Einsatz für den Klimaschutz und für Menschen an den Rändern

Papst Franziskus
© Christian Klenk

Die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt verneigt sich vor Papst Franziskus, der am Ostermontag im Alter von 88 Jahren gestorben ist. Die Kirche verliere einen großen Papst, dessen Pontifikat vor allem geprägt sei von seinem Einsatz für den Klimaschutz, für soziale Gerechtigkeit und für Menschen an den Rändern der Gesellschaft, sagt KU-Präsidentin Gabriele Gien. Franziskus habe, nicht zuletzt mit seiner unkonventionellen Art, die Türen der Kirche aufgestoßen für notwendige Reformen und Erneuerung.

„Mir bleibt der Papst in Erinnerung als einer, der in seiner charismatischen und warmherzigen Art die Nähe zu den Menschen gesucht hat – besonders zu den Ausgegrenzten und Vergessenen, zu Flüchtlingen und Armen“, so Gabriele Gien, die erst im vergangenen November Papst Franziskus bei einer Audienz in Rom begegnen durfte. Anlass war damals eine Konferenz des Netzwerks Uniservitate, einem weltweiten Zusammenschluss katholischer Hochschulen, welcher das Ziel verfolgt, die Methode Service Learning (Lernen durch Engagement) institutionell zu verankern. Eine achtköpfige Delegation der KU durfte damals mit Papst Franziskus sprechen. „Es war nur eine kurze Begegnung, wir konnten wenige Worte wechseln. Die KU kennt er ja unter anderem von einem Besuch 1986, als er noch Rektor der Hochschule der Jesuiten in Buenos Aires war. Der Papst erinnerte sich gut an Eichstätt und seine Erlebnisse dort. Ich werde dieses Treffen mit dem Heiligen Vater nicht vergessen“, so Gien. 

Gabriele Gien und Papst Franziskus
© Vatican Media KU-Präsidentin Prof. Dr. Gabriele Gien begegnete im November 2024 Papst Franziskus. Sie überreichte ihm damals einen Druck des „Hortus Eystettensis“

Von den vier Lehrschreiben, die Papst Franziskus hinterlassen hat, habe besonders seine Umweltenzyklika Laudato si' von 2015 große Wirkung erzielt, meint Gien. „Sie wurde auch außerhalb der Kirche wahrgenommen und intensiv diskutiert, war sogar Gegenstand in vielen wissenschaftlichen Publikationen außerhalb der Theologie, was für religiöse Texte eher selten ist.“ Laudato si‘ habe – wohl wie kein anderes päpstliches Lehrschreiben seit dem Erscheinen von Humanae Vitae im Jahr 1968 – die gesellschaftliche Debatte angeregt und auch die internationale Klimapolitik zumindest zeitweise beeinflusst, sagt auch Prof. Dr. Martin Schneider, Sozialethiker an der School of Transformation and Sustainability der KU. Die Umweltenzyklika erschien kurz vor der Weltklimakonferenz 2015 in Paris. „Dass sich damals mehr als 190 Staaten dazu verpflichteten, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, dazu hat sicherlich auch die positive Rezeption von Laudato si‘ beigetragen“, ist sich Schneider sicher. „In der Enzyklika wurde die komplexe Wechselwirkungen von ökologischen und sozialen Herausforderungen zum ersten Mal in einem päpstlichen Lehrschreiben umfassend behandelt.“ Nach Erscheinen von Laudato si‘ befasste sich auch die KU, die sich dem Thema Nachhaltigkeit auf allen Ebenen verschreiben hat, gemeinsam mit der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler in einem Projekt mit zentralen Aussagen des Textes im Horizont wissenschaftlicher Ergebnisse. 

Prof. Dr. Martin Kirschner
© Christian Klenk Prof. Dr. Martin Kirschner

In Zeiten wachsender Krisen, Konflikte und Ungleichheiten sei Papst Franziskus eine prophetische und zutiefst menschliche Stimme gewesen, die konsequent die Armen ins Zentrum stellte, sagt der Theologieprofessor Dr. Martin Kirschner. „Franziskus hat auch unbequeme Wahrheiten ausgesprochen und ist für Dialog und Frieden eingetreten, wo andere sich in ihren Stellungen eingerichtet haben und die Fronten verhärtet sind“, so der Inhaber des Lehrstuhls für Theologie in den Transformationsprozessen der Gegenwart an der KU. Der Name des Franz von Assisi, den Jorge Mario Bergoglio bei seiner Wahl zum Papst am 13. März 2013 angenommen hat, stehe programmatisch für sein Pontifikat: die Hinwendung zum Volk und zu den Armen, die Barmherzigkeit als Zentrum des Glaubens, die Kritik an einer „Wirtschaft, die tötet“, seine Menschlichkeit und Spontaneität in Predigten und Liturgie, die Verbundenheit mit der Erde und der Einsatz für eine ökologische Umkehr. „Das immer wieder neue Wagnis des Dialogs und die Mahnung zum Frieden verwandeln bei Papst Franziskus die Botschaft des Christentums von einer abstrakten Lehre in einen Stil und eine Lebensform, in denen das Evangelium konkret wird und vor Entscheidungen stellt.“ Habe Papst Benedikt vor einer „Diktatur des Relativismus“ gewarnt, so konfrontierte Franziskus den „praktischen Relativismus“ einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit“, für den Aktienkurse mehr zählen als die täglichen Toten auf den Flüchtlingsrouten oder an den Straßenrändern, so Kirschner.

„Die erste Reise dieses Papstes galt den Flüchtlingen auf Lampedusa, als letzte Amtshandlungen besuchte er am Gründonnerstag im Rollstuhl die Häftlinge im Regina-Coeli-Gefängnis in Rom. Gerade mit den Prioritäten, die Franziskus auf diese Weise gesetzt hat, hat er konsequent Christus ins Zentrum gestellt, der in den Geringsten begegnet.“ Zum Vermächtnis des Papstes gehöre insbesondere die Hinwendung zu einer synodalen Kirche, mit der die katholische Kirche in eine neue Form und Gestalt des Kirche-Seins hineinwächst. „Das Verständnis der Kirche als messianisches Gottesvolk, wie es das Konzil formuliert hat, hat der Papst in einen offenen und geistlichen Prozess der Verständigung und Kirchenbildung übersetzt, der über sein Pontifikat hinausreichen wird und auch ökumenisch neue Chancen eröffnet.“  

In Eichstätt findet ein Requiem für Papst Franziskus am Dienstag, 29. April, um 19 Uhr im Dom statt. Zelebrant ist der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke.