Die hier ausgezeichnete Masterarbeit „400 Jahre nach Kolumbus – Zur (Re-)Konstruktion einer lateinamerikanischen Antike auf der Exposición Histórico-Americana in Madrid 1892“ von Christiane Hoth beschäftigt sich kritisch mit der Inszenierung lateinamerikanischer Nationen Ende des 19. Jahrhunderts. Die Arbeit wurde an der Professur für Geschichte Lateinamerikas verfasst, Betreuer war Prof. Dr. Thomas Fischer. Die besagte Ausstellung, die Exposición Histórico-Americana, fand 1892 und damit 400 Jahre nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus im Jahr 1492 statt.
Anlässlich des Jubiläums wurden damals fast alle lateinamerikanischen Länder nach Madrid eingeladen, um ihr spanisches Erbe glorreich in Szene zu setzen. Das Anliegen der lateinamerikanischen Teilnehmer war hingegen vielmehr, im Rahmen der Ausstellung eine lateinamerikanische Antike zu (re-)konstruieren, die gleichwertig zur griechisch-römischen Antike sein sollte. Die Ausstellung von 1892 bot den lateinamerikanischen Ländern die Möglichkeit, sich im Vergleich zu führenden Industrienationen wie Großbritannien und den USA – aber auch Frankreich – als „anschlussfähig“ zu präsentieren. Interessant an den lateinamerikanischen Inszenierungen war vor allem, dass versucht wurde, die Opposition von „Rückständigem“ und „Entwickeltem“ zu überwinden. Dies geschah im Besonderen durch ikonografische Rückgriffe und eine gezielte Rückschau auf die Vergangenheit, um dadurch den Anspruch auf die Zukunft zu legitimieren.
Die an der Ausstellung in Madrid teilnehmenden Länder und Institutionen standen vor der Möglichkeit, sowohl die wissenschaftliche Rekonstruktion der präkolonialen Vergangenheit zu demonstrieren, als auch verklärende und harmonisierende Konstruktionen zu inszenieren. Beide Möglichkeiten wurden auf unterschiedliche Art und Weise in Madrid genutzt. Hervorzuheben ist, dass der „native‘s point of view“ (Rebecca Earle) in all diesen Diskursen überhaupt nicht von Belang war. Indigene Kultur meint in diesem Zusammenhang lediglich die Vorstellung von indigener Kultur. Es ging also nicht um eine tatsächliche Inklusion indigener Gruppen in die Nation, sondern um die Inklusion bestimmter Imaginationen von indigener Kultur.
Christiane Hoth hat mit einer Vielzahl an Text- und Bildquellen der Smithsonian Institution (Washington D.C.), des Ibero-Amerikanischen Instituts (Berlin), der Biblioteca Nacional de España und des Museo Arqueológico Nacional de España (Madrid) gearbeitet. Eine Vielfalt an Bildmaterial – Gemälde, Karikaturen und Fotografien – wurde nach der realkundlichen Bildinterpretation, der ikonografisch/ ikonologischen sowie der seriell-ikonografischen und funktionsanalytischen Betrachtung analysiert.
Die Masterarbeit sticht im Besonderen wegen ihres interdisziplinären Ansatzes heraus. Sie knüpft inhaltlich wie methodisch an die Bildwissenschaften sowie die Anthropologie an. Da Christiane Hoth eine Geschichte der Archäologie geschrieben hat, ist ihre Arbeit auch für letztgenannte Disziplin interessant.
Christiane Hoth wurde 1988 im westfälischen Telgte bei Münster geboren. Sie studierte an der KU Geschichte, Germanistik und Hispanistik/Lateinamerikanistik. Während des Bachelorstudiums verbrachte sie ein Semester an der Universidad de Salamanca in Spanien. Im Frühjahr 2016 schloss sie ihr Studium mit dem Ersten Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien sowie dem Master in Germanistik und Geschichte sehr gut ab. An der KU engagierte sie sich in verschiedenen Bereichen und Fächern: in der Fachschaft Geschichte, in Gremien der Hochschule (Senat und Fakultätsrat der GGF), in Bildungsprojekten der KU, im ZILAS und als Hilfskraft an der Professur für Geschichte Lateinamerikas. Christiane Hoth war von Oktober 2015 bis Oktober 2016 als Mitarbeiterin im Zentralinstitut für Lateinamerikastudien (ZILAS) tätig. Seit Oktober 2016 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Geschichte Lateinamerikas der KU.
Im April 2016 wurde DDr. Giuseppe Franco durch die Theologische Fakultät der KU im Fachgebiet „Philosophische Grundfragen der Theologie“ habilitiert. In seiner interdisziplinären Habilitationsschrift „Economia senza Etica? Il contributo di Wilhelm Röpke all´etica dell´economia e al pensiero sociale cristiano“ hat er sich mit dem Nationalökonom Wilhelm Röpke, dem in der Schweiz lebenden und lehrenden protestantischen Christen, und seinem Beitrag zur Wirtschaftsethik und Christlichen Sozialethik auseinandergesetzt.
Bei der interdisziplinären Forschung handelt es sich um eine dogmengeschichtliche Arbeit mit systematischem Anspruch. Die Leistungen dieser Arbeit bestehen insbesondere in einer eingehenden Rekonstruktion und Analyse von Wilhelm Röpkes Denken im Licht der Prinzipien der Katholischen Soziallehre; einer detaillierten kritischen Würdigung der Rezeptionsgeschichte von Röpke in der Christlichen Sozialethik im internationalen Diskurs des 20. Jahrhunderts auch anhand von unveröffentlichten Briefwechseln; einem originellen Beitrag zur Konvergenz zwischen Sozialer Marktwirtschaft und Christlicher Sozialethik; sowie einer systematischen Reflexion der theoretischen Grundzüge der Wirtschaftsethik im Lichte Röpkes.
So gelingt es Franco, die nuancenreichen Auseinandersetzungen seines zentralen Referenzautors Wilhelm Röpke mit seinen ökonomischen, philosophischen und theologisch-sozialethischen Diskussionspartnern in den 1950er und 1960er Jahren nicht nur umfassend zu reproduzieren, sondern auch pointiert darzustellen und zu bewerten. Das gilt etwa für den internationalen Diskurs deutscher und italienischer liberaler Ökonomen und Philosophen (wie Friedrich August von Hayek, Walter Eucken, Luigi Einaudi, Benedetto Croce) und Sozialethikern (zum Beispiel Johannes Messner, Oswald von Nell-Breuning, Egon Edgar Nawroth, Emil Brunner, Luigi Sturzo).
Die Arbeit zeichnet in originaler Weise die Rezeptionsgeschichte von Röpkes Denken im sozialethischen Diskurs des deutschen Sprachraums nach, gibt aber auch einen Teil der Wirkungsgeschichte der Sozialen Markwirtschaft in Italien wieder. Die grenzgängerische Arbeitsweise ist ein Glücksfall für Theologische Ethik und Wirtschaftsethik. Franco kann als kritischer Forscher und Brückenbauer in der Diskussion um die Soziale Marktwirtschaft in der deutsch-italienischen Zusammenarbeit gelten – und zwar sowohl in historischer wie auch theoretischer Hinsicht.
Giuseppe Franco ist derzeit Privatdozent am Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte der Theologischen Fakultät der KU. Geboren 1981 in Lecce, studierte er Philosophie und Theologie in Bari, Lecce, Rom und Eichstätt. 2004 kam er als Erasmus-Stipendiat nach Eichstätt. Sein Magisterstudium in Philosophie schloss er 2006 an der Universität Salento-Lecce sehr erfolgreich ab. Ein Jahr später beendete er das Studium der Diplom-Theologie an der KU ebenfalls mit der Note „sehr gut“.
2010 wurde er an der Universität Salento-Lecce in Philosophie promoviert mit einer Arbeit über die Unerwartete Konvergenz zwischen dem Kritischen Rationalismus von Karl Popper und der hermeneutischen Theorie von Hans-Georg Gadamer, welche die Bewertung „summa cum laude“ erhielt. Im Februar 2015 schloss Franco seine zweite Promotion in Theologie an der Päpstlichen Lateran Universität in Rom mit der Bewertung „summa cum laude“ ab. Die Dissertation mit dem Titel „Von Salamanca nach Freiburg: Joseph Höffner und die Soziale Markwirtschaft“ wurde 2015 mit dem Alfons-Fleischmann-Preis und 2016 mit dem Max-Weber-Preis für Wirtschaftsethik des Institutes der Deutschen Wirtschaft ausgezeichnet.
Franco hat mehr als zehn Bücher herausgegeben und ist Autor von über 50 Beiträgen in wissenschaftlichen Publikationen. Mit Prof. Dr. André Habisch veranstaltet er im März 2017 gefördert von der DFG eine Tagung in der Villa Vigoni, dem deutsch-italienischen Zentrum für europäische Exzellenz, zum Thema „Ligaturen Europäischer Wirtschaftskultur: Soziale Marktwirtschaft und Economia Civile im Gespräch“.