Ein Humanist beim Aktenstudium: Albrecht von Eyb (1420-1475) als Rechtsgelehrter

Prof. Dr. Wetzstein

Der fränkische Adlige Albrecht von Eyb kann als der wohl bekannteste deutsche Frühhumanist gelten. Wie zahlreiche Altersgenossen aus wohlhabenden Familien begab er sich für sein Jurastudium nach Italien, von wo er nach Aufenthalten in Padua, Bologna und Pavia erst fünfzehn Jahre später (1459) endgültig zurückkehrte. Seine heutige Bekanntheit gründet sich dabei ausschließlich auf seine frühen Leistungen als Humanist, während seine in zahlreichen Rechtsgutachten handschriftlich überlieferte Tätigkeit als Jurist und damit auch der ursprüngliche Grund seines Italienaufenthalts weitgehend unerforscht sind. Das Vorhaben möchte diese seit langem beklagte Forschungslücke schließen und dabei nicht nur unsere Kenntnisse der Biographie und des juristischen Wirkens des deutschen Frühhumanisten wesentlich erweitern, sondern darüber hinaus auch ermitteln, ob die humanistischen Neigungen des Albrecht von Eyb sich im Spiegel seiner Gutachