Abstract: Ziele von Lehrpersonen gelten als zentral für die Unterrichtsqualität, doch ist bislang wenig darüber bekannt, wie sie Wahrnehmungsprozesse im Klassenzimmer beeinflussen. In dieser Eye-Tracking-Studie wurde untersucht, inwiefern schüler*innen- und klassenbezogene Ziele von Lehrpersonen mit deren visueller Aufmerksamkeit während des Beobachtens einer Unterrichtsszene zusammenhängen. 51 Lehramtsstudierende betrachteten ein videografiertes Unterrichtsgespräch. Nach einer ersten Videosequenz gaben sie an, welche Ziele sie als Lehrperson verfolgen würden. Anschließend wurden die Anzahl und Dauer der Fixationen auf einzelne Schüler*innen als Maß für Aufmerksamkeit erfasst. Die Zielnennungen wurden inhaltsanalytisch codiert und in Beziehung zu den Blickdaten gesetzt. Die Ergebnisse zeigen, dass Teilnehmende sowohl schülerinnen- als auch klassenbezogene Ziele formulierten, insbesondere in Bezug auf Lernprozesse, soziale Einbindung und Verhaltensregulation. Schülerinnenbezogene Ziele waren mit einer erhöhten visuellen Aufmerksamkeit für die jeweilige Person verbunden (mehr und längere Fixationen). Klassenbezogene Ziele hingegen gingen mit geringerer Aufmerksamkeitsbindung an Einzelne einher, was auf eine gleichmäßigere, möglicherweise eher reaktive Wahrnehmungsverteilung hinweist. Die Befunde verdeutlichen, dass Ziele von Lehrpersonen selektive Aufmerksamkeitsprozesse im Unterricht beeinflussen und leisten einen Beitrag zum Verständnis motivationaler Einflüsse auf die professionelle Wahrnehmung von Unterricht.