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Stephan Tautz neues Mitglied beim ZRKG

Dr. Stephan Tautz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Dogmatik mit Quellenkunde der Theologie des Mittelalters an der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Im Oktober 2022 ist nach Kontakten zu Mitgliedern des ZRKG und aufgrund von thematischem Interesse diesem als assoziiertes Mitglied beigetreten. Im Gespräch mit dem ZRKG stellt er sich vor.

ZRKG: An welchem Forschungsprojekt arbeiten Sie aktuell?

A: Ich habe vor Kurzem meine Dissertation publiziert und stehe damit gerade an der Schwelle zu dem nächsten großen Forschungsprojekt, der Habilitation. In der Habilitation im Bereich der Liturgiewissenschaft will ich ganz allgemein gesprochen der Frage nachgehen, inwieweit sich der Mensch vom Grundvollzug des Feierns bestimmen lässt. Die These, die dieser Frage zugrunde liegt, geht davon aus, dass wir „Partyanimals“ sind.

In meiner Dissertation habe ich untersucht, inwieweit sich das theologische Konzept der Sakramentalität als Paradigma für politische Souveränität denken lässt. Im Zentrum steht dabei der Vergleich der Repräsentation Gottes im kirchenkonstitutiven Sakrament der Eucharistie mit dem (radikal)demokratischen Konzept der Machtrepräsentation im Bild der Leerstelle der Macht.

ZRKG: Wie sind Sie zu diesem Dissertationsthema gekommen?

A: Besonders fasziniert hat mich beim Thema meiner Dissertation das Bild der Leerstelle bzw. der leeren Mitte der Macht. Dies half mir dabei, gerade auch die politische Dimension von Theologie im Allgemeinen, und sakramentaler Repräsentation (des allmächtigen) Gottes im Speziellen besser zu verstehen. Denn wenn Gott sich christlicherseits im Kreuz offenbart, dann kann ein theologisches Verständnis von Souveränität nicht umhin, auch die Subversion weltlicher Herrschaftsansprüche mitzudenken. Und gerade hier zeigt sich eine interessante Parallele zur postmodernen Demokratietheorie um Claude Lefort, bei dem das „Sakrileg an der Demokratie“ ein absoluter Machtanspruch darstellt; eben die Besetzung der Leerstelle. Zugleich aber gibt es einen spannungsreichen Unterschied, denn theologisch gesehen kann Gottes repräsentierte Gegenwart im Sakrament bei aller geboten Vorsicht nicht als reiner Entzug verstanden werden. Vielmehr kann man von einer „von Anwesenheit erfüllten Leere“ (M. Chauvet) oder einer „Veränderungspräsenz“ (G. Theißen) sprechen.

ZRKG: Was motiviert Sie, einem interdisziplinären Forschungszentrum beizutreten?

A: Zunächst bin ich in meiner eigenen Arbeit interdisziplinär unterwegs: innertheologisch im Bereich der Sakramententheologie auf der Grenze zwischen Dogmatik und Liturgiewissenschaft und fachübergreifend im Bereich der Politischen Theologie auf der Grenze zwischen (politischer) Philosophie und Theologie. Was mich an der Interdisziplinarität ganz besonders reizt, sind die unterschiedlichen Analysemethoden und Fragestellungen, mit denen man ein gemeinsames Thema bearbeiten kann. In meinem Forschungsfeld III Religiosität in Transformationsprozessen der Gegenwart steht beispielsweise gerade das Konzept der Performativität im Fokus. Dass dieses Konzept zentral für die Liturgiewissenschaft ist, in deren Zentrum der gottesdienstliche Glaubensvollzug steht, wird schnell ersichtlich. Allerdings verbirgt sich hinter dieser fachgebundenen Selbstverständlichkeit auch die Gefahr, andere Zugänge zur Performativität gar nicht erst wahrzunehmen. Genau darauf aber gestoßen zu werden und damit fruchtbar in Verbindung zu treten, stellt meiner Ansicht nach eine Grundvoraussetzung für Innovation, gerade auch in der eigenen Disziplin, dar.

ZRKG: Gibt es eine Disziplin neben Ihrem eigenen Fach, der Sie sich besonders verbunden fühlen?

A: Tatsächlich fällt es mir schwer, eine oder mehrere ganz bestimmte Disziplinen besonders hervorzuheben, gerade weil ich mit deren jeweiligen Fragestellungen nicht vertraut bin. Umso mehr freue ich mich also auf den künftigen Austausch und die Zusammenarbeit im ZRKG.

ZRKG: Vielen DANK für das Gespräch!