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Forschung

Die Forschungsthemen des Lehrstuhls für Klinische und Biologische Psychologie befinden sich schwerpunktmäßig im Bereich der Traumafolgestörungen mit einem besonderen Fokus auf Psychotherapieforschung. Eine Übersicht über unsere aktuellen Forschungsprojekte finden sie hier.  Inhalt dieser ist die Untersuchung der Wirksamkeit und Wirkweise psychotherapeutischer Verfahren. Dazu gehören die Entwicklung neuer Behandlungskonzepte, deren Überprüfung und Vergleich mit anderen Verfahren, die Analyse einzelner Wirkfaktoren sowie die Dissemination (Verbreitung) bzw. Implementierung (Umsetzung) dieser evidenzbasierten Verfahren in der psychotherapeutischen Praxis.

Der Lehrstuhl legt des Weiteren einen großen Wert auf die Verbesserung der Versorgungslandschaft für Betroffene im deutschen Gesundheitssystem. Daher wird sowohl die gestufte Versorgung als auch die Verbreitung empirisch bestätigter, d.h. evidenzbasierter Therapien untersucht.

 

Was sind Traumafolgestörungen?

Traumatische Ereignisse beinhalten tatsächlichen oder drohenden Tod, ernsthafte Verletzung oder sexuelle Gewalt. Nach solchen Ereignissen können verschiedene Folgebelastungen und Erkrankungen auftreten. Als Trauma zählt das direkte Erleben solcher Ereignisse, aber auch das Beobachten, dass anderen ein solches Ereignis zustößt. Zu erfahren, dass ein nahes Familienmitglied oder ein enger Freund etwas Derartiges erleben musste, kann ebenfalls traumatisierend sein. Beispiele für traumatische Ereignisse, denen Menschen ausgesetzt sein können, sind schwere Unfälle, Brände, medizinische Notfälle, Massenschadensereignisse, Krieg, Flucht, Misshandlung, häusliche Gewalt oder sexueller Missbrauch.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Erlebt eine Person ein Trauma, kann sich eine PTBS entwickeln. Eine PTBS kann sich auf verschiedene Weise zeigen und zu Einschränkungen in vielen Lebensbereichen führen. So zeigen traumatisierte Menschen zum Beispiel Symptome wie ungewollt wiederkehrende belastende Erinnerungen an das traumatische Ereignis, Ängste, Schlafstörungen oder Reizbarkeit. Häufig werden Dinge vermieden, die an das belastende Ereignis erinnern. Das alles kann zu einer deutlichen Beeinträchtigung im Alltag führen.

Die Betroffenen versuchen mit ganzer Kraft, Erinnerungen, Gedanken und Gefühle in Zusammenhang mit dem Ereignis zu vermeiden. Betroffene mit PTBS entwickeln anhaltende und übertriebene negative Überzeugungen oder Erwartungen, die sich auf die eigene Person, andere Personen oder die Welt beziehen. Beispiele hierfür sind Überzeugungen wie „Ich bin nirgends sicher“, „Man kann niemandem vertrauen“ oder „Weil mir das passiert ist, bin ich wertlos“. Häufig geben sie sich selbst die Schuld für die Ereignisse. Sie leiden unter Furcht, Wut, Schuld- oder Schamgefühlen. Viele haben keine Freude mehr an Dingen, die sie früher gerne gemacht haben, ziehen sich zurück oder fühlen sich anderen Menschen nicht mehr nahe. Manche sind übermäßig wachsam oder schreckhaft. Manche Betroffene fühlen sich zeitweise wie in einem Traum oder nehmen die Umwelt als unwirklich wahr.

Auch Kinder und Jugendliche können eine PTBS entwickeln, die sich dann manchmal anders zeigt als bei Erwachsenen. Neben den oben genannten Beschwerden kommen auch häufig Albträume vor. Bei kleineren Kindern kann es sein, dass sie das Ereignis immer wieder nachspielen. Viele traumatisierte Kinder und Jugendliche haben Konzentrationsschwierigkeiten, was sich in einer Verschlechterung der Schulleistungen niederschlägt.

Die Probleme können umso schlimmer werden, je länger sie unbehandelt bleiben. Daher ist es wichtig, früh abzuklären, ob eine Therapie helfen kann. Je früher die Behandlung beginnt, umso schneller kann Betroffenen geholfen werden. Zur Behandlung einer PTBS gibt es verschiedene Therapiemethoden. In den meisten geht es darum, nach dem Trauma wieder Sicherheit zu finden. Außerdem kann man sich – unterstützt durch den Therapeuten – mit dem Trauma auseinandersetzen, um besser mit den belastenden Erinnerungen zurecht zu kommen. Zuletzt ist es wichtig, auch im Alltag einen Umgang mit dem Trauma und den damit verbundenen Folgen zu erlernen.

Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung

Eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung wird als Folge von anhaltenden, wiederholten und wiederkehrenden traumatischen Situationen und Ereignissen beschrieben, z.B. wenn Betroffene in ihrer Kindheit längere Zeit Vernachlässigung oder Misshandlung ausgesetzt werden. Oft erleben die Betroffenen neben den Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung noch weitere Beschwerden. So fällt es Betroffenen schwer, ihre Gefühle zu regulieren, sie sind zum Beispiel leicht reizbar und bekommen Wutausbrüche bei kleinsten Anlässen. Einige verhalten sich risikoreich, d.h. bringen sich selbst durch ihr Verhalten in Gefahr, oder verletzen sich selbst. Manche Betroffene fühlen sich zeitweise wie in einem Traum oder nehmen die Umwelt als unwirklich wahr. Sie entwickeln ein Selbstbild, das geprägt ist von dem Gefühl der Wertlosigkeit und Minderwertigkeit. Sie erleben Scham und Schuldgefühle, sowie Versagensgefühle in Bezug auf die traumatischen Ereignisse. In der Folge führt das zu massiven Einbußen im privaten, beruflichen und sozialen Umfeld und beeinträchtigt persönliche Beziehungen.

Anhaltende Trauerstörung (ATS)

Der Tod einer nahestehenden Person bedeutet einen tiefen Lebenseinschnitt für die Hinterbliebenen. Trauer als Reaktion auf den Verlust ist eine normale Reaktion, die individuell ganz unterschiedlich ausfallen kann. Gemeinsam ist jedoch bei den meisten Betroffenen, dass nach einer gewissen Zeit diese Trauerreaktion nachlässt und es wieder leichter fällt, sich den Aufgaben des Alltags zu widmen. Kommt es nicht zu einer solchen Besserung, spricht man von einer Anhaltenden Trauerstörung. Insbesondere Personen, die ein Kind verloren haben oder deren Nahestehende plötzlich, gewaltsam oder durch Suizid verstorben sind, scheinen ein höheres Risiko zu haben, eine ATS zu entwickeln.

Betroffene leiden auch sechs oder mehr Monate nach dem Tod unter einer intensiven Sehnsucht nach der verstorbenen Person. Sie sind in vielen Lebensbereichen beeinträchtigt. Sie berichten unter anderem Gefühle von Verbitterung und Wut, Schwierigkeiten den Verlust zu akzeptieren und mit dem Leben voranzugehen, Vermeidung von Erinnerungen an den Verlust, emotionaler Taubheit sowie Einsamkeitsgefühlen und Gefühlen von Sinnlosigkeit. Bleibt die ATS unbehandelt, führt das häufig zu weiteren psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Schmerzstörungen.

Aktuell suchen wir Geflüchtete zwischen 16 und 21 Jahren für eine Gruppentherapiestudie

Gruppentherapie für Geflüchtete

Die Studie befasst sich mit der Behandlung der Anhaltenden Trauerstörung (ATS). Obwohl Trauer eine normale Reaktion auf den Verlust einer geliebten Person ist, tritt manchmal keine spürbare Besserung ein und es fällt Betroffenen schwer, ihren Alltag zu bewältigen. In diesen Fällen kann eine ATS vorliegen und eine Psychotherapie helfen. Die ATS ist als eigenständige psychische Störung anerkannt, die sich von depressiven Erkrankungen und der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sowie anderen stressbedingten Störungen abgrenzen lässt. Die Diagnose wurde in der neuen Ausgabe des International Statistical Classification of Diseases (ICD-11) aufgenommen.

In der Studie wird eine trauerfokussierte kognitiv-verhaltenstherapeutische Gruppentherapie in einfacher deutscher Sprache durchgeführt.

Flyer:  hier klicken zum Download