Fachprofil

Francisco de Goya: Der Name Gottes (JHWH), Detail aus dem Deckenfresko der Basílica del Pilar (1772)
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Glaube und Kirche durchlaufen derzeit einen tiefgreifenden Wandel, der im größeren Zusammenhang gesellschaftlicher und kultureller Veränderungen in einer zunehmend globalisierten Welt-Gesellschaft steht. Auf der einen Seite beschleunigen sich Prozesse von Säkularisierung, der Abbruch von Traditionen, religiöser Bindung und Praxis, auf der anderen Seite gibt es neue spirituelle Suchbewegungen, Erfahrungen des Gottvermissens und eine radikale Pluralisierung der Lebensentwürfe und der religiösen Landschaft, verbunden mit ambivalenten Phänomenen einer „Wiederkehr der Religion“ in Politik und Öffentlichkeit. Die ökologische Krise, die Polarisierungen und die Gewaltdynamiken einer zugleich globalen und fragmentierten Welt haben auch eine spirituelle Dimension, die theologisch zu bearbeiten ist. In Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen spitzen sich kulturelle und religiöse Konflikte zu, die nicht nur zwischen Religionen und Kulturräumen verlaufen, sondern die primär in diesen selbst aufbrechen: zwischen verschiedenen Glaubensstilen, Denkformen, Lebensentwürfen und Handlungsoptionen.

Der Lehrstuhl wurde als erste DFG-Heisenberg-Professur in der Theologie zum Sommersemester 2016 errichtet. Seine Aufgabe ist es, die derzeitigen Transformationsprozesse in Gesellschaft, Kirche und im Feld des Religiösen theologisch und interdisziplinär zu reflektieren. Dies geschieht in drei Perspektive:

 

  • Im Aufgreifen der Problemlagen und der (gerade auch theologischen) Fragen, die in den derzeitigen gesellschaftlichen Umbrüchen und in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen aufbrechen und sich nur transdisziplinär bearbeiten lassen.
  • In der Begleitung des tiefgreifenden Wandels im Verständnis des Glaubens, seinen Lebensformen und den Sozialformen von Kirche, der die Suche nach einer angemessenen Sprache, nach Vollzugsformen und einer zeitgemäßen Sozialgestalt des Glaubens nötig macht.
  • Im Bemühen, in konstruktiver Weise Begegnung, Konfliktaustrag und Dialog zwischen unterschiedlichen Theologien, Glaubensverständnissen und Glaubensstilen zu ermöglichen, um zugleich damit in spannungsreicher, aber produktiver Weise die Potentiale der religiösen Traditionen und speziell des christlichen Glaubens neu ins Spiel zu bringen.

 

Die inter- und transdisziplinäre Arbeit des Lehrstuhls sowie die Vernetzung der religionsbezogenen Forschung an der KU war eng verbunden mit dem Aufbau des KU Zentrums Religion, Kirche, Gesellschaft im Wandel (ZRKG), das zum 01.10.2019 eingerichtet wurde und dessen Gründungsdirektor Martin Kirschner ist. Aufgrund der regionalen Schwerpunkte zu Europa und Lateinamerika bestehen außerdem Kooperationen mit der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie und ihrer deutschen Sektion, mit dem ZILAS und dem Stipendienwerk Lateinamerika ICALA.