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Der Angriffskrieg in der Ukraine hat viele Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, traumatisiert. Diese Erfahrungen können zu posttraumatischen Stresssymptomen und erheblichen psychosozialen Einschränkungen bei betroffenen Kindern und Jugendlichen führen.
Von 2022 bis 2024 wurden bereits 63 Therapeut/-innen aus der Ukraine in der evidenzbasierten Traumatherapie „Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie“ (TF-CBT) zertifiziert (Mehr Infos hier: https://doi.org/10.1080/20008066.2023.2207422). Aufbauend auf diesem Erfolg verfolgt TF-CBT Ukraine – Part II das Ziel, die entstandenen internationalen Netzwerke weiter auszubauen und so die psychosoziale Versorgungsstruktur in der Ukraine nachhaltig zu stärken.
Im Rahmen unseres Projekts stärken wir das bestehende Netzwerk zwischen lokalen Partnern (Nationale Psychologische Vereinigung der Ukraine, Gesundheitsministerium der Ukraine, Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Ukraine) und internationalen Expert/-innen (z. B. TF-CBT Therapeut/-innen, Trainer/-innen und Entwickler/-innen) und Netzwerken (Europäisches EMDR-Netzwerk, CARES Institute (USA), Nationale Netzwerk für kindlichen traumatischen Stress (USA - NCTSN)). Durch regelmäßige Treffen, den Austausch von Therapiematerialien und gemeinsamen Publikationen fördern wir den kontinuierlichen Wissenstransfer und die nachhaltige Zusammenarbeit.
Ein zentraler Bestandteil des Projekts sind laufende Fallbesprechungen und Workshops für ukrainische TF-CBT Therapeut/-innen, die von internationalen Expert/-innen geleitet und von professionellen Dolmetschenden übersetzt werden. Diese Angebote bieten gezielte Unterstützung für Therapeut/-innen, die mit traumatisierten Kindern und deren Familien arbeiten.
Darüber hinaus tragen wir zur Verbreitung von Studienergebnissen auf verschiedenen Ebenen – in Politik, Praxis und Wissenschaft – bei. Unser Ziel ist es, nicht nur Fachkreise, sondern auch eine breitere Öffentlichkeit in der ukrainischen Gesellschaft für die Bedeutung einer traumasensiblen Versorgung zu sensibilisieren. Beispielsweise werden Ergebnisse aus Fokusgruppen mit ukrainischen Therapeut/-innen wissenschaftlich ausgewertet und sollen so Hinweise über die Durchführung von TF-CBT in der Ukraine und in Kriegssituationen geben.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Zusammenarbeit mit anderen Netzwerken und Projekten. So kooperieren wir mit dem TF-CBT Training Programms an der Technischen Universität Saporischschja in der Ukraine. Zertifizierte Therapeut/ -innen aus diesem Projekt werden auch zu den Projektangeboten von TF-CBT Part II eingeladen. Zudem übernimmt unser Team die wissenschaftliche Evaluation des EMDR-Trainingsprogramms für ukrainische Therapeut/-innen.
Prof. Dr. Elisa Pfeiffer
M.Sc. Psych., M.A. Maike Garbade
Porticus Foundation
CBITS | Universitätsklinikum Ulm
Etwa 75% der Kinder und Jugendlichen in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen berichten davon, mind. ein traumatisches Ereignis wie z. B. körperliche Gewalt, Missbrauchserfahrungen oder Vernachlässigung erlebt zu haben. Eine mögliche Folge davon kann sein, dass die Kinder Traumafolgestörungen wie die posttraumatische Belastungsstörung entwickeln oder andere psychische Belastungen wie Traurigkeit, Angst oder Unsicherheit aufweisen. Eine frühe Behandlung kann helfen, weitere Probleme zu verhindern und langfristig die psychische Belastung der Kinder zu verringern. Tatsächlich haben die betroffenen Kinder jedoch nur einen begrenzten Zugang zu evidenzbasierten Traumatherapien. Daher hat das Forschungsprojekt „CBITS -Treat Trauma in Child Welfare“ das Ziel, traumatisierten Kindern und Jugendlichen in Jugendhilfeeinrichtungen einen Zugang zur Behandlung ihrer Traumafolgestörungen zu ermöglichen. Durch das Projekt soll die traumafokussierten Gruppenintervention CBITS wissenschaftlich evaluiert werden und in die reguläre Grundversorgung nachhaltig integriert werden.
Die Wirksamkeit und Machbarkeit der Gruppenintervention CBITS wird anhand einer randomisiert kontrollierten Studie (RCT) an drei Standorten (Marburg, Bochum, Ulm) mit insgesamt 9 kooperierenden Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen und 3 Studienzentren (Ausbildungszentren für Verhaltenstherapie) durchgeführt. Die primäre Zielgröße ist eine Reduktion der posttraumatischen Stresssymptomatik, welche vor und nach der Intervention sowie nach weiteren 6 Monaten durch standardisierte Screenings vor Ort erfasst wird. Insgesamt sollen 90 Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 16 Jahren, welche sich in einer Jugendhilfeeinrichtung befinden und eine entsprechende Traumasymptomatik aufweisen, in die Studie eingeschlossen werden. Für die Durchführung der Intervention werden insgesamt 24 Therapeut*innen in Kooperation mit den Autorinnen der Intervention aus den USA geschult und engmaschig supervidiert.
Die Gruppentherapie umfasst insgesamt 10 Gruppentermine á 45 Minuten und pro Teilnehmenden 1-3 Einzelsitzungen. Zusätzlich finden mind. 1-3 Termine für die Jugendhilfemitarbeitenden statt. Alle zur Studie angemeldeten Kinder und Jugendlichen erhalten eine Befundrückmeldung hinsichtlich psychopathologischer Auffälligkeiten (u.a. Depression, PTBS, Ängste).
Prof. Dr. Elisa Pfeiffer, Prof. Dr. Cedric Sachser
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Durch den Angriffskrieg in der Ukraine erlebten und erleben viele Menschen, darunter auch viele Kinder und Jugendliche, traumatische Ereignisse. Traumatische Erlebnisse können zu Stresssymptomen und psychosozialer Funktionseinschränkung bei betroffenen Kindern und Jugendlichen führen. Daher ist es Ziel dieses Projekts interessierte Fachkräfte in Gesundheitsberufen in der Ukraine und angrenzenden Ländern Weiterbildungen in evidenzbasierten Angeboten in der Behandlung von traumatisierten Kindern und Jugendlichen anzubieten. Ebenso soll ein gemeinsamer Austausch und Beratung zwischen Fachkräften und ehrenamtliche Helfer im Rahmen von Q&A Sessions angeboten werden.
Ein Ziel von „TF-CBT Ukraine“ ist, ukrainische Therapeut*innen in der evidenzbasierten Traumatherapie „Traumafokussierte Kognitive Verhaltenstherapie“ (kurz: TF-KVT, engl. TF-CBT) auszubilden, diese in der Durchführung der Therapie zu begleiten und somit die psychische Gesundheit von ukrainischen Kindern, Jugendlichen und deren Familien zu verbessern. Durch „TF-CBT Ukraine“ wird es langfristig mehr ukrainische Therapeut*innen geben, die traumatisierten Kinder und Jugendliche in der Ukraine und in den benachbarten Ländern, mit einer evidenzbasierten Traumatherapie helfen können. Somit leistet „TF-CBT Ukraine“ einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in krisenbehafteten Regionen der Welt. Ebenso soll im Rahmen von Q&A Sessions und Webinaren ein Austausch und Beratung zwischen professionellen und ehrenamtlich Tätigen Personen in der Ukraine und in angrenzenden Ländern stattfinden.
Ukrainische Therapeut:innen erhalten innerhalb des Projekts die Möglichkeit, ein zertifiziertes TF-KVT Weiterbildungsprogramm zu durchlaufen. Sie erhalten Zugang zu notwendigen Selbstlernmaterialien (Web-training, gesponsert durch die Entwickler*innen der TF-KVT, oder das ukrainische/ russische TF-KVT Manual), nehmen an einem dreitägigen digitalen Training teil und erhalten über ein Jahr hinweg monatliche Supervision durch erfahrene TF-KVT Trainer:innen aus der ganzen Welt. Innerhalb dieses Jahres behandeln sie mindestens 5 Patient:innen unter Supervision. Außerdem werden Therapiematerialien in ukrainischer und russischer Sprache bereitgestellt, welche für die Therapie der Kinder und Jugendlichen genutzt werden können. Fast jeden Monat startet aktuell eine neue Trainingsgruppe mit bis zu 30 ukrainischen Therapeut:innen. Zusätzlich erhalten die Therapeut:innen Zugang zu ergänzenden Workshops zu angrenzenden Themen wie Trauer bei Kindern und Jugendlichen oder Traumadiagnostik.
