oder sperre ihn in seine Google-Glass-Welt ein.

Die Sichtbarkeit, aber auch die Transparenz der Brille wird von den Beteiligten genutzt, um zu einer Beschreibung der eingefalteten Realitäten anzusetzen. Beschäftigen wir uns mit diesen disparaten Dimensionen, sehen wir wie Technologie zur Schnittstelle von dynamisch-relationalen Strukturen wird. Interdisziplinäres Arbeiten zwischen Sozial-, Geschichts-, und Medienwissenschaft vermag diese Schnittstellen offenlegen und Technologie als prototypisch Verwobenes lesbar und damit auch in ihren Konsequenzen für den Menschen verständlich machen.

Quirin Johannes Koch wurde 1987 in München geboren. Nach seinem Abitur absolvierte er ein freiwilliges soziales Jahr am Stadttheater Bremerhaven. Dort arbeitete er mit Kindern und Jugendlichen an der Umsetzung theaterpädagogischer Projekte. Anschließend nahm er ein Studium der Theater- und Medienwissenschaften an Friedrich-Alexander Universität in Erlangen auf. Nach dessen Abschluss im Jahr 2012 begann er ein Masterstudium an der KU. Die interdisziplinäre Ausrichtung des Studiengangs „Aisthesis. Historische Kunst- und Literaturdiskurse“ vertiefte er mit einem Studienaufenthalt am „Centre interuniversitaire de recherche sur la science et la technologie“ der Université de Quebec à Montréal. Derzeit arbeitet Herr Koch als Konzepter bei einer internationalen Kommunikationsagentur

Preisträgerin 2015 Ursula Winter

Bereits der Titel Weltliteratur in der Musik der Romantik: Die oratorische Rezeption Dantes und Goethes bei Wolf-Ferrari und Berlioz verweist auf den interdisziplinären Charakter der Masterarbeit von Ursula Winter. Mit Dantes Vita Nova, Goethes Faust, Ermanno Wolf-Ferraris La Vita Nuova und Hector Berlioz’ La Damnation de Faust stehen vier Werke im Zentrum der unter der Betreuung von Prof. Dr. Barbara Kuhn entstandenen Arbeit, die nicht nur einander zum Teil fernstehenden Epochen, sondern auch verschiedenen Künsten – der Literatur und der Musik – zuzuordnen sind und sich zudem durch ihre Provenienz aus den drei Ländern Italien, Deutschland und Frankreich unterscheiden.

Aber es lassen sich auch verbindende Elemente in der auf den ersten Blick sehr heterogen erscheinenden Werkauswahl erkennen. Über die Parallele zwischen der herausragenden Stellung Goethes und Dantes in ihrer jeweiligen Nationalliteratur hinaus weisen in erster Linie die musikalischen Kompositionen weitere Anknüpfungspunkte auf. Neben der vorherrschenden Zurechnung der Werke zur Epoche der Romantik und ihrer überwiegenden Einstufung als Oratorien ist ihnen auch gemein, dass sie aus der kreativen bzw. produktiven Rezeption literarischer Werke hervorgegangen sind. Diese Aspekte begründen die vergleichende Analyse, die den Hauptteil der Arbeit bildet und bei der die Stellen der Libretti, an denen der zugrunde liegende Text Dantes bzw. Goethes – wobei Berlioz auf die Übersetzung von Gérard de Nerval zurückgreift – durch Kürzung, Erweiterung, Modifikation oder Umstellung verändert wurde, ebenso wie die rein instrumentalen Partien sowie darüber hinaus der Einsatz und die Funktionen von Orchester, Chor und Solisten detailliert untersucht werden.

Aufbauend auf diesen Betrachtungen können einerseits die Tendenzen zur Romantisierung der jeweiligen literarischen Vorlagen verdeutlicht werden. Andererseits veranschaulichen und stützen sie die aus der theoretischen Reflexion über Intermedialität – die zu Beginn des Hauptteils der Arbeit außerdem mit dem translationswissenschaftlichen Begriff der intersemiotischen Übersetzung in Verbindung gebracht wird – hervorgegangene Beobachtung, dass aufgrund der bei den behandelten Werken festzustellenden Vorrangstellung der Musik gegenüber der Literatur statt von Vertonung oder Musikalisierung von Literatur vielmehr von einer Literarisierung von Musik gesprochen werden sollte.

Ursula Winter wurde 1991 in Augsburg geboren. Nachdem sie ihr Abitur im Jahr 2010 als Zweitbeste ihres Jahrgangs in Friedberg abgelegt hatte, begann sie ihr Studium im Europastudiengang der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Während des Bachelorstudiums verbrachte sie ein Semester in Italien an der Università degli Studi di Modena e Reggio Emilia.

Im Anschluss an den Bachelor studierte sie in Eichstätt die Fächer Italianistik und Frankoromanistik im Rahmen des flexiblen Masterstudiengangs und absolvierte ein Auslandssemester an der Université Laval in Québec (Kanada). Parallel zum Masterstudium hat sie ein Zusatz- und Ergänzungsstudium im Bereich Erwachsenenbildung und außerschulische Jugendbildung aufgenommen. Seit 2014 ist sie Stipendiatin des Cusanuswerks. An der KU war und ist Ursula Winter als Mitglied der Fachgruppe Romanistik, des Universitätsorchesters und des Vorbereitungsteams der Wintervortragsreihe ebenso wie als Tutorin für ausländische Studierende im AK International und als Gemeinderätin in der KHG vielfältig engagiert.