Der Weltklimarat (IPCC) warnt uns vor weltweiten Umwelt- und Entwicklungsproblemen, die durch die Auswirkungen der Erderwärmung auf uns zukommen werden. Ein Wandel hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft wird dringend benötigt, um das 2°C-Szenario auf 1,5°C einzudämmen (IPCC 2018). Bildung spielt für diesen Wandel eine ganz zentrale Rolle und wird als „Katalysator für die Sicherung einer besseren und nachhaltigeren Zukunft für alle" (UNESCO 2014: 3) anerkannt. Dies wird durch das „Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“ (WAP) verdeutlicht. Die „Roadmap zur Umsetzung des Weltaktionsprogrammes BNE“ bringt diese Überzeugung mit folgenden Worten auf den Punkt:
„Wir müssen unser Denken und Handeln verändern und uns klar darüber werden, wie wir alle voneinander abhängen und wie wir mit den Ökosystemen umgehen, die unsere Lebensgrundlage sind. Um eine gerechtere, friedlichere und nachhaltigere Welt zu erschaffen, brauchen wir alle mehr Wissen, Kompetenzen und verbindende Werte sowie ein stärkeres Bewusstsein für die Notwendigkeit einer solchen Veränderung. An dieser Stelle spielt Bildung eine entscheidende Rolle. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist der Weg zu einer besseren Zukunft für alle – und dieser Weg beginnt hier und jetzt.“ (UNESCO 2014: 8)
Das Programm Bildung für nachhaltige Entwicklung: die globalen Nachhaltigkeitsziele verwirklichen (BNE 2030) (UNESCO 2021) als Nachfolgeprogramm des WAP legt seinen Fokus ganz gezielt auf „die Schlüsselrolle von BNE für die Verwirklichung der 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) sowie für die große individuelle und gesellschaftliche Transformation […], die zur Bewältigung dringender Nachhaltigkeitsherausforderungen erforderlich ist.“ (UNESCO 2021: 3). Zu dieser gesellschaftlichen Transformation gehört insbesondere die Transformation unseres Bildungssystems. Andreas Schleicher, der Direktor Bildung bei der OECD fasst diesen Ansatz konkret zusammen, indem er sagt
„Die Vermittlung von Lernstoff ist heute nicht mehr das Wesentliche. Es geht nicht mehr darum, was wir wissen – Google weiß alles. Es geht darum, was wir mit unserem Wissen tun können. Dafür brauchen Kinder in der Schule Raum [...] Am wichtigsten sind da Kreativität, das Vermögen, komplexe Lösungen zu finden, lateral zu denken, also abseits des Mainstream.“ (Prof. Andreas Schleicher 2019)
Um diesen Forderungen entgegen zu kommen, richtet BNE 2030 mit seinem zweiten Handlungsfeld zu Lern- und Lehrumgebungen dementsprechend seine Aufmerksamkeit darauf, „den Whole Institution Approach zu fördern, um sicherzustellen, dass wir lernen, wie wir leben, und leben, was wir lernen“ (UNESCO 2021: 3). Im Sinne des Nationalen Aktionsplans BNE sowie des aktuellen Programms BNE 2030 ist es dringend geboten , nicht nur die entsprechenden Inhalte einer nachhaltigen Entwicklung in Schulen und im Unterricht zu implementieren, sondern im Sinne eines Whole School Approach, Schulen zu Lernorten einer nachhaltigen Entwicklung zu transformieren.
Quellen:
Der Whole School Approach bildet einen ganzheitlichen Ansatz, um Schulen im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung zu gestalten.
Der Ansatz lässt sich in fünf Themenfelder gliedern, welche jeweils mehrere Themenbereiche umfassen.
⇒ Lebensraum Schule
⇒ Lernkultur
⇒ Schulkultur
⇒ Vernetzung
⇒ Governance
Der Whole School Approach bildet die Basis für die Transformationsbegleitung in den Schulen und dient als Leitplanke und Inspiration, um gemeinsam mit den Schulfamilien der Pilotschulen ein individuelles Zukunftsbild zu entwerfen.
Für die November/Dezember Ausgabe des Schulmagazins 5-10 wurde ein Artikel zum Whole School Approach - Ein ganzheitlicher Ansatz für die Umsetzung von BNE in Schulen verfasst. Die Ausgabe ist direkt über den Verlag erhältlich.
Die Schule ist als Arbeits- und Lernort für Schüler*innen, Lehrkräfte und weitere Mitarbeitende ein wesentlicher Teil ihres Lebensraums und damit ein bedeutsamer Wirkungsort.
Schulleben, Schulkultur und Unterricht stellen dabei wesentliche Ausgangspunkte für das Verstehen und Reflektieren von globalen Zusammenhängen dar, die durch digitale Werkzeuge und Methoden ergänzt werden.
Die Auswirkung, die das eigene Handeln auf die Welt nehmen kann, können im Schutzraum der Schule sichtbar gemacht werden und ermöglichen die Entfaltung wichtiger Zukunftskompetenzen.
Wichtig ist auch, dass das Schulgebäude lediglich als Teil des gesamten Lernorts verstanden wird. Räume außerhalb des Schulgeländes einschließlich der Wege dahin gehören ebenfalls dazu und sind als weitere Lernorte integrativ zu verstehen.
Eigenverantwortliches und selbstorganisiertes Lernen mit Bezug zum eigenen Lebensumfeld sind wichtige Voraussetzungen für die Entfaltung von Zukunftskompetenzen. Daher gilt es, eine entsprechende Lernkultur in der Schule bewusst zu entwickeln.
Perspektivenwechsel, Weltoffenheit, Reflexions- und Dialogfähigkeit stehen dabei im Zentrum der Bildung, damit der Umgang mit Komplexität, Ungewissheit, Ambiguität und Disruption für den Einzelnen gesund möglich ist.
Das Umsetzen von Wissen in zielführende Handlungen erfordert vernetztes Denken. Die Wirksamkeit des Einzelnen wird durch wertschätzendes und partizipatives Arbeiten in der Gemeinschaft erlebbar gemacht. Selbstverantwortung und Gemeinschaftsverantwortung sind zentrale Elemente der Lernkultur.
Eine Schulkultur, die von einem starken Gemeinschaftsgefühl, Gleichwertigkeit, Respekt und Kooperation geprägt ist, übt eine positive Wirkung auf alle Teilhabenden der Schule aus. Ein wertschätzendes Schulklima unterstützt die Schüler*innen darin, ihr Potential und ihre Freude am lebenslangen Lernen zu entwickeln.
Auch der respektvolle Umgang mit anderen und der Welt bereitet die Schüler*innen vor, mit der Welt bzw. dem Leben nachhaltig förderlich umzugehen. Für Lernbegleiter*innen ist eine positive Schulkultur Voraussetzung dafür, gelingende Beziehungen zu Schüler*innen, Kolleg*innen und Eltern aufzubauen.
Die Schulkultur und die damit einhergehende Schulgemeinschaft ist ein wichtiger Gelingens-Faktor für eine erfolgreiche transformative Entwicklung im Sinne der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung.
Ausgezeichnete Lernorte verstehen die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als Motor, um Innovation und Wandel am Lernort voranzubringen und damit eine nachhaltige Entwicklung in der Gesellschaft zu sichern. Sie öffnen sich zu ihrem Umfeld hin und/oder pflegen nationale und/oder internationale Partnerschaften im Bereich BNE bis hin zur Beratung anderer interessierter Institutionen.
In dem die Schule sich nach außen öffnet und sich mit anderen Institutionen vernetzt, können Lösungsansätze und Erfahrungen effektiv geteilt werden und damit den Wandel aktiv unterstützen und die Umsetzung beschleunigen, entsprechend den Forderungen des Nationale Aktionsplans BNE, der Roadmap ESD for 2030 sowie des Orientierungsrahmens Globale Entwicklung der KMK.
Innovative Schulen mit ganzheitlichem Konzept brauchen vor allem eine motivierte und veränderungswillige Schulgemeinschaft. Strategien zur Schulentwicklung orientieren sich stets an den individuellen Bedürfnissen der Schüler*innen. Im Vordergrund stehen die Entdeckung, Entfaltung und Stärkung der Zukunftskompetenzen.
Die Schulleitung versteht sich weitgehend als Moderatorin und Raumhalterin, um Mut, Inspiration und Kreativität zu ermöglichen und zu fördern. Sie setzt sich auch bereitwillig und erfolgreich als Krisenmanagerin und Konfliktlöserin ein. Sie sorgt für das Vorhandensein einer in der gesamten Schulgemeinschaft geteilten und sinnstiftenden Vision. Die Lehrkräfte orientieren ihr Handeln nach den in der Schulgemeinschaft vereinbarten Leitsätzen. Führungsrollen werden in der Breite der Schulgemeinschaft übertragen und gerne übernommen. Selbstorganisierte Teams schaffen und halten die erforderlichen Freiräume gemeinsam mit Schüler*innen und der erweiterten Schulgemeinschaft, um optimale Bedingungen für eine zukunftsfähige Lernlandschaft zu schaffen. Ihre eigenen persönliche Entwicklungs- und Fortbildungsziele sind dementsprechend ausgerichtet.
Meinungsverschiedenheiten werden lösungsorientiert für die Schulentwicklung genutzt. Eine positive Fehlerkultur wirkt unterstützend auf die lernende Organisation.