Libanon: Zeitenwende in der "Zedernrepublik"

Ausstellungsplakat

Die Forschungsstelle Christlicher Orient – in enger Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Theologie des Christlichen Ostens – initiierte im Herbst 2019 einen Fotowettbewerb zum Thema „Zeitenwende in der Zedernrepublik – Das Christentum im Libanon zwischen Dauer und Wandel“. Hierzu erfolgte an verschiedenen Universitäten und Partnerinstitutionen im Libanon eine entsprechende Ausschreibung. Hervorzuheben ist dabei zunächst die Université Saint-Esprit in Kaslik (nördlich von Beirut) unter der Trägerschaft der maronitischen Kirche. Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt pflegt bereits seit vielen Jahren eine Partnerschnaft mit Kaslik, die nicht zuletzt zurückgeht auf die Initiative des ehemaligen stellvertretenden Direktors der Forschungsstelle Christlicher Orient, Heinz Otto Luthe. Der an der Heilig-Geist-Universität lehrende, renommierte Ikonograph Abdo Badwi war bereits mehrfach zu Gast in Eichstätt. Und zu nennen ist auch die Universität Balamand, Trägerin ist hier das Griechisch-Orthodoxe Patriarchat von Antiochien. Elie Dannaoui ist dort als Leiter des ersten Instituts für Digital Humanities in der arabischen Welt tätig. Mit ihm hat die Forschungsstelle Christlicher Orient bereits ein Digitalisierungsprojekt zu syrischen Handschriften realisiert.

Junge christliche Libanesinnen und Libanesen waren also aufgefordert, ihre Glaubenswelt fotographisch festzuhalten. Dabei sollten vor allem die Fragen nach der reziproken Beeinflussung von Alltag und Glaube im Vordergrund stehen: Wie beeinflusst der christliche Glaube meinen Tagesablauf? Wo wird mein Glaube im Alltag sichtbar? Des Weiteren wurde nach interreligiösen Aspekten gefragt. Aber nicht nur an die Begegnung mit dem Islam war dabei gedacht. Eine Darstellung des Libanon wäre unvollständig gewesen ohne die Berücksichtigung des spannungsreichen Kontaktfeldes Religion–Politik/Staat. Kreative Fotographien von Architektur, Devotionalen, Liturgie, Ritualen und vielem mehr waren vorstellbar.

Die digitale Ausstellung zeigt nun die von Studierenden verschiedenster Fachrichtungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universitäten, und auch professionellen Fotographen eingereichten Beiträge. Das Spektrum reicht von Porträts charismatischer Einzelpersönlichkeiten über Landschaftsbilder, auf denen Klöster als Pilgerziele abgelichtet sind, bis hin zu Aufnahmen des privaten, interreligiösen „Herrgottswinkels“.

Gezeigt wird auch das Gewinnerfoto des Wettbewerbs, das mit einem Preisgeld ausgezeichnet wurde. Es stammt von Nouhad Kamel, Master-Student der Englischen Sprach- und Literaturwissenschaften in Kaslik. Er hat seine Fotographie überschrieben mit dem Titel „Things Fall Apart“. Inmitten der politischen Unruhen im Libanon blickt der Heilige Charbel – der maronitische Mönch aus ärmlichen Verhältnissen ist sowas wie ein Nationalheiliger – über sein Volk, das auf die Straße geht, um gegen die grasierende Korruption und Ungerechtigkeit zu protestieren. Im Hintergrund stehen bedrohlich die Türme der Zouk Power Station – der größten Stromfabrik des Landes, die ihre giftigen Dämpfe in die Atmosphäre entlassen. Die Verbindung des regional-politischen Themas – die  anhaltenden Prosteste im Libanon – und der weltpolitisch diskutierten Umweltverschmutzung mit einer selbstverständlichen Religiosität bewogen zur Entscheidung, dieses Bild auszuzeichnen.