Schulsozialarbeit – Entwicklungspartner oder Nothelfer?

Der bundesweit einmalige Masterstudiengang Schulsozialarbeit hat an der KU seinen Studienbetrieb aufgenommen. Die Herausforderungen für die Soziale Arbeit an der Schnittstelle von Jugendhilfe und Schule waren zentrales Thema einer Auftaktveranstaltung. Zu Wort kamen dabei neben Wissenschaftlern und Experten aus dem Schulbereich auch Verantwortliche der Jugendhilfe.

„Jugendsozialarbeit in der Schule – Entwicklungspartner oder Nothelfer?“, lautete dabei die Frage der Podiumsdiskussion mit Bernhard Eibeck (Referent im Organisationsbereich Jugendhilfe und Sozialarbeit bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft), Siegmund Hammel (Leiter des Kreisjugendamtes Eichstätt), Stefan Fischer (Stadtjugendamt München), Prof. Dr. Ingrid Hemmer (Professur für Geographiedidaktik) und Studiengangsleiter Prof. Dr. Ulrich Bartosch als Moderator.

Im Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass Schulsozialarbeiter ein gutes Standing haben müssen. „Sie verkörpern quasi als Einzelkämpfer gegenüber einem Lehrer-Kollegium die Jugendhilfe“, sagte Siegmund Hammel. Die Arbeit erfolge an der Schnittstelle zwischen Schülern, Eltern, Lehrern sowie der Verwaltung bei Jugendamt und Schule. Bernhard Eibeck kritisierte in diesem Zusammenhang, dass für eine so verantwortungsvolle Aufgabe häufig nur halbe oder gar Viertelstellen für ganze Schulen vorgesehen seien. Im Mittelschulbereich hält jedoch die Stadt München pro 100 Schüler eine halbe Stelle für Schulsozialarbeit vor, wie Stefan Fischer erläuterte. Sowohl Fischer als auch Hammel betonten, dass Sozialarbeiter nur an Schulen geschickt werden, wenn diese auf das Jugendamt zukommen und Bedarf anmelden. Auch wenn die Sozialarbeiter vor Ort häufig einzeln tätig seien, würden die Mitarbeiter von den Jugendämtern als Teams organisiert, die sich regelmäßig schulübergreifend austauschen und absprechen.

Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen den Kollegien und den Sozialarbeitern, die zwar häufig beim jeweiligen Schulträger angestellt sind, jedoch nicht zur Lehrerschaft gehören? „Aus meiner Wahrnehmung heraus können Lehrkräfte in vielerlei Hinsicht davon profitieren, wenn Schulsozialarbeiter ihnen durch ihre Arbeit auch Freiräume verschaffen für ihr Kerngeschäft – den Unterricht. Dabei ist es wichtig, die Arbeit miteinander abzusprechen“, sagte die Didaktikerin Prof. Dr. Ingrid Hemmer. Im Hinblick auf die Rolle von Schulsozialarbeitern bei der Schulentwicklung mahnten beide Jugendamtsleiter, die jeweiligen Professionen zu respektieren: „Wenn Schulsozialarbeiter versuchen, die besseren Lehrer zu sein, werden sie zu Besserwissern. So würde eine aufmerksame, gemeinsame Arbeit mit den Kindern nicht funktionieren“, betonte Stefan Fischer. Dennoch würden Sozialarbeiter durch ihre Tätigkeit zum Teil des Schullebens und beteiligten sich so zumindest mittelbar auch an der Entwicklung der jeweiligen Schule. Aber gerade die Rolle des „Nothelfer“ sei wichtig  - gerade in der Schule.

 

Stimmen zur Auftaktveranstaltung: Welche besondere Funktion hat Schulsozialarbeit?

 

„Mit Schulsozialarbeitern haben die Schülerinnen und Schüler vor Ort einen Mitarbeiter der Jugendhilfe, der für sie ohne Umweg erreichbar ist. So haben wir einen guten Zugang zu den Kindern – und umgekehrt. Primär geht es dabei zwar um die Betreuung von Einzelfällen, jedoch auch um die Arbeit im Klassenverband – zum Beispiel zum Thema Mobbing. Bei Problemen ist der Schulsozialarbeiter dann der Lotse, um weiterführende Hilfe zu vermitteln.“
Stefan Fischer (Stadtjugendamt München)


„Schulsozialarbeiter sind direkt in der Schule verortet. Für Schülerinnen und Schüler mit Problemen in ihren Familien bietet sich so die Möglichkeit, unmittelbar einen Ansprechpartner zu haben. Die Hemmschwelle, um in Kontakt mit der Jugendhilfe zu treten, ist in der Schule deutlich geringer.“
(Siegmund Hammel, Leiter des Kreisjugendamtes Eichstätt)

 


„Schulsozialarbeit soll sich insbesondere um benachteiligte Schülerinnen und Schüler kümmern, die ansonsten nur schwer erreichbar wären. Vor allem im Ganztagesbereich gehört es aus meiner Sicht zu einer wichtigen Aufgabe von Sozialer Arbeit, jenseits des Unterrichts zusätzliche Angebote zu unterbreiten. Dafür reichen aber die derzeit 10.000 Stellen bundesweit bei weitem nicht aus.“
(Bernhard Eibeck, Referent im Organisationsbereich Jugendhilfe und Sozialarbeit bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft)

 

 Warum studieren Sie Schulsozialarbeit an der KU?

Ich habe in Leipzig schon im BA Soziale Arbeit studiert und erwarte mir speziell die Befähigung, eigenständig Soziale Arbeit an Schulen anbieten zu können. Nirgends sonst gibt es so kurze Wege zwischen Kindern und Jugendlichen wie an der Schule. Außerdem erhoffe ich mir bessere Einstellungsmöglichkeiten durch diesen Abschluss.“

Martin Penndorf (1. Semester MA Schulsozialarbeit)

 

 

Hintergrundinformation zum Masterstudiengang Schulsozialarbeit:

Der neue Masterstudiengang „Schulsozialarbeit“ bietet wissenschaftliche und praxisorientierte Spezialisierungsmöglichkeiten u.a. für Lehrerinnen und Lehrer sowie Absolventinnen und Absolventen der Sozialen Arbeit, Religionspädagogik, Kindheitspädagogik und Pädagogik. Studiert werden kann in einem interdisziplinären Masterangebot als Schwerpunkt im Lehramt, sowie als eigenständiges Masterangebot an der Fakultät für Soziale Arbeit. Erstmals wird mit diesem Studienprogramm Schulsozialarbeit am Schnittpunkt von Lehramtsstudium und anderen sozialen bzw. pädagogischen Studiengängen kooperativ angeboten. Schulsozialarbeit hat sich seit über einem Jahrzehnt als fester Bestandteil der schulischen Bildung und Organisation in Deutschland etabliert, wobei die Bundesländer unterschiedliche fachliche Schwerpunkte setzen. Auch die wissenschaftliche Forschung im Feld ist deutlich sichtbar geworden. Das Eichstätter Studienangebot will als Kompetenzzentrum für die Weiterentwicklung von Praxis und Theorie der Schulsozialarbeit wirken und daher die Kooperation mit Partnern aus Praxis und Forschung gleichermaßen pflegen.

Der Studiengang wird von einem Beirat beraten, dessen Vorsitzender Prof. i.R. Dr. Franz Hamburger (Institut für Erziehungswissenschaft an der Universität Mainz) ist. Bei der Auftaktveranstaltung referierte Hamburger über "Schulsozialarbeit und Integrationsaufgaben" (Rede zum Download als PDF)

Weitere Informationen zum Studiengang unter
www.ku.de/swf/masterstudiengang-schulsozialarbeit-jugendsozialarbeit-an-schulen/