Das Programm wird an mehreren Stellen wissenschaftlich evaluiert. Zum einen beantworten Therapeut:innen selbst in einer Online-Umfrage Fragen zu ihrer Person und ihrem Vorwissen. Zum anderen werden Daten zur Symptomatik der Patient:innen für die Evaluation der Effektivität der TF-KVT erhoben. Im Sinne eines Qualitätsmanagements werden außerdem alle Therapeut:innen gebeten am Ende ihres 3-tägigen Online-Trainings eine Feedback-Umfrage auszufüllen. Ebenso finden Q&A Session zu den Themen Folgen von Traumatisierung, PTBS, Trauer oder Assessment von Belastungen statt.
Prof. Dr. Elisa Pfeiffer, Prof. Dr. Cedric Sachser
Porticus Foundation
Der Begriff „Misophonie“ beschreibt ein Phänomen, bei dem Betroffene eine negative physiologische und emotionale Reaktion bei Konfrontation mit speziellen („misophonischen“) Reizen zeigen. Die als aversiv wahrgenommenen Reize (sog. „Misophonie Geräusche“) umfassen bspw. Essgeräusche, nasale/Atemgeräusche oder wiederholte Bewegungen. Die darauffolgende emotionale Reaktion kann sich in einer Vielzahl von Gefühlen ausdrücken. Bislang wurde die Misophonie in der Diagnostik und Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen kaum berücksichtigt. Das Ziel von „MiJu“ ist daher die systematische Erfassung von misophonischen Reizen und Misophonie Symptomen bei einer Inanspruchnahme Population von Kindern und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendpsychiatrischen/ psychotherapeutischen Versorgung. Außerdem wird die komorbide Symptomatik und Lebensqualität erfasst und der Misophonie Fragebogen (SMS-Adolescent) für Kinder und Jugendliche soll in der deutschen Sprache validiert werden.
Das Projekt „MiJu“ ist eine multizentrische Studie, die an insgesamt 4 Standorten in Deutschland und Österreich stattfindet. An dem Projekt können Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 21 Jahren teilnehmen, die sich in einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen/ Psychotherapeutischen Behandlung in einer der teilnehmenden Kliniken befinden. Im Rahmen der Erhebung werden die am Projekt teilnehmenden Kinder und Jugendlichen sowie ihre Eltern/Sorgeberechtigten zunächst über das Projekt informiert. Anschließend beantworten die Kinder und Jugendlichen insgesamt neun Fragebögen zu den Bereichen Misophonie, Lebensqualität, Depression, Ängste, PTBS, Zwänge, Reizbarkeit und Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag. Der Erhebungszeitraum beträgt insgesamt 10 Monate. Im Anschluss an die Erhebung werden die Daten zusammengeführt und ausgewertet, um Publikationen zu erstellen und den Misophonie-Fragebogen zu validieren.
Prof. Dr. Elisa Pfeiffer
Das Erleben des Angriffskrieges in der Ukraine, die Flucht nach Deutschland und die Trennung von ihrem zuhause und häufig auch von den Vätern kann für ukrainische Kinder eine erheblich psychische Belastung darstellen. Die potenziell traumatischen Ereignisse übersteigen häufig die Fähigkeiten der Kinder, mit der damit verbundenen Angst und dem Stress umzugehen. Die psychische Belastung kann auch dann noch hoch sein, wenn die Kinder bereits in Sicherheit sind.
Die Frühintervention „Huggy Puppy“ wurde 2006 von einem Forscherteam in Israel entwickelt (Sadeh, Hen-Gal & Tikotzky, 2008). Sie kann Kindern im Vorschul- und Grundschulalter angeboten werden, die stressigen oder traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt waren. Die Intervention kann den Kindern dabei helfen, aktive Stressbewältigungsstrategien einzusetzen und ihre Gefühle zu regulieren. Durch das Versorgen und das Aufbauen einer Bindung zu dem Kuscheltier können Stress- und Traumareaktionen gelindert werden.
Das Projekt wird gemeinsam mit Frau Dr. Andrea Hahnefeld umgesetzt, die die Intervention auch in ihrer Interdisziplinären Kindertraumasprechstunde (IKTS) in München anbietet.
Die Intervention „Huggy Puppy“ wird für geflüchtete ukrainische Kinder im Alter von 3 – 10 Jahren angeboten. Beim ersten Termin findet nach dem Kennenlernen eine Psychoedukation für Eltern und Kinder über Trauma, die Bedürfnisse von Kindern und Unterstützungsmöglichkeiten statt. Anschließend stellt eine psychologische ukrainische Mitarbeiterin den Kindern die Stofftiere vor. Sie erzählt ihnen eine Geschichte, mit welcher die Kinder erfahren, dass auch der Teddybär Huggy gerade weit weg von Zuhause, traurig und allein ist. Die Kinder werden gefragt, ob sie sich um Huggy kümmern möchten. Wenn sie zustimmen, wird den Kindern demonstriert, wie sie den Teddy umarmen und wie sie umarmt werden können. Die Eltern werden gebeten, das Interesse der Kinder in das Stofftier zu unterstützen. Nach drei Wochen findet ein erneutes Treffen mit der Familie mit Feedback zur Intervention statt. Bei beiden Treffen wird ein Screening zur Einschätzung der Symptome der Kinder durchgeführt.
Die Intervention wurde bereits mit einigen Kindern durchgeführt und wird wissenschaftlich begleitet sowie fortlaufend weiterentwickelt, basierend auf Erfahrungen der Durchführenden.
Prof. Dr. Elisa Pfeiffer, PD Dr. Andreas Witt, Prof. Dr. Cedric Sachser
Dr. rer. nat. Andrea Hahnefeld, TU München
Das Projekt „Huggy Puppy“ wird gefördert von der Vector Stiftung, die im Rahmen eines Soforthilfeprogramms Fördermittel zur Verfügung stellt, um geflüchtete ukrainische Forschende zu beschäftigen.
Die bei der Intervention eingesetzten Kuscheltiere werden von der Firma Steiff (Margarete Steiff GmbH) gespendet.
Seit 2015 leben bis zu 70.000 unbegleitete junge Geflüchtete in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen in Deutschland. Um jungen Geflüchteten, welche ein erhöhtes Risiko für psychische Probleme aufweisen, eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen, ist es grundlegend, die Gesundheitsversorgung dieser jungen Menschen zu verbessern. Das Ziel von „BETTER CARE“ besteht somit darin, (unbegleiteten) jungen Geflüchteten eine an ihre Bedürfnisse angepasste, gestufte gesundheitliche Versorgung zu bieten. Die am Projekt teilnehmenden Jugendhilfeeinrichtungen werden zufällig entweder der üblichen Versorgung, verbunden mit einer aktuellen Belastungseinschätzung ihrer Jugendlichen, oder der „BETTER CARE“-Versorgung zugeteilt. Diese „BETTER CARE“-Versorgung beinhaltet eine evidenzbasierte trauma-fokussierte Verhaltenstherapie bei klinisch relevanten Stresssymptomen und das Präventionsprogramm „Mein Weg“ bei milden bis moderaten Stresssymptomen. Die Verhaltenstherapie umfasst 12-18 Einzelstunden mit einer/einem Therapeuten/in, die/der durch das Projektteam speziell geschult wird. Das Präventionsprogramm wird durch Sozialarbeiter/-innen der jeweiligen Einrichtungen angeleitet, die ebenfalls durch das Projektteam extra geschult und supervidiert werden. Das „BETTER CARE“-Projekt bietet Jugendhilfeeinrichtungen somit eine Unterstützung und ein zielgerichtetes Training, mit wissenschaftlich erprobten Methoden.
Prof. Dr. Elisa Pfeiffer, Prof. Dr. Cedric Sachser
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Prof. Dr. Tine Jensen, Dr. Cedric Sachser, Prof. Dr. Lucy Berliner
Prof. Dr. Lutz Goldbeck, Dr. Elisa Pfeiffer
Das Erleben von traumatischen Ereignissen wie körperliche Gewalt, Kriegserlebnisse, lebensbedrohliche Fluchtumstände oder Missbrauchserfahrungen können zu schwerwiegenden negativen physischen und psychischen Folgen führen. Kinder und Jugendliche entwickeln nach dem Erlebnis solcher Ereignisse oft posttraumatische Stresssymptome (PTSS), welche eine starke psychosoziale Belastung darstellen.
In diesem Kontext haben Studien gezeigt, dass vor allem auch minderjährige Flüchtlinge stark belastet sind aufgrund des Erlebens z.T. komplexer Traumata und Mangel an sozialer Unterstützung, was zu einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen und einem hohen Schweregrad von PTSS führen kann. In einem internationalen Vergleich zeigt die bisherige Studienlage, dass etwa 60% minderjähriger Flüchtlinge unter posttraumatischen Stresssymptomen leiden. Jedoch erhalten nur etwa 4% der z.T. schwer traumatisierten minderjährigen Flüchtlinge psychologische Hilfe aufgrund von verschiedenen Barrieren wie anfallenden Kosten (auch von Dolmetschern) oder kulturellen und sprachlichen Problemen. Die Entwicklung weiterer ökonomischer Behandlungsmethoden für junge Flüchtlinge ist somit unbedingt notwendig.
Wir erleben diese Lücke im psychischen Gesundheitsversorgungssystem täglich in unserer Klinik. Dies führte im Januar 2016 zur Entwicklung des Projekts MEIN WEG, welches der Evaluation einer vorklinischen traumapädagogischen Gruppenintervention für (unbegleitete) junge Flüchtlinge in Jugendhilfeeinrichtungen dient. Das Ziel des Projekts ist somit die Wirksamkeit einer traumapädagogischen Gruppenintervention für belastete minderjährige Flüchtlinge mit PTSS im Jugendhilfesetting zu überprüfen. Weitere Ziele sind Verbesserungen in den Bereichen depressive Symptome und Funktionsniveau.
Die Teilnahme an der Intervention wird den Teilnehmern zusätzlich zu ihrer üblichen pädagogischen Betreuung im Jugendhilfesystem angeboten. Die Intervention soll über die gesamte Projektlaufzeit hinweg nachhaltig in den kooperierenden Einrichtungen in die pädagogische Betreuung integriert werden. Die Inhalte der Gruppenintervention wurden von evidenzbasierten Traumatherapien abgeleitet und an die Zielgruppe sprachlich angepasst. Die Hauptkomponenten umfassen Psychoedukation, Relaxation, Traumanarrativ und kognitive Umstrukturierung.
Das Projekt MEIN WEG wurde in drei überschneidende Projektphasen eingeteilt: Pilotphase (01.2016-06.2016), Randomisiert kontrollierte Studie (08.2016-08.2017) und Disseminations- und Implementationsphase (09.2017-08.2018). In der Pilotphase wurde die Intervention entwickelt und in 6 Jugendhilfeeinrichtungen evaluiert. Hierdurch haben sich erste Hinweise auf die Wirksamkeit der Intervention ergeben. Die jungen Flüchtlinge, welche an der Intervention teilgenommen haben, haben danach weniger posttraumatische Stresssymptome berichtet als vor der Intervention. Anschließend wurden insgesamt 7 Jugendhilfeeinrichtungen aus Baden-Württemberg und Bayern zur randomisiert kontrollierten Studie eingeladen. Die jungen Flüchtlinge aus den Einrichtungen wurden nach einem initialen Screening entweder einer Intervention oder der regulären pädagogischen Betreuung zugeteilt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Jugendlichen, welche an der Intervention teilgenommen hatten, danach weniger Symptome (Posttraumatische Stresssymptome und Depression) berichteten, als Jugendliche in der regulären Betreuung ohne Intervention. Langzeiteffekte der Intervention konnten auch nachgewiesen werden. In der letzten Projektphase soll die Intervention nachhaltig in den kooperierenden Einrichtungen implementiert und in weiteren Einrichtungen disseminiert werden. Das Manual wird voraussichtlich noch dieses Jahr veröffentlicht und ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziertes Folgeprojekt zu welchem weitere Jugendhilfeeinrichtungen eingeladen werden beginnt im Herbst 2018.
Prof. Dr. Lutz Goldbeck, Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Dr. Elisa Pfeiffer
World Childhood Foundation (2016 - 2018)
Otto-Käßbohrer-Stiftung Ulm (2015 - 2016)
Ausführlichere Informationen zu den Projekten finden Sie unter folgendem Link: