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Prof. Dr. Caroline Emmelius neues Mitglied im ZRKG

Prof. Dr. Caroline Emmelius hat im April 2022 den Lehrstuhl für Ältere Deutsche Literaturwissenschaft an der KU übernommen und leitet darüber hinaus die Forschungsstelle für geistliche Literatur des Mittelalters an der SLF. Seit Mai 2022 ist sie Mitglied im FF I des ZRKG. Im Gespräch mit dem ZRKG stellt sie sich vor.

ZRKG: Frau Professor Emmelius, an welchem Forschungsprojekt arbeiten Sie aktuell?

A: Mich interessiert ganz grundsätzlich die in Frauenklöstern des späten Mittelalters entstandene deutschsprachige Literatur: (Mystische) Visionen und Offenbarungen, Heiligenlegenden, aber auch Texte für die monastische Alltagspraxis wie Gebetbüchlein. Diese Texte stehen einerseits in spannungsvoller Beziehung zu den lateinischen Grundlagentexten jedes monastischen Lebens, andererseits bieten sie gerade als volkssprachige Texte innovative Spielräume für die Auseinandersetzung mit kirchlicher Lehrmeinung und persönlicher Glaubenserfahrung. Im Fokus meiner Forschung stehen dabei im Moment sogenannte Heiligenbüchlein, die Legenden, aber auch Gebete und Lieder zu einzelnen (Lieblings-)Heiligen klausuriert lebender Frauen zusammenstellen. Im Juni haben wir zu solchen Heiligenbüchlein aus Freiburger und Straßburger Klarissenklöstern eine Tagung in Berlin veranstaltet, die vor allem nach den medialen Wechselbezügen zwischen Text und Bild, aber auch zwischen den verschiedenen Textsorten in solchen Heiligenbüchlein gefragt hat. 

ZRKG: Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen? Hat es so etwas wie einen starken Impuls, ein zentrales Motiv gegeben?

A: Die deutschsprachigen Texte der geistlichen Frauen faszinieren mich schon seit meiner Promotionszeit, denn die Frauen müssen religiöse Artikulationsformen finden, die nicht die der studierten Kleriker sein können. Statt Predigt und Traktat findet man in den Frauenklöstern Visions- und Andachtsliteratur, die aber nicht minder theologisch informiert sein muss. In meiner Habilitationsschrift habe ich diese Literatur ins Zentrum gestellt und insbesondere nach der Rolle von Stimme und Klang gefragt, die Medien für einen Kontakt mit der Transzendenz werden können.

Zur Beschäftigung mit mittelalterlichen Heiligenbüchlein bin ich jedoch über mein Interesse an der Wahrnehmung und literarischen Darstellung der Heiligen Elisabeth von Thüringen im Mittelalter gekommen. Wie das Wissen von dieser breit anschlussfähigen, neuen mittelalterlichen Heiligen in unterschiedlichste Medien Eingang findet, und wozu es wiederum genutzt wurde, steht dabei im Mittelpunkt. Eines der Freiburger Heiligenbüchlein widmet sich Elisabeth – und zwar in unterschiedlichsten Texten und mit diversen Perspektiven. Übrigens haben auch die mittelalterlichen Nonnen von St. Walburg in Eichstätt Heiligenbüchlein hergestellt – hier natürlich zu ihrer Patronin, der Hl. Walburga. Sie zu erschließen und zu untersuchen ist eine reizvolle Aufgabe, die ich gerne in Angriff nehmen möchte.

ZRKG: Was motiviert Sie, einem interdisziplinären Forschungszentrum beizutreten? Gibt es Themen, die Ihnen dabei besonders wichtig sind?

A: Als mediävistische Literaturwissenschaftlerin bringe ich einen genauen Blick für (mittelalterliche) Texte, für ihre sprachliche Verfasstheit und ihre medialen Überlieferungsbedingungen in das ZRKG ein – aber dieser Blick benötigt unabdingbar die Perspektiven und Expertisen der benachbarten Disziplinen: in meinem Fall der Theologie, der Geschichte, der Liturgiewissenschaft, der Kunstgeschichte. Mit diesen Disziplinen im ZRKG ins Gespräch zu kommen, gemeinsame Fragestellungen zu entwickeln und zu diskutieren, ist für mein Verständnis einer aus dem Dialog Einsichten generierenden Wissenschaft zentral. Die für das ZRKG grundlegende Frage nach den Transformationen des Religiösen in Geschichte und Gegenwart schafft dabei für die Einzeldisziplinen eine spannungsvolle gemeinsame Basis. Bezogen auf mein Thema der Heiligenbüchlein könnte das heißen: Solche Texte entstehen im 15. Jahrhundert im Kontext monastischer Reformbemühungen als innovative Textformate, zugleich bleiben sie ganz dem Handschriftenzeitalter verhaftet und schaffen den mediengeschichtlichen Sprung in den Druck nicht. Welchen Transformationen die Buchproduktion reformierter Frauenklöster im konfessionellen Zeitalter unterworfen ist, wäre daher eine spannende Anschlussfrage.

ZRKG: Gibt es eine Disziplin neben Ihrem eigenen Fach, der Sie sich besonders verbunden fühlen? Und wenn ja – warum?

A: Ich bin von meinen Studienfächern Germanistik und Anglistik her mit Leidenschaft Literaturwissenschaftlerin und gerne auch Komparatistin. Mein Interesse für geistliche Texte bringt aber eine Nähe zu Theologie und Geschichte mit sich, insofern mag ich mich nicht auf eine einzelne ‚Lieblingsdisziplin‘ festlegen.

ZRKG: Danke für das Gespräch!

(Die vollständige Vita von Prof. Dr. Caroline Emmelius finden Sie auf der Lehrstuhl-Homepage.)