Kapital auf der Flucht: Bundesbank-Vizepräsidentin eröffnete "K’Universale"

Aktuelle Fragen aufgreifen und sie im ursprünglichen Sinn von „katholisch“ – also allumfassend – ergründen will zum nunmehr fünften Mal die Vortragsreihe „K’Universale“ an der KU. Dass die Organisatoren der Reihe mit ihrem diesjährigen Oberthema „Flucht“ so nah an der aktuellen Situation sein würden, war für sie bei den Vorbereitungen vor einem Jahr nicht absehbar, wie Prof. Dr. Ulrich Kropac beim Auftakt der Reihe am Donnerstag erläuterte. Ziel sei es erneut gewesen, ein Angebot für Studierende fernab des Fachstudiums und die breite Öffentlichkeit zu schaffen. Daher werden die elf Vorträge der Reihe nicht nur auf die aktuelle Lage eingehen, sondern auch musikalische, theologische, sowie ökonomische Aspekte in den Mittelpunkt stellen.

Zum Start von K’Universale konnten die Organisatoren mit Prof. Dr. Claudia Buch die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank für einen Vortrag zum Thema „Kapitalflucht“ gewinnen. In ihren einstündigen und frei gehaltenen Ausführungen gab sie auch Zuhörern ohne wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund fundierten und verständlichen Einblick in die Genese der Banken- und Staatsschuldenkrise. Die studierte Volkswirtin, die bei der Deutschen Bundesbank zuständig ist für Finanzstabilität, Revision und Statistik, legte dabei explizit den Schwerpunkt nicht auf ein Urteil über das Verhalten von Staaten und den Akteuren auf den Märkten. Vielmehr beschrieb sie aus ökonomischer Sicht die Vorgeschichte der Finanzkrise und das Instrumentarium, welches in deren Nachgang entwickelt wurde, um die Auswirkungen künftiger Krisen abzumildern.

Kapitalflucht, also der plötzliche Abzug und Transfer von Vermögen aus einem Land, habe in der wissenschaftlichen Literatur bis zur Finanzkrise von 2007/2008 vor allem als ein Phänomen in Schwellen- und Entwicklungsländern eine Rolle gespielt. Für andere Staaten wurde dies für unwahrscheinlich gehalten. Anhand verschiedener Statistiken illustrierte Buch die Entwicklung von internationalen Kapitalströmen und die Auswirkungen von Deregulierung in der Zeit vor der Finanzkrise: Während in den 80er- und 90er-Jahren grenzüberschreitende Kapitalflüsse moderat verliefen, stiegen sie bis 2007 exponentiell an. „Ein freier Kapitalverkehr hat Vorteile: Er fördert den internationalen Handel und bietet die Möglichkeit, seine Risiken breiter zu streuen“, betonte Buch. Aber andererseits seien die mit einem solchen freien Kapitalfluss verbunden Risiken vor der Finanzkrise zu gering eingeschätzt worden. „Geld ist gebundenes Vertrauen“, so Buch. Die abrupte Umkehr der Kapitalströme im Zuge der Finanzkrise sei damit auch ein Zeichen großer Unsicherheit und verloren gegangenem Vertrauen gewesen. Hinzu käme, dass die europäischen Länder zu unterschiedlichen Zeitpunkten davon getroffen worden seien. Generell habe das Eurosystem dazu beigetragen, einen Teil des Drucks abzumildern

Als einen wesentlichen Faktor für die Staatsschuldenkrise beschrieb Claudia Buch ein Ungleichgewicht zwischen dem, was sich Länder realwirtschaftlich leisten können und ihren finanziellen Gegebenheiten: „Ein Land, das nicht genug produktive Kraft hat, kann seine Auslandsschulden nur schlecht bedienen.“ An dieser Stelle müsse die Korrektur seitens der Politik ansetzen. Denn eine hohe öffentliche Verschuldung schränke sowohl Spielräume für Investitionen ein als auch die Möglichkeit, auf künftige Krisen zu reagieren.

„Finanzkrisen haben enorme realwirtschaftliche Kosten“, warnte sie. Deshalb habe ein neuer Ordnungsrahmen, der etabliert wurde, zum einen das Ziel, die Wahrscheinlichkeit einer Krise zu vermindern, zum anderen den Umgang mit Krisen durch geordnete Verfahren zu verbessern. Unter anderem seien Vereinbarungen zur Höchstverschuldung auf nationaler Ebene nun rechtlich kodifiziert, die Bankenaufsicht sei von den europäischen Staaten an die Europäische Bankenunion übertragen worden. Bezogen auf die Rolle von Notenbanken betonte Claudia Buch, dass diese nicht strukturelle Probleme lösen könnten, sondern in erster Linie für Liquidität zu sorgen hätten.

In der nächsten Woche ist bei K’Universale erneut ein prominenter Gastredner an der KU zu Gast. Peter Balleis, Internationaler Direktor des Jesuitenflüchtlingsdienstes, wird dabei auf die Rolle von Religion im derzeitigen Flüchtlingsdrama eingehen. Der Vortrag findet am Montag den 02. November erneut im Kollegiengebäude, Hörsaal A 201 ab 18:15 Uhr statt. Auch Personen außerhalb der Universität sind hierbei herzlich zum Zuhören und Mitdiskutieren eingeladen.

Weitere Informationen zur Reihe unter www.ku.de/kuniversale.