PD Dr. Benedikt Brunner studierte Geschichts- und Politikwissenschaft sowie Evangelische Theologie in Münster, Marburg und Bonn und wurde 2017 an der Universität in Münster promoviert. Er ist seit 2018 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz, tätig. 2024 hat er sich mit einer Arbeit zum Thema "Den Tod ins Leben ziehen. Vergleichende Perspektiven auf den protestantischen Umgang mit Tod und Sterben in der Frühen Neuzeit (1580–1750)" an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Mainz habilitiert. Seit dem Sommersemester 2024 vertritt er die Professur für Neuere Kirchengeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Im November 2024 wurde er als assoziiertes Mitglied im FF I am ZRKG aufgenommen. Im nachfolgenden Interview stellt er sich und seine Forschungsschwerpunkte näher vor.
ZRKG: An welchem Projekt arbeiten Sie aktuell?
Brunner: Im Anschluss an mein Habilitationsprojekt arbeite ich an einem Projekt, das der Frage nachgeht wie im Christentum der Frühen Neuzeit durch Predigtliteratur verschiedene Lebensentwürfe sakralisiert worden sind, aber bestimmte Ansätze auch desakralisiert werden konnten. Vor allem der Tod wurde als Gelegenheit gesehen, um den Menschen zentrale Normen des Christentums zu vermitteln sowohl hinsichtlich ihres Lebens und Sterbens, aber auch in Bezug auf den Umgang mit Emotionen. Ein zweites Projekt aus dem Bereich der Kirchlichen Zeitgeschichte analysiert den Zusammenhang von Säkularisierungserfahrungen und Zukunftsprogrammen im deutschsprachigen Protestantismus seit den 1960er Jahren. Im Vordergrund steht daher die Pluralität zeitgenössischer protestantischer Verständnisse von Säkularisierung und Zukunft, die Modifikationen im Untersuchungszeitraum sowie die hieraus entwickelten Implikationen für Kirche und Theologie. Im Anschluss an Rüdiger Graf und Benjamin Herzog soll es aber nicht nur um eine Geschichte von Zukunftsvorstellungen gehen, sondern soll zugleich auch die Geschichte der Generierung solcher „Zukünfte“ in den Blick genommen werden.
ZRKG: Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen? Hat es so etwas wie einen starken Impuls, ein zentrales Motiv gegeben?
Brunner: Ich entwickle meine Forschung gerne ausgehend von Fragestellungen, die auch in der Gegenwart relevant und anschlussfähig sind. Beim Projekt über die Sakralisierung von Lebensentwürfen waren es Beobachtungen während der Covid19-Pandemie die mein Interesse an einer historischen Perspektive auf Tod und Sterben in der Frühen Neuzeit geweckt haben. Das zeithistorische Projekt wurde inspiriert durch die Beobachtung, dass Reformdebatten in der Kirche erstaunlich oft die historischen Vorläufer ignorieren und oftmals von neuem beginnen. Debatten über die Zukunft der Kirche in einer zunehmend säkularisierten Welt tun aber gut daran, die historische Tiefendimension der Debatte wahr- und ernstzunehmen.
ZRKG: Was motiviert Sie, einem interdisziplinären Forschungszentrum beizutreten? Gibt es Themen, die Ihnen dabei besonders wichtig sind?
Brunner: Ich hatte den Luxus, über fünf Jahre lang am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz tätig zu sein, in dem neben den Geschichtswissenschaften und den Theologien auch die Judaistik und die Islamwissenschaften ihre Fragen und Methoden eingebracht haben. Ähnliches habe ich vorher schon während meiner Zeit am Münsteraner Exzellenzcluster erlebt. Interdisziplinärer Austausch ist gleichermaßen anregend wie auch herausfordernd und ich möchte ihn in meiner Arbeit nicht missen und habe gleichzeitig immer großer Freude, mich in solche Zusammenhänge einzubringen.
ZRKG: Gibt es eine Disziplin neben Ihrem eigenen Fach, der Sie sich besonders verbunden fühlen? Und wenn ja – warum?
Brunner: Neben der Evangelischen Theologie ist die Geschichtswissenschaft meine erste Heimat gewesen und ich profitiere nach wie vor davon. Ansonsten fällt es mir schwer, hier ein Fach herauszupicken, da es meist auf die konkreten Berührungspunkte ankommt, aus denen sich dann Spannendes entwickeln kann.
ZRKG: Vielen DANK für das Gespräch!