Was passiert, wenn einem Dichter die Reime ausrutschen? Wie schießt man einen Fußball um den Mond oder lässt Wörter auf dem Kopf stehen – und wieso drängen sich die Kinder in der Aula der KU begeistert darum, von Uwe-Michael Gutzschhahn persönlich beschimpft zu werden? Zwölf Schulklassen der dritten bis fünften Jahrgangsstufen erleben den vielfach ausgezeichneten Autor und Übersetzer an diesem Januarmorgen in voller Aktion. Der promovierte Literaturwissenschaftler zählt zu den wichtigsten Stimmen der Kinderlyrik im deutschsprachigen Raum und kennt alle Facetten der Literatur. Nach über zwei Jahrzehnten als Lektor in verschiedenen Kinder- und Jugendbuchverlagen und Programmleiter bei Ravensburger und Hanser ist er seit 2001 freiberuflich tätig, schreibt eigene Gedichte für Kinder, spürt neue Texte anderer Autorinnen und Autoren auf und betreut als Herausgeber konzeptionell spannende, gewitzte Anthologien und Sammlungen.
„Kinder mit Sprache zum Staunen bringen“ – Lesung mit Uwe-Michael Gutzschhahn
Gutzschhahn ist in seinem Element, wenn er seine Gedichte für Kinder nicht einfach nur vorliest, sondern die Zuhörer mitdichten, miträtseln und mitspielen lässt. Aus seinen Büchern „Die Muße der Mäuse“ und „Der Name des Glücks“ hat er dafür ganz frische Gedichte voller Sprachspiele, funkelnder Bilder und Gedankenakrobatik nach Eichstätt mitgebracht. Beim leidenschaftlich vorgekrächzten Krähengespräch zwischen Krähenmutter und Krähenkind können sich einige Kinder vor Lachen kaum auf den Sitzen halten. Dann wieder dürfen sie selbst ihr Talent als Dichterinnen und Dichter beweisen, lauthals Reime in den Raum rufen und sich über den schusseligen Dichter wundern, der so ganz andere Wörter an die Versenden klebt, als sie es vermutet hatten. Ganz bewusst und liebevoll bricht Gutzschhahn hier mit ihren Erwartungen und animiert zum Nachdenken.
„Genau diesen Moment muss man nutzen, denn hier kann man Kinder zum Staunen bringen und für Sprache begeistern. Und das ist etwas unendlich Wertvolles.“ Solche tieferen Hintergrundüberlegungen teilt er später in einem Gespräch in kleiner Runde mit Studierenden des Fachs Deutschdidaktik, in dem er mit den angehenden Lehrkräften intensiv darüber diskutiert, wie man Kinder für Sprache begeistern kann – wichtige Tipps für die spätere Berufspraxis. Viele Fragen haben freilich auch vorher schon die Kinder mitgebracht und erkundigen sich neugierig nach seinen Ideenquellen, seinen Schreibgewohnheiten und darüber, wie man überhaupt ein Dichter wird. Kurzweilig, amüsant und mit vielen kleinen Geschichten geht er geduldig auf die Fragen ein.
Wie im Fluge vergeht die gemeinsame Stunde, an deren Ende Uwe-Michael Gutzschhahn die Kinder mit einer nie gehörten alphabetischen Schimpfwort-Tirade in den Tag entlässt: „Du trommeltrötender Tuckertanker!“ Sprudelnd vor Ideen und Inspiration wandern nicht nur die kleinen Gäste zurück in ihre Schulen, auch das erwachsene Publikum geht motiviert zum Reimen und Dichten nach Hause. Und etliche der lauschenden Lehramtsstudierenden haben jetzt einen festen Vorsatz für ihren zukünftigen Unterricht: jeden Tag mit einem Gedicht zu beginnen.
Die kinderliterarischen Autorenlesungen im Rahmen der Reihe „KJL meets KU“, organisiert von Germanistikprofessorin Cornelia Rémi und ihrem Team vom Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache, haben sich seit dem Start 2017 fest an der KU etabliert. Die Lesungen sollen mehr als nur unterhalten: Studierende erleben dabei, wie vielfältig Literaturvermittlung in der Praxis aussieht, sie wirken an den Veranstaltungen aktiv mit und kommen mit den Autoren ins Gespräch. Gäste der Reihe waren bisher unter anderem die Eichstätter Kinderbuchautorin Margit Auer („Die Schule der magischen Tiere“), Paul Maar („Eine Woche voller Samstage“), die Schriftstellerin und Illustratorin Antje Damm sowie die Kinder- und Jugendbuchautorinnen Stefanie Höfler und Kirsten Boie.
Weitere Informationen zur Reihe „KJL meets KU“ unter https://www.ku.de/slf/germanistik/didaktik-der-deutschen-sprache-und-literatur/projekte/kjl-meets-ku