Der Workshop geht zurück auf ein Panel im Rahmen der Tenth Annual RefoRC Conference, das von Professor Dr. Isabelle Stauffer und Professor Dr. Bernward Schmidt im Mai 2021 in Budapest (online) abgehalten wurde und das auf hervorragende Resonanz stieß. Dessen Diskussionen sollen fortgeführt und mit Hilfe externer Expertise erweitert und vertieft werden.
Die mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen verbundenen Erfahrungen von Unsicherheit werden nicht selten durch erhöhte Aggressivität kompensiert. Diese Beobachtung trifft nicht nur für die Gegenwart zu, sondern auch für das 16. Jahrhundert, das mit der Reformation einen Transformationsprozess par excellence aufweist. Die teils sehr derben Beleidigungen und Herabsetzungen, die für heutige Leser oft peinlich wirken, sind jedoch als eigene soziale Praxis zu verstehen, die einer eigenen Logik folgt und klare soziale Funktionen zu erfüllen hat.
Im hier beantragten Workshop sollen sowohl das kulturwissenschaftliche Konzept der Invektivität, das im Dresdner SFB 1285 entwickelt wurde, als auch konkrete Beispiele diskutiert werden. Im Fokus stehen dabei exemplarische Schriften, die gegen Martin Luther und die Reformatoren gerichtet waren, insbesondere von Thomas Murner, Johannes Cochlaeus, Kilian Leib und Ambrosius Catharinus Politi. Demgegenüber werden mit den Kontroversen Ulrichs von Hutten, der „Lügende“ und illustrierten Flugschriften auch polemische Formen der reformatorischen Seite näher analysiert.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Isabelle Stauffer
Anmeldung an E-Mail: zrkg(at)ku.de
Programm
Freitag, 12. November 2021
14.00-14.15 Bernward Schmidt, Isabelle Stauffer (Eichstätt)
Begrüßung und Einführung
14.15-15.00 Tarald Rasmussen (Oslo)
Luther und Ambrosius Catharinus Politi
15.00-15.45 Isabelle Stauffer (Eichstätt)
Immer Ärger mit dem Grobian. Die Auseinandersetzung zwischen Martin Luther und Thomas Murner
16.15-17.00 Christiane Caemmerer (Berlin)
Papstesel und Säuwerk – Beschimpfungen in Wort und Bild in den Einblattdrucken und Flugblättern der Reformationszeit
Samstag, 13. November 2021
9.00-09.45 Antje Sablotny (Dresden)
"zu grob gewest“. Metainvektivität im interkonfessionellen Streit um das Erzählen vom Heiligen im 16. Jh.
9.45-10.30 Cora Dietl (Gießen)
Eine polemische Rekonstruktion der Memoria: die „Historia Martini Lutheri“ des Johannes Cochläus
11.00-11.45 Bernward Schmidt (Eichstätt)
Invektivität und Deutungsmacht. Der Religionskonflikt in Kilian Leibs „Annales maiores“
11.45-12.15 Schlussdiskussion