Prozessorientierte Soziologie: Kommentierte Lehrveranstaltungen Prof. Dr. Schmidt

Prozessorientierte Soziologie

82-500-SOZ13-S-LV2-0313.20242.001
Robert Schmidt

82-500-SOZ13-S-LV2-0313.20242.002
Basil Wiesse

Kritik der politischen Ökonomie

82-500-SOZ13-S-LV2-0313.20242.001
Robert Schmidt

Die Zuspitzungen und die Auswirkungen der Klimakrise führen seit einigen Jahren zu einer neuen Beschäftigung mit der von Karl Marx vorgelegten Analyse und Kritik des Kapitalismus. Viele aktuelle Analysen bescheinigen in diesem Zusammenhang der Marx‘schen Kritik der politischen Ökonomie eine überraschende Aktualität, Relevanz und Brisanz. Dabei stehen eine von Marx selbst vollzogene Abkehr vom produktivistischen Paradigma und seine im Kapital angedeutete „Stoffwechseltheorie“ im Mittelpunkt der Debatten.
Andere an Marx orientierte Gegenwartsanalysen unterstreichen deren Bedeutung für das Verständnis neoliberaler Subjektivierungsformen: ‚Niemand ist gelangweilt und alles ist langweilig‘ beobachtete der marxistische ‚Pop-Philosoph‘ Mark Fisher. Diese – sich in der Corona-Pandemie noch verschärfende – Erfahrung im kapitalistischen Alltag bringt der Tagebucheintrag einer Studentin folgendermaßen auf den Punkt: „Man hat im Grunde das Gefühl, dass man ganz produktiv sein kann. Man kann parallel noch dieses machen und jenes machen, und rein theoretisch könnte man noch nebenbei kochen und Wäsche aufhängen und aufräumen und lesen. Aber im Grunde kriegt man gar nichts mehr geschafft. Ich mache vieles parallel und weiß am Ende gar nichts mehr.“ (Ariane Linden, Geschichtsstudentin im Homeoffice).
Ein weiterer – geschichtsphilosophischer - Topos aktueller marxistischer Gegenwartsanalysen bezieht sich auf das von Antonio Gramsci geprägte Verständnis eines Interregnums: Mit dem Begriff des Interregnum bezeichnete Gramsci Übergangsepochen der Krise, in denen »die herrschende Klasse den Konsens verloren hat, d.h. nicht mehr ›führend‹, sondern einzig ›herrschend‹ ist, Inhaberin der reinen Zwangsgewalt«. In diesen Phasen haben, so Gramsci, »die großen Massen sich von den traditionellen Ideologien entfernt« und glauben nicht mehr an das, »woran sie zuvor glaubten«. Die Krise bestehe gerade darin, »dass das Alte stirbt und das Neue nicht zur Welt kommen kann: in diesem Interregnum kommt es zu den unterschiedlichsten Krankheitserscheinungen« (1991, 354), bzw. in einer anderen Übersetzung: in diesem Interregnum „werden Monster geboren.“ Zu ihrem monströsen Ausdruck kommen Interregnum und „Kapitalistischer Realismus“ (Mark Fisher) der Gegenwart auch dadurch, dass „die Leute sich eher das Ende der Welt vorstellen als das Ende des Kapitalismus“, dass also ökokatastrophistische (vgl. „Twisters“ u.a.) und andere Dystopien viel weiter verbreitet sind als etwa nichtkapitalistische Zukunftsszenarien.
Wir wollen in unserer Lehrveranstaltung neuere Analysen gegenwärtiger Krisen, die sich auf Argumentationsfiguren und Konzepte der von Marx entwickelten Kritik der politischen Ökonomie beziehen erschließen. Dabei wollen wir von diesen Analysen ausgehend zurückfragen und die entsprechenden Marxschen Konzeptionen – auch anhand der entsprechenden Primärtexte – genauer erschließen und nachvollziehen.

Sicherheit und Risiko

82-500-SOZ13-S-LV2-0313.20242.002
Basil Wiesse

Soziale Prozesse lassen sich nicht vollends verstehen ohne ihre vermeintlichen oder tatsächlichen Risiken und Gefahren, denen sie in ihrer Vollzugswirklichkeit ausgesetzt sind. In diesem Seminar wollen wir versuchen, Erscheinungsformen von Sozialität aus ihren (Un-) Sicherheiten zu begreifen. Unsere thematische Spannweite ist außerordentlich und reicht von den kleinen Unsicherheiten des Alltags über gesamtgesellschaftlichen Bedrohungen bis hin zu planetaren Krisen, und wir werden ganz unterschiedliche soziologische Perspektiven auf das Spannungsfeld Sicherheit und Risiko kennen lernen.

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Soziologisches Denken und Soziologisches Forschen

82-500-SOZ27-S-SE-0915.20242.001
Basil Wiesse

Das Modul vermittelt ein orientierendes Verständnis für das Studium des Faches Soziologie. Das geschieht durch eine Vermittlung von für den weiteren Verlauf des Soziologiestudiums zentralen Kenntnissen und Fähigkeiten: Hierzu gehört erstens eine Einführung in die historischen wie auch inhaltlichen Eigentümlichkeiten des Faches im Vergleich zu anderen Disziplinen. Daran gekoppelt ist zweitens das Kernziel des Moduls, nämlich die Schärfung des genuin "soziologischen Blicks" auf soziales Geschehen. Hierfür werden einschlägige soziologische Fragestellungen, Perspektiven und Praktiken vorgestellt und eingeübt. Drittens schließlich werden die gerade zu Beginn des Studiums noch unklaren Anforderungen und Erwartungen an Studierende allgemein behandelt. Dies geschieht durch eine Einführung in wissenschaftliches Arbeiten und in den Umgang mit universitären Prüfungsformen.

Forschungspraktikum im Master

88-149-SOZ110-S-SE-0914.20242.001
Robert Schmidt

Im Kontext zunehmender globaler Interdependenzen und grenzenlos gewordener medialer Kommunikation gewinnen Orte und Prozesse der (Neu-)Verortung sozial, kulturell und nicht zuletzt politisch an Brisanz. Prozesse des Verortens lassen sich als Schaffung und Eröffnung von Terrains entschlüsseln, auf denen Konflikte ausgetragen werden können. Dabei ist die Idee leitend, dass brisante und umkämpfte Verortungsprozesse wie wir sie etwa im Kontext politischer Protestereignisse oder in Konflikten um öffentliche, urbane Orte, Plätze und Parks beobachten können, in je besonderer Weise auf die grundlegende Strittigkeit des Sozialen verweisen. Wir wollen solche terrains of contestation in einer naturalistischen ethnografischen Forschungs- und Erkenntnishaltung als Orte und Schauplätze des Konflikts und der Problematisierung empirisch erkunden und im Verlauf des Forschungspraktikums entsprechend geeignete Fälle explorieren und erschließen. Das können z.B. Verkehrskonflikte an vielbefahrenen Kreuzungen, sogenannte ‚gefährliche Orte‘ und/oder soziale Brennpunkte, Versammlungsorte, strittige öffentliche Parks oder ähnliche Lokalitäten sein.