Wie gelingt es, digitale Technologien so einzusetzen, dass sie Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltiger machen? Und welche Grenzen setzen die Nachhaltigkeitsziele bei der Nutzung von digitalen Technologien?
Diese Fragen haben Expertinnen und Experten aus dem Tourismus, der Technologieentwicklung und Gesellschaftsforschung im Rahmen der 35. Eichstätter Tourismusgespräche erörtert. Veranstaltet wurde die Tagung vom Lehrstuhl Tourismus der KU in Kooperation mit dem Tourismusverband Naturpark Altmühltal.
Eröffnet wurden die 35. Eichstätter Tourismusgespräche im Landratsamt Eichstätt durch den Gastgeber des Hauses, Herrn Landrat Alexander Anetsberger. In seinem Grußwort betonte er den Stellenwert der Zusammenarbeit zwischen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt auf wissenschaftlicher Ebene und dem Naturpark Altmühltal auf Praxisebene, die die Eichstätter Tourismusgespräche zusammen symbiotisch tragen.
Zur Begrüßung und Einstimmung auf das Thema "Digitalisierung meets Nachhaltigkeit - neues unternehmerisches Denken im Tourismus" ging Tourismus-Professorin Dr. Monika Bachinger auf aktuelle Entwicklungen im Tourismus ein. „Die digitalen Technologien sollten nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und sozial-gesellschaftliche Ziele unterstützen – sie tun dies aber nicht immer“, so Bachinger in ihrer Einführung.
Christoph Henseler vom Mittelstand-Digital Zentrum Tourismus und Prof. Dr. Vanessa Borkmann vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation beleuchteten in ihrer Keynote die digitale Arbeitswelt im Tourismus mit Fokus auf Chancen und Risiken. Dabei machten sie deutlich, dass der Mensch zwar weiterhin in der Arbeitswelt im Vordergrund stehe, durch die Digitalisierung jedoch befähigt und unterstützt werde. Spezifische Berufsbilder profitierten dabei in unterschiedlichem Ausmaß von digitalen Technologien. Einer Umfrage zufolge stünden Beschäftigte digitalen Technologien am Arbeitsplatz grundsätzlich positiv gegenüber.
Prof. Dr. Robert Keller von der Hochschule Kempten stellt in seiner Keynote mit dem Ziel „Digitale Technologien für ein nachhaltiges Besuchermanagement – ein Blick in die Zukunft“ unter anderem dar, wie Veranstalter und Destinationen die Prognosen von Besucherzahlen mit Hilfe von neuen Technologien verbessern können, ohne dabei ein flächendeckendes Netzwerk aus Zählgeräten einzusetzen.
Workshop 1 unter der Leitung von Marco Holzer von Sustainable Homes, ein Anbieter von Tiny Houses, und Michael Loy von der Digital-Agentur Loy GmbH beschäftigten sich mit der „nachhaltigen Unterkunft 4.0“ und der Frage, wie Kleinstunterkünfte örtliche Infrastrukturen wie zum Beispiel ein Fitness-Studio mitnutzen können.
Felix Hiemeyer von der KU und Laura Paskowski von der Vaibrant GmbH, ein Anbieter für KI-Lösungen, stellten in Workshop 2 das Thema „Arbeit (Mensch 4.0)“ mit Fokus auf die Mensch-Maschine-Interaktion zur Diskussion. Dabei standen Ideen für das Management von Hürden bei der Verwirklichung von digitalen Arbeitsumwelten in Unternehmen im Mittelpunkt.
In Workshop 3 berichteten Sibylle Wartlick von der Gemeinde Kirchheim bei München und Marc-Christian Hodapp vom Softwareanbieter Urbanistic, wie sie mithilfe eines digitalen Zwillings der Gemeinde Kirchheim die nachhaltige Stadtplanung unterstützen und welche Chancen dies für die Tourismusentwicklung bietet – unter anderem indem über die Integration verschiedenster digitaler Informationen unterschiedliche Bevölkerungsgruppen beteiligt werden können.
Carolin Altena vom Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik diskutierte in Workshop 4 Chancen und Herausforderungen der digitalgestützten und nachhaltigen Mobilität im Kontext des Tourismus. Alle vier Workshops machten deutlich, dass die Tourismusbranche den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit mit großem Interesse und Ideenreichtum begegnet, jedoch noch Unsicherheiten im Hinblick auf eine wirkungsvolle Umsetzung bestehen.
Dr. Sebastian Rosengrün von der CODE University Berlin lenkte im Abschluss der Tagung mit seinem Vortrag „Die Macht der Algorithmen im Tourismus – ethische Gesichtspunkte“ den Blick auf kritische Aspekte der Digitalisierung. Im Zentrum seiner Ausführungen stand die Feststellung, dass digitale Technologien gesellschaftliche Strukturen prägen – etwa die Art der Kommunikation – und damit in der Lage sind, Macht zu entwickeln. Diesem Einfluss von Technologien seien sich Menschen jedoch nicht immer bewusst, so Rosengrün.