Martin Bauer-Zetzmann studierte Klassische Philologie, Geschichte und Alte Geschichte an den Universitäten Graz und Wien und wurde 2018 an der Universität Innsbruck mit der Arbeit „Ricoldus de Monte Crucis: Epistole ad Ecclesiam triumphantem. Einleitung, Text und Kommentar“ promoviert. 2025 erscheint seine neue Monographie „Das bunte Epos“, die erste Gesamtinterpretation der pseudohesiodeischen Aspis in einer modernen Sprache. In seinem Habilitationsprojekt geht es um das Publikum der frühen griechischen Geschichtsschreibung (6./5. Jh. v. Chr.). Daneben interessiert er sich für antike Epigraphik sowie für alle Bereiche der griechischen Literatur und Kultur in Antike, Mittelalter und Neuzeit inklusive ihrer Vermittlung und Didaktik.
„Plutarch im Dialog mit Herodot: Geschichtskritik und Moraldidaktik“
Unter den Werken des kaiserzeitlichen Mittelplatonikers Plutarch von Chaironeia befindet sich ein Traktat, der in der neuzeitlichen Rezeption hauptsächlich Unverständnis hervorgerufen hat: De Herodoti malignitate (Über die Boshaftigkeit Herodots). Es handelt sich dabei um eine polemische Abrechnung mit dem Geschichtswerk des Historiker Herodots, der Plutarch zufolge die Leistungen der Griechen in den Perserkriegen aus Missgunst in einem schlechteren Licht erscheinen habe lassen, als sie in Wahrheit verdient hätten. Der Traktat hat einiges Interesse von Historikern und Philologen auf sich gezogen, da er prominent die Frage nach der historischen Wahrheit aus antiker geschichtsmethodologischer Perspektive zu behandeln scheint. Doch ist Plutarchs Kritik aus historischer Sicht fragwürdig und verrät eher propagandistische Interessen als kritisches Denken. Das resultierende Unbehagen mit dem Text wurde in der Forschung seit dem 19. Jh. auf verschiedene Arten zu lösen versucht: teils wurde der Traktat als unecht verdächtigt, teils als unreifes Jugendwerk klassifiziert. Bis jetzt ist es aber nicht gelungen, zu einer allgemein akzeptierten Ansicht zu gelangen.
Im Zuge meiner Arbeit an einer Übersetzung und Annotierung von De Herodoti malignitate für das Projekt „Plutarchs Moralia“, die erste deutschsprachige Gesamtedition von Plutarchs philosophischen Schriften (Leitung: Anna Ginestí Rosell), ist es mir als dringendes Desiderat erschienen, auch in der Interpretation dieses rätselhaften Textes weiterzukommen. Grundlegend erscheinen mir dabei zwei Aspekte, denen ich bei meinem Forschungsaufenthalt in Eichstätt weiter nachgehen möchte, einerseits die didaktische Ausrichtung von Plutarchs Moralphilosophie, andererseits das Verhältnis Plutarchs zu Herodot in seinen anderen – auch biographischen – Schriften. Methodisch geht mein Ansatz also über die bisher vorherrschende intratextuelle Lektüre von De Herodoti malignitate weit hinaus, indem sie das – umfangreiche – Gesamtwerk Plutarchs, systematisch mit ins Auge fasst und philologische, historische und philosophische Zugänge kombiniert.
Webseite: www.uibk.ac.at/latinistik-graezistik/mitarbeiterinnen/bauer-zetzmann-martin
Link zum Gesamtprojekt „Plutarchs Moralia“: https://www.ku.de/forschung/forschungsinfrastruktur/forschende-institutionen/dialogkulturen/projekte/plutarchs-moralia