Dr. Sebastian Hüsch ist seit 2015 als Professor am Departement für Philosophie der Aix-Marseille Université, Frankreich, tätig. Seit Mai 2024 ist er assoziiertes Mitglied im Forschungsfeld III im ZRKG. Im nachfolgenden Interview stellt er sich und seine Forschungsschwerpunkte näher vor.
ZRKG: In welchem Forschungsbereich arbeiten Sie aktuell?
Hüsch: Nachdem ich in den vergangenen Jahren durch die Tätigkeit als Prodekan an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Aix-Marseille relativ umfassend durch Verwaltungsaufgaben in Beschlag genommen war, habe ich seit dem späten Frühjahr meine Arbeiten zur Religionsphilosophie wieder aufgenommen. Dabei interessiere ich mich insbesondere für interkulturelle Perspektiven und für die Frage, ob der Blick auf Sinnkonstitutionsstrukturen in Kulturen ohne theistische Tradition einen Beitrag dazu leisten kann, das in der Spätmoderne verbreitete Gefühl der Sinnleere zu erhellen.
ZRKG: Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen? Hat es so etwas wie einen starken Impuls, ein zentrales Motiv gegeben?
Hüsch: Ich denke, dass in der aktuellen Gesellschaft das Bewusstsein verbreitet ist, dass das Gesellschaftsmodell, das gerade die westliche Welt seit der Aufklärung getragen hat, in eine profunde Krise bzw. in eine Sackgasse geführt hat. Dabei scheint dieses Krisenbewusstsein recht hilflose Antwortversuche hervorzurufen, sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene, die sich nicht zuletzt in der seit einiger Zeit konstatierbaren Polarisierung der gesellschaftlichen Diskurse spiegelt. Meine aktuelle Arbeit kann in diesem Sinne als ein Versuch betrachtet werden, Denkwege zu entdecken, die einerseits neue Einsichten und andererseits eventuell auch neue Perspektiven bieten könnten.
ZRKG: Was motiviert Sie, einem interdisziplinären Forschungszentrum beizutreten? Gibt es Themen, die Ihnen dabei besonders wichtig sind?
Hüsch: Meine Forschung ist im Grunde von Beginn an interdisziplinär ausgerichtet gewesen. Insofern ist es für mich nur natürlich, dass sich dies auch in der Mitarbeit in einem interdisziplinären Forschungszentrum widerspiegelt. Thematisch finde ich mich dabei ganz besonders im Forschungsfeld III „Religiosität in Transformationsprozessen der Gegenwart“.
ZRKG: Gibt es eine Disziplin neben Ihrem eigenen Fach, der Sie sich besonders verbunden fühlen? Und wenn ja – warum?
Hüsch: Ich denke, dass in Bezug auf die zuvor skizzierten Forschungsfelder der Dialog zwischen Philosophie, Religionswissenschaften und Soziologie besonders fruchtbar ist. Ich habe kürzlich mit Kolleginnen eine Tagung zu Hartmut Rosas Resonanzkonzept organisiert, die mich in der Einschätzung bestätigt hat, dass meine eigene Arbeit insbesondere von der – sowohl empirischen als auch theoretischen – soziologischen Forschung profitieren kann.
ZRKG: Vielen DANK für das Gespräch!