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Justin Veit - Neuzugang im ZRKG

Justin Veit ist seit September 2019 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Theologie in den Transformationsprozessen der Gegenwart an der KU Eichstätt-Ingolstadt. In seinem Dissertationsprojekt im Fach Philosophie befasst er sich mit „Gewissensregung und Konstitution des Selbst“. Seit Juni 2023 ist er nun assoziiertes Mitglied im ZRKG, Forschungsfeld II. Im nachfolgenden Interview stellt er sich und seine Forschungsschwerpunkte näher vor.

ZRKG: Lieber Herr Veit, derzeit arbeiten Sie an Ihrer Dissertation. Welchem Thema gehen Sie dabei nach?

A: In meiner Dissertation, an der ich aktuell arbeite, setze ich mich mit den ideen- und begriffsgeschichtlichen Wurzeln der Gewissensthematik in der Antike auseinander. Das begann mit einer Analyse der allerersten Bezugsstellen für dieses Thema in der griechischen Literatur, wie man sie in der Epik, den Dramen, der Geschichtsschreibung und der Philosophie finden kann und führte dann über eine Auseinandersetzung mit der Philosophie von Sokrates, Platon und Aristoteles hin zur Untersuchung der Texte von Cicero und Seneca aus römischer Zeit, mit der ich derzeit noch beschäftigt bin. Diesen geschichtlichen Teil will ich diesen Sommer gern abschließen und mir anschließend – wie der Arbeitstitel es auch widerspiegelt: "Gewissensregung und Konstitution des Selbst“ – systematisch Gedanken machen, wie man das, was man in der Antike finden kann, für einen neuen Blick auf die Gewissensproblematik heute fruchtbar machen kann.

ZRKG: Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen? Hat es so etwas wie einen starken Impuls, ein zentrales Motiv gegeben?

A: Während des Studiums der Theologie ist mir immer wieder aufgefallen, was für eine zentrale Kategorie das Gewissen darstellt – einen Punkt, an dem jegliche Art von Glaubenslehre eine Art subjektive Brechung erfahren muss durch die Frage nach der subjektiven Aneignung. Je nachdem, als was diese Instanz betrachtet wird und wie man ihre Wechselwirkung mit Vernunft und Wirklichkeit beschreibt, kann man hier zu unterschiedlichsten Zuordnungen kommen. Das hat mich motiviert, dieses Thema nach meinem Studium noch einmal zu vertiefen, woraufhin ich nach und nach auf die Frage gestoßen bin, woher der Gewissensbegriff eigentlich stammt und welches Phänomen damit ursprünglich und eigentlich beschrieben wird. Das gab letztlich den Ausschlag, die Texte antiker Autoren ins Zentrum der wissenschaftlichen Untersuchung zu rücken und daran anknüpfend Impulse zu entwickeln für eine neue Weise, heute das Gewissen zu verstehen und zu verorten.

ZRKG: Was motiviert Sie, einem interdisziplinären Forschungszentrum beizutreten? Gibt es Themen, die Ihnen dabei besonders wichtig sind?

A: Nicht nur im „stillen Kämmerlein“ am eigenen Projekt zu arbeiten, sondern sich in den Austausch mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu begeben, habe ich immer als etwas Bereicherndes erlebt. So ist mir z. B. während der Tagungen, die vom Lehrstuhl für Theologie in den Transformationsprozessen der Gegenwart sowie vom ZRKG ausgerichtet wurden, aufgefallen, wie gut sich die Ergebnisse der historischen Analyse im Hinblick auf das Gewissen mit insbesondere postmodernen philosophischen Ansätzen verbinden lassen – eine Entdeckung, der ich im systematischen Teil der Arbeit sicher weiter nachgehen werde. Aus der laufenden Arbeit des ZRKG korrespondiert denke ich in besonderer Weise das Forschungsfeld II - Persönlichkeitsbildung heute: Herausforderungen, Formen, Grundlagen - mit meinem derzeitigen Forschungsschwerpunkt. Hier freue ich mich besonders auf den Austausch über Fragen von Bildung und Erziehung, Psychologie oder auch Erkenntnistheorie – und lasse mich ansonsten erst einmal einfach auf die Begegnungen, Gespräche und Projekte ein, um zu sehen, wo sich interessante Anknüpfungspunkte ergeben.

ZRKG: Gibt es eine Disziplin neben Ihrem eigenen Fach, der sie sich besonders verbunden fühlen? Und wenn ja – warum?

A: Je nachdem, aus welcher Perspektive man fragt: Fragt man mich als Theologe, würde ich sicher die Philosophie als das Fach nennen, mit dem ich am meisten verbunden bin – das hat mit der persönlichen Faszination der Wahrheitssuche und ganz besonders mit der Erfahrung gelingender (und manchmal auch misslingender) Dialoge darüber zu tun. Fragt man mich als angehender Philosoph, dann ist es für mich einerseits spannend, aus einem anthropologischen Blickwinkel auf ethische sowie auf gesellschaftliche und politische Fragen zu schauen; andererseits ist es für mich eine – in Teilen auch noch erschreckend offene – Frage inwiefern philosophische und theologische Themen miteinander wechselwirken und ob es Möglichkeiten gibt, Brücken zwischen der einen und der anderen Wissenschaft zu bauen.

ZRKG: Vielen Dank für das Gespräch.