Die Studentinnen Constance Tremenbert und Maylis Christien aus Rennes sind der Frage nachgegangen, warum deutsche Schülerinnen und Schüler Französisch als Fremdsprache wählen. Sie haben hierfür ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen im deutsch-französischen Studiengang sowie Schülerinnen und Schüler des Gabrieli-Gymnasiums in Eichstätt befragt. 

Ein historischer Rückblick: Wie wurde die französische Sprache in Deutschland gesehen?

Zeltlager DFJW
© DFJW / OFAJ Das erste DFJW-Jugendlager 1964

Im 18. Jahrhundert ist die deutsche Sprache selbst eine fragmentierte Sprache. Es gab keine Einigkeit zwischen den vielen Dialekten; die Bewohner des Kaiserreiches sprachen nicht alle Hochdeutsch.  Wäre dies der Fall gewesen, hätte man sich vielleicht verstehen, beziehungsweise verständigen können. Daher kommt es, dass sich die Adligen während ihrer Reisen in Frankreich für die Sprache interessierten und begannen, sie zu lernen.

Später begannen die Bewegungen der romantischen Poesie, Sprachbegeisterte zu versammeln, und auf beiden Seiten begann man, die Sprache zu analysieren sowie zu übersetzen. Aber erst viel später setzte sich der Französischunterricht durch.

Im Kriegs-Kontext nahmen Stereotype und Vorurteile durch Propaganda die Oberhand. Besonders während des Nazi-Regimes wollten Deustche meistens nichts mit dem französichen “Erbfeind” zu tun haben, und das Regime konzentrierte sich eher auf der Reinheit der deutschen Sprache.

Mit dem Wiederaufbau änderten sich die Dinge deutlich. Es wurden Verträge unterzeichnet, die den Grundstein für eine gemeinsame Freundschaft legten, die, wie wir wissen, zu einer wirtschaftlichen und dann politischen Zusammenarbeit führte. Aber Französischkurse für deutsche Student/innen waren nicht die Priorität. Im Westen, in der BRD, lag der Schwerpunkt auf englischen Sprachkenntnissen, während in der DDR Russischkurse eingeführt wurden. Aber die Sprache gewann trotzdem schnell an Boden, dank des Erfolgs von Jugendpartnerschaften, die durch das Deutsch-Französische Jugendwerk vermittelt wurden.  

 

Französisch als erste Fremdsprache in der Grundschule? Das Beispiel von Stella aus Berlin.

Wir haben eine Kommilitonin interviewt, die uns ein paar Informationen über ihren Fransösischunterricht gegeben hat. Sie erklärt, wie wenige sich so jung für Französisch entscheiden (können) und warum sie diese Sprache so gern mag. 

“Zur dritten Klasse fangen die Berliner Schüler an, eine Fremdsprache zu lernen, meistens Englisch. Die Schule, die ich besuchte, bot auch Französisch an. Meine Eltern ließen mich wählen und ich entschied mich für diese Option. Die Französisch-Gruppe war aus dem gesamten Jahrgang zusammengestellt und umfasste ungefähr zehn Mitglieder. So fing ich mit sieben Jahren an, Französisch zu lernen. Danach kam ich in die Oberschule. Durch meine Französischkenntnisse kamen nicht so viele Schulen in Frage, leider. 

In der achten Klasse gab es einen Austausch nach Bordeaux, Frankreich. Ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich dort machen konnte.

Ich mag Französisch sehr gerne, ich liebe es, französisch-sprechenden Personen zuzuhören. Ich stehe mit dem Sprachvermögen noch auf dem Kriegsfuß, aber da hilft nur: weitersprechen, weitersprechen, weitersprechen. Das ist auch das einzige, was ich nicht mag: dass ich die Sprache (noch) nicht so gut sprechen kann.”

Warum möchten Schülerinnen und Schüler Französisch lernen?

Wir haben am Beispiel von Stella gesehen, warum sie Französisch als Fremdsprache gewählt hat. Warum entscheiden sich Schülerinnen und Schüler, Französisch in der Schule zu lernen ? Gibt es außer den kulturellen noch andere Gründe, warum Schülerinnen und Schüler Französisch lernen oder warum Eltern es gut finden, dass ihre Kinder dies tun? Wir haben eine kleine Umfrage in unserem deutsch-französischen Studiengang gemacht und nach den Gründen gefragt, warum unsere Kommilitonen Französisch gelernt haben. 

Französisch ist eine schöne Sprache
Ist Französisch eine schöne Sprache?
Welchen Vorteil hat es Französisch zu lernen?
Welchen Vorteil hat es Französisch zu lernen?
Warum ist es wichtig, Französisch zu lernen?
Warum ist es wichtig, Französisch zu lernen?

Auch Schülerinnen und Schüler des Eichstätter Gabrieli-Gymnasiums haben auf diese Fragen geantwortet. Sie haben sich entschieden, Französisch zu lernen, weil “diese Sprache viel auf der Welt gesprochen wird”.  Für andere “klingt die Sprache einfach gut”. 

Um eine so komplizierte Sprache wie Französisch zu lernen, braucht man allerdings Geduld und oft ein besonderes Interesse wie zum Beispiel die Aussicht, Reisen zu können und verstanden zu werden. Reisen erweitert den Horizont, weckt Interesse an anderen Kulturen und motiviert, eine Fremdsprache zu lernen. Genau das ist der Grund, den uns Schülerinnen und Schüler vom Gabrieli-Gymnasium genannt haben: “Das Land gefällt mir, ich möchte mich unterhalten” oder ”Ich fahre oft nach Frankreich in den Urlaub und möchte mich verständigen können".

Wie wir in der Grafik auch sehen, interessieren sich viele Deutsche auch aus berufliche Gründen für Französisch. Besonders die Studierenden finden Französisch für eine Tätigkeit im europäischen Kontext und allgemein für ihre berufliche Karriere wichtig. Tatsächlich kann man erkennen, dass deutsch-französische Studiengänge in der Arbeitswelt sehr gefragte Profile sind, weil die deutsch-französische Zusammenarbeit immer stärker wird. Die Wahl von Französisch ist also auch eine Investition in die Zukunft. Auch Schülerinnen und Schüler vom Gymnasium sehen diese Kooperationen als Vorteil: “Politisch und wirtschaftlich bestehen starke Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland”.

Gibt es ein spezifisches Profil von Schülerinnen und Schülern, die Französisch lernen?

In Frankreich sind es statistisch gesehen eher die guten Schüler, die Deutsch wählen, denn im Gegenteil zu Spanisch (die Sprache, die von 70% in der Schule als Zweitsprache ausgewählt wird) gilt Deutsch als “kompliziert” und leider ohne “schönen Klang". Das Lernen von Deutsch hängt vom Profiltyp der Schüler/innen ab.  

In Deutschland ist sieht es anders aus. Alle können manchmal sogar schon in der Grundschule (wie Stella) Französisch wählen, und dies nicht unbedingt in Schulen in der Nähe der französischen Grenze.  Tatsächlich ist es in vielen Schulen so, dass Englisch im deutschen Schulsystem keine so dominante Stellung einnimmt. Es ist also nicht verwunderlich, dass Deutsche häufig viel besser Französisch können als umgekehrt. Das liegt an der Art und Weise des Lernens. Es ist daher nötig festzustellen, dass die Stereotype diesmal funktionieren. In Deutschland ist das Erlernen von Fremdsprachen ein strenger Prozess, bei dem die Schüler/innen konzentriert und fleißig sind. Sie machen doppelt so große Fortschritte wie die Franzosen, allein durch die deutsche Schulkultur: viele mündliche Übungen, Wortschatz und vor allem Beteiligung an der Arbeit, was in Frankreich zugegebenermaßen nicht der Fall ist. 

Also lernen Deutsche schneller und besser die Sprachen weil sie durch die Arbeitsweisen und das Schulsystem fleißiger sind. 

Die Freude, Französisch zu sprechen

Deutsche, die nach Frankreich gehen, sprechen so oft wie möglich Französisch und tun dies bewusst. Auf der anderen Seite ist es für Franzosen eher eine Möglichkeit, andere Länder zu sehen und neue Leute kennenzulernen. In Deutschland sprechen sie dann meistens Englisch, wenn sie sich veständigen wollen und auch in Englisch sprechen sie nicht flüssig. Deshalb haben Deutsche, wenn sie nach Frankreich kommen, keine andere Wahl, als Französisch zu sprechen, denn die Franzosen sprechen kaum Englisch. Dies ermöglicht ihnen große Fortschritte zu machen. 

Zu den soliden sprachlichen Grundlagen kommt noch die Liebe zur französischen Kultur hinzu. Sind die Franzosen oft zurückhaltender, so zögern die Deutschen nicht, im Urlaub die Grenze zu überschreiten. Nach und nach kennen sie Frankreich besser als die Franzosen selbst.

Aber... leider schlechte Nachrichten

Wir müssen auch berücksichtigen, dass in letzter Zeit die Wahl von Französisch in den Schulen zurückgegangen ist. In 2012 wählten nur 26 % der deutschen Schülerinnen und Schüler Französisch, während es 2000 noch 30 % waren. Die Sprache hat an Beliebtheit verloren. Auch wenn es gute Französischlehrer gibt, wird der Unterricht manchmal als grammatiklastig gesehen. Für Spanisch und Englisch gibt es mehr Motivation zu lernen, denn der Aspekt der Sprache ist wichtiger als Grammatik. 

Was ist so schwer an dieser Sprache? Auch Stella ist der Meinung, dass Französisch gar nicht so einfach sei. Es gibt sprachliche Nuancen und Aussprachen, die einzigartig sind. Besonders sind stumme Buchstaben und falsche Freunde sind eine große Herausforderung. 

Was muss man tun ? 

Wir Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, Lehrerinnen und Lehrer sowie die Politik müssen die Partnerschaften erweitern, um Schülerinnen und Schüler zu motivieren, Französisch zu lernen. Es ist interessant zu sehen, dass es viele Arten gibt, Französisch zu lernen wie das AbiBac oder Austauschprogramme in der Schule. Der größte Einfluss eine Sprache zu lernen, ist sie auch wirklich zu nutzen. Deshalb ist es wichtig, nach Frankreich zu reisen, und dort Französisch zu sprechen. Wie Nelson Mandela sagte : “Wenn Sie mit einem Mann in einer Sprache sprechen, die er versteht, sprechen Sie mit seinem Kopf. Wenn Sie mit ihm in seiner Sprache sprechen, sprechen Sie zu seinem Herzen.”

Casser les oeufs

Zum Schluss haben wir gefragt, was die Schüler am besten an dieser Sprache fanden. Am meisten haben sie in der Umfrage ihre Schönheit erwähnt. 

Sie haben auch geantwortet, dass diese Sprache viele “lustige” Wörter und “Ausdrücke” wie zum Beispiel "On ne peut pas faire une omelette sans casser des oeufs" hat. “Diese Sprache ist cool”, sagte ein Schüler aus dem Gabrieli Gymnasium. Auch ihre Französischlehrerin Frau Knabl meinte, es mache ihr Spaß, Französisch zu lehren. Auf jeden Fall freut es uns sehr, dies zu hören. 

Vielen Dank an Stella Freund, Frau Knabl und Ihre Schülerinnen und Schüler vom Gabrieli-Gymnasium in Eichstätt und alle Studierenden im deutsch-französischen Studiengang, die an der Umfrage teilgenommen haben !

Constance Tremenbert und Maylis Christien (2e année Sciences Po Rennes