DFG-Projekt „Accounting und transformatorische Effekte im Profifußball. Eine empirisch-ethnografische Studie zur Soziologie zahlen- und datenbasierter Praktiken des Bewertens und Kritisierens“ Link
Während die Soziologie der Emotionen sich überwiegend mit episodischen, klar konturierten, intensiven, körpergebundenen affektiven Zuständen beschäftigt (z.B. Wut, Freude, Hass), sind schwach konturierte affektive Lagen wie Stimmungen und Atmosphären soziologisch bislang kaum erschlossen. Sie können weniger deutlich bemerkt und beobachtet werden und sie sind dennoch für Sozialität konstitutiv. Diesen Phänomenen soll in explorativ ausgerichteten empirischen Forschungen nachgegangen werden. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen dabei die interaktiven, sozio-kulturellen und sozio-materiellen Fabrikations- und Modellierungsprozesse von Hintergrundaffektivitäten. Es wird davon ausgegangen, dass Hintergrundaffektivitäten besonders dort analytisch zugänglich werden, wo bestimmte Verfahren und Techniken ihres Verfügbarmachens, Bearbeitens und Modellierens vorkommen. Dies ist beispielsweise in projektförmigen Arbeitszusammenhängen der Fall: Hier sind etwa die Projektleiter dazu angehalten, die Stimmungen, den affektiven Tonus oder das Team-Klima zu kultivieren und (positiv) zu beeinflussen. Darüber hinaus konstruiert die Büroergonomie Artefakte und Vorrichtungen, um eine ‚kreative’ oder ‚stimulierende’ Büroatmosphäre zu erzeugen. Solche affektiven Lagen sind also ‚da und wirksam’, sie haben je besondere materielle Träger und sie werden durch Teilnehmer accountable gemacht. Die empirische Analyse findet damit aussichtsreiche Anhaltspunkte.
Im geplanten Drittmittelprojekt sollen die Logiken und Wirkungen computer- und video-gestützter Spielanalysen im professionellen Fußball untersucht werden. Das Projekt zielt darauf ab, am instruktiven Fall des Profifußballs die Wechselwirkungen zwischen Analysetechnologien, Accounting-Verfahren und den Prozessen und Praktiken des Organisierens herauszuarbeiten. Einen Schwerpunkt bilden dabei ethnografische Beobachtungen der tatsächlichen Analyse- und Accounting-Arbeit und der verschiedenen Gebrauchsweisen von Analysedaten und -ergebnissen im Feld „Profifußball“, z.B. in Spielanalyse-Unternehmen, Vereinen, in der Medienberichterstattung, bei Sportwetten-Anbietern oder Spiele-Software-Entwicklern. Das geplante Vorhaben ordnet sich dem internationalen und interdisziplinären Forschungsfeld der Sociology of Accounting / Critical Accounting Studies zu. In Bezug auf den Gegenstandsbereich „Profifußball“ leistet es darüber hinaus auch wichtige Beiträge zur Organisationssoziologie und zur Soziologie des Sports. Hinsichtlich des Forschungsdesigns und der methodischen Ausrichtung positioniert sich das geplante Projekt in den Bereichen Studies of Work / Workplace Studies und soziologische Ethnografie / Praxeografie.
(2016 wurde ein interner Forschungsförderungsantrag zur Anschubsfinanzierung (PROFOR) bewilligt)
Das Projekt liveSoziologie rückt – ausgehend von Überlegungen zum Zusammenhang von sozialen Praktiken und Performativität – politische Protestbewegungen als cultural performances im urbanen Kontext in den Mittelpunkt. Demonstrationen und andere Protestereignisse werden als kollektive körperliche Manifestationen und als medial vermittelte, wirklichkeitserzeugende Prozesse einer sozio-politischen Kultur verstanden. Mit Verfahren der Mikroethnographie und der visuellen Anthropologie wird die Prozessualität emergenter, aufgeladener An- und Versammlungen erschlossen. Den Kern des Projektes bildet der Versuch, politische Manifestationen von mehreren Forschern, die über Funk miteinander verbunden sind, live teilnehmend zu beobachten. Eine erste Erprobung dieses Verfahrens an den Berliner Protestereignissen am 1. Mai 2010 konnte in Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich Kulturen des Performativen, dem Hebbel-Theater und den israelischen Performance-Künstlern Public Movement bereits realisiert werden. Für eine zweite liveSoziologie-Produktion rund um den 1. Mai 2012 in Berlin konnte der Westdeutsche Rundfunk (WDR 3) als Kooperationspartner gewonnen werden.
(Weitere Live-Forschungen sind in Planung)
Ein weiteres Forschungsfeld bildet die Untersuchung epistemischer Schreibprozesse in den Kontexten Wissenschaft, Wissensarbeit, Journalismus und Recht. Das Projekt Schreibpraktiken als Wissenspraktiken geht zum einen davon aus, dass in die spezifischen Abläufe des Schreibens Wissens- und Erkenntnisprozesse verwickelt sind: Wissenskulturen werden als Schreibkulturen, d.h. in Bezug auf verschiedene Prozesse und situierte Praktiken des Schreibens untersucht. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit stehen dabei empirisch-praxeographische, prozessanalytische Studien tatsächlichen, alltäglichen Schreibgeschehens in unterschiedlichen Kontexten. Zum anderen soll in diesem Projekt ausgelotet werden, ob und inwieweit bestimmte Schreibvorgänge auch als sozialkonstruktive Vergesellschaftungsprozesse verstanden werden können. Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang verschiedene Ausprägungen eines operativen und performativen „Schreibens von Gesellschaft“ in den Bereichen Wissenschaft (z.B. Expertisen), Software-Entwicklung (z.B. Algorithmen), Journalismus (z.B. Berichte, Kommentare; Reportagen) und Recht (z.B. Verträge, Gesetze).
DFG-gefördertes Graduiertenkolleg "Practicing Place. Soziokulturelle Praktiken und epistemische Konfigurationen" (GRK 2589) Link
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