KI in der Hochschullehre: Neue Handreichung erschienen

„Schreibe ein Gedicht über den Herbstanfang im Stil von Bertold Brecht“ – wer dem Online-Schreibwerkzeug Chat GPT einen solchen Auftrag erteilt, erhält Ergebnisse, die verblüffen. Auch für den Bildungsbereich hat Chat GPT eine Diskussion entfacht zum sinnvollen Einsatz von KI. Speziell für die Hochschullehre ist nun an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) eine Handreichung entstanden, die Einblick in die Funktionsweise des Chatbots gibt, seine Einsatzmöglichkeiten didaktisch und rechtlich einordnet sowie grundlegende Empfehlungen für die Dozierenden formuliert. Das Dokument ist auch für Interessierte frei verfügbar, die nicht in der Hochschullehre tätig sind.

„Die kommenden Jahre werden von Aushandlungsprozessen geprägt sein, die einen verantwortungsvollen Umgang mit generativen KI-Werkzeugen zum Inhalt haben. Leitlinien und Orientierungshilfen möchten wir als Universität nicht von oben vorgeben, sondern die Erfahrungen der unterschiedlichen Fächer mit dem Thema in der Lehre einbinden“, betont Prof. Dr. Klaus Meier als Vizepräsident für Studium und Lehre an der KU. Deshalb habe man die nun erschienene Handreichung als eine der wenigen Hochschulen bewusst partizipativ erarbeitet. Neben Vizepräsident Meier haben Dr. Michael Winklmann (Referent für Programmentwicklung in Studium und Lehre) und Andrea Halbich von der Rechtsabteilung der KU diesen Prozess mitgestaltet. In mehreren Workshops wurde dabei hochschuldidaktisch und rechtlich informiert und diskutiert. Allein das Video des ersten Workshops im Februar wurde auf YouTube tausendfach aufgerufen. Darüber hinaus besteht ein laufender Austausch mit anderen Hochschulen zu der Thematik.

Eingebettet sind diese Aktivitäten in einen Strategieprozess der KU zur Digitalisierung der Hochschullehre, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des „Hochschulforums Digitalisierung“ gefördert wird. Dabei gilt es einerseits zu klären, welche Kompetenzen und Haltungen die KU ihren Studierenden für ein gutes Leben in einer sich rapide wandelnden Welt vermitteln möchte. Andererseits wird diskutiert werden, welche didaktischen Strukturen dafür erforderlich sind. Grundanliegen ist es dabei, Digitalisierung nicht als Selbstzweck zu verfolgen, sondern auch angesichts der Erfahrungen aus der Pandemie neue digitale Formate mit einer lebendigen Campus-Universität zu verbinden. Ein Ort für deren Entwicklung ist unter anderem das „Post-digital Learning Hub“ am Zentrum für Lehrerinnen- und Lehrerbildung der KU. Dieses bietet – passgenau zum Konzept der jeweiligen Lehrveranstaltung – alle Möglichkeiten, um entweder rein digital mit einem Teilnehmerkreis zu arbeiten, hybride Veranstaltungen anzubieten, für die Teilnehmer vor Ort etwa mit externen Gästen virtuell verknüpft werden, oder ein klassisches Seminar in Präsenz abzuhalten.

Speziell für den Einsatz von Chat GPT & Co. in der Hochschullehre empfiehlt das Autorenteam der Handreichung unter anderem, einen kreativen, aber auch kritischen Umgang mit den KI-Tools zu integrieren. Die Notwendigkeit für eine Reflexion ergibt sich schon allein aus der Funktionsweise von Chat GPT: Denn die automatisch erstellten Texte basieren auf Trainingsdaten, die nicht inhaltlich verifiziert und verarbeitet werden. Stattdessen generiert das Sprachmodell einen neuen Text auf Grundlage der Wahrscheinlichkeit, mit der bestimmte Wörter in bestimmten Kontexten aufeinanderfolgen. „Somit können die Nutzerinnen und Nutzer nicht davon ausgehen, dass die Antworten von ChatGPT sachlich korrekt sind. ChatGPT lügt zwar nicht oder erfindet bewusst oder manipulativ Geschichten, aber die KI halluziniert auf Basis von Wahrscheinlichkeiten“, heißt es in der Handreichung.

Der Einsatz solcher Tools könne wiederum auch das Verständnis von Wissenschaft unter Studierenden schärfen: Denn der Wert einer wissenschaftlichen Arbeit liege nicht darin, einen gefälligen und logisch aufeinander aufbauenden Text zu schreiben, sondern in der Positionierung im Fachdiskurs bzw. im Erkenntnisgewinn gegenüber bisherigem Wissen. „Je leichter das Texten fällt, desto mehr Zeit und Kraft kann auf Quellenarbeit, Nachdenken, Diskurs und Erkenntnisgewinn verwendet werden.“ Generell empfehle es sich, transparente Regel für den Umgang mit den Schreibwerkzeugen zu vereinbaren. Über die Zulassung als Hilfsmittel entscheiden das jeweilige Fach bzw. die Dozierenden.

Denkbar sei eine Veränderung der Prüfungsaufgaben beispielsweise hin zu mehr Vergleich, Reflexion und Beurteilung bzw. ein obligatorisches Kapitel zum Einsatz von Hilfsmitteln, zu einer Beschreibung der Methodik und einer Reflexion der Ergebnisse. Ferner könnte unter anderem ein Transkript des Dialogs mit dem Chatbot bzw. eine Liste mit den Eingaben beigelegt werden. Auch der Umgang mit KI als Hilfsmittel selbst könne Gegenstand einer Prüfung sein.

Weitere Impulse und Informationen finden sich in der Handreichung, auf der Homepage der KU zum Download zur Verfügung steht. Die KU-Hochschuldidaktik hat zudem eine Arbeitsgemeinschaft zu „Hochschullehre und KI“ ins Leben gerufen, die sich alle zwei Monate virtuell trifft und an der alle Lehrenden von bayerischen Hochschulen teilnehmen können. Eine Anmeldung hierfür ist über das Weiterbildungsportal der KU möglich.