Lieber Herr Bobanovic, vielen Dank, dass Sie uns etwas über Ihre Studien- und Berufserfahrungen erzählen. Was waren Ihre Gründe, das Studium Religionspädagogik anzufangen? Wie sind Sie darauf aufmerksam geworden und warum gerade Eichstätt?
Die Entscheidung für den Studiengang der Religionspädagogik in Eichstätt war zunächst eine pragmatische. Es war der Studiengang, der mich auf kürzestem Weg zum Wunschberuf des Religionslehrers qualifizierte. Die Abteilung in München war 2007, als ich mit dem Studium begann, bereits geschlossen. Da ich damals jedoch schon verheiratet war und meine Frau und ich in München lebten und arbeiteten, musste ich von München nach Eichstätt pendeln. Das führte dazu, dass ich die Vorzüge, welche die KU ihren Student*innen bot, nicht ganz auskosten konnte und, dass ich viel als Autodidakt arbeiten musste.
Was hat Ihnen an Ihrem Studium in Eichstätt am besten gefallen? Warum würden Sie es weiterempfehlen?
Dank des illustren Lehrkörpers hatten die meisten Vorlesungen und Seminare viel Tiefsinn. Einerseits wählte ich das Studium der Religionspädagogik, da es mich – wie bereits erwähnt – am schnellsten zum Beruf führte. Ab einem bestimmten Alter muss man leider in diesen Kategorien denken. Doch andererseits wollte ich etwas über die Welt und das Leben lernen. So bin ich dankbar für die zahlreichen charismatischen Hochschullehrer*innen, die in mir den Wunsch nach mehr weckten.
Es ist jedoch ein weiterer Aspekt zu nennen: In diesem Studiengang wurde die theoretische Theologie „griffig“. Die zahlreichen Praktika zeigten, welche Modelle praktikabel sind und welche nicht. Darüber hinaus konnte man aufgrund der vorgeschriebenen Praktika schnell merken, wohin man wirklich möchte und ob das, was man sich in seiner Vorstellung zurechtgebogen hatte, tatsächlich der Wirklichkeit entsprach.
Welche Themen oder Lehrveranstaltungen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Was war Ihnen besonders wichtig?
Das Studium begann ich mit 28 Jahren, da ich vorher schon in der freien Marktwirtschaft tätig war. In der alltäglichen Geschäftswelt fehlte mir persönlich auf Dauer der Tiefsinn, und so entschied ich mich dazu, ein Studium zu beginnen und nebenbei zu arbeiten, damit ich alles finanzieren kann. Das tat ich, da ich nach Wissen und Erkenntnis strebte, was zunächst sehr pathetisch klingt. Aber das war es letztlich. Am Anfang des Studiums war ich derart dankbar, erfahrenen und hochgebildeten Menschen zuhören zu dürfen, dass ich mir gar nicht die Frage stellte, welche Veranstaltungen bei mir Priorität hätten. Doch retrospektiv blieben mir die Vorlesungen und Seminare von drei Professoren in besonderer Erinnerung: Philosophie und Fundamentaltheologie bei Professor Willers, Moraltheologie bei Professor Sill und Religionspädagogik bei Professor Meier. Noch heute erwische ich mich ab und an, dass ich in den alten Unterlagen meines Religionspädagogik-Studiums, die unten im Keller in den Kartons verstaut sind, etwas nachlese.
Haben Sie einen Tipp für unsere Studienanfänger*innen im BA Religionspädagogik?
Ich bin kein Freund von »Ich an Deiner Stelle«. Jeder geht seinen Weg; und indem er ihn geht, geht er ihn auf seine Weise. Das Wichtigste ist natürlich, das zu studieren, wofür man brennt. Das gab mir die Kraft, die Strapazen des Pendelns und des vielen nebenher Arbeitens vier Jahre lang durchzustehen.
Wo sehen Sie die Entwicklungsmöglichkeiten für den Studiengang, um einer zeitgerechten lebendigen Kirche und Gesellschaft Impulse zu geben?
Mein Studium der Religionspädagogik ist schon eine Weile her. Inzwischen hat sich viel verändert. Der Studiengang ist modularisiert und manche Hochschullehrer*innen sind inzwischen auch im Ruhestand. Daher kann ich diese Frage nicht en detail beantworten. Was sich aber immer und zu jeder Zeit bezahlt gemacht hat, ist die gute Qualität der Lehre und der Lehrenden. Es gibt für die jungen Menschen viel zu lernen, da die Welt im permanenten Wandel ist. Daher denke ich, dass die Aktualität und Qualität des gelehrten Materials von zentraler Bedeutung ist – und bleibt.
Wohin hat Ihr Studium Sie beruflich geführt? Haben Sie sich für eine Weiterqualifikation entschieden? Als was und wo arbeiten Sie momentan?
Nach Abschluss des Studiums der Religionspädagogik ging ich zwei Wege. Der eine führte mich in die Münchner Mittelschulen, wo ich seit 2011 ununterbrochen unterrichte. Der andere führte mich zur Philosophie. Kurz nachdem ich das Studium der Religionspädagogik angefangen hatte, entschied ich mich für ein Parallelstudium der Philosophie in München. Das absolvierte ich an der Hochschule für Philosophie im Jahr 2013 und erlangte den Bachelor of Arts. Ein Jahr später widmete ich mich dem Studium der „Theoretischen Philosophie“ an der LMU und schloss dieses im Jahr 2016 ab und erlangte den Master of Arts. Gleich im Anschluss begann ich ein Promotionsstudium der Philosophie, welches inzwischen in der Endphase ist. Wie es nach dem PhD (Dr. phil.) weitergeht, muss ich abwarten. Was für Möglichkeiten sich auch immer ergeben werden, der Beruf des Lehrers gefällt mir so gut, dass ich eigentlich nicht daran denke, etwas Anderes zu machen. Fakt ist, dass die Philosophie meine große Leidenschaft ist. Glücklicherweise ist diese Leidenschaft nicht an eine bestimmte Arbeitsstelle gekoppelt. Nun generiert das Leben Winde. Manche kann man nutzen, andere wiederum nicht. Da fällt mir ein schöner Spruch ein, den Professor Meier in einer seiner Vorlesungen sagte: „Ein Kapitän, der nicht weiß wohin er will, für den ist jeder Wind schlecht.“.
Was macht Ihnen an Ihrem Beruf, bzw. in Ihrem weiteren Studium besonders Spaß?
Sowohl die Berufswahl als Religionslehrer, als auch meine philosophischen Projekte – beides waren Treffer ins Schwarze. Als Lehrer kann man völlig autonom und kreativ arbeiten. Und wenn man sich darauf einlässt, helfen die jungen Menschen, mit welchen man arbeiten darf, dass man selbst ein Stück weit jung bleibt. Dazu kommt der Religionsunterricht, der den jungen Menschen einen Aspekt der Realität aufzeigt, der sonst viel zu kurz kommen würde. Das Leben ist eben mehr als Mathematik und manche Fragestellungen führen uns in Sphären, die man nicht mehr auf analytische Weise zu durchdringen vermag. Irgendwann fangen die Dinge an zu pixeln, werden unscharf. Dann muss man andere Methoden anwenden, wenn man sich nicht verlieren möchte. Was uns auch gleich zu der Philosophie bringt. Mein Unterricht wird von der Philosophie derart bereichert, dass er auf die Schüler*innen auch erfrischend und zeitgemäß wirkt. Ich bin dankbar, dass ich beides – theologische und philosophische Grundfragen – sinnvoll und zielführend im Unterricht verknüpfen kann.
Als Philosoph habe ich angefangen zu publizieren. Irgendwann hat man so viel gehört und gelernt, dass man selbst etwas zu sagen hat. Das spannende Leben eines Philosophen oszilliert zwischen der Lektüre fremder Texte und des Verfassens eigener. Und jedes Mal, wenn ich ein neu bestelltes Buch aufschlage, eröffnet sich eine neue Welt, die meine Imagination in Sphären führt, die ich so nie erwartet hätte – vorausgesetzt, man bestellt die richtigen Bücher ????
Wann denken Sie in Ihrem Berufsalltag an Ihr Relpäd.-Studium? Gibt es etwas, was rückblickend in einem anderen Licht erscheint? Aus welchen Erfahrungen können Sie für Ihren Berufsalltag besonders schöpfen?
Wer sich mit der KI (künstlichen Intelligenz) beschäftigt, gelangt früher oder später zu dem Thema der Neuroplastizität des Gehirns. Mir gefällt der Gedanke, dass sich das Gehirn prozesshaft anpasst und durch die Dinge, die es lernt, neue Strukturen bildet. Jede Information, die ich aufnehme, verändert mein Gehirn. Das tat auch die Religionspädagogik bei mir. Vier Jahre lang. Das Studium bildete den Grundstein für alles Weitere. Es prägte mein Denken. Durch das Studium der Religionspädagogik erkannte ich zudem, dass ich gern unterrichte, dass mir der Lehrerberuf sehr liegt und, dass ich mich gern mit suchenden Jugendlichen auf den Weg mache, um spannenden Fragen des Lebens nachzugehen.
Durch die Philosophieveranstaltungen bei Professor Willers wurde mir natürlich besonders klar, dass mich dieses Fach erfüllt. Ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Weg gehen durfte. Danke an alle, die damals meine Weggefährten waren – Kommiliton*nnen und Hochschullehrer*innen.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute Ihnen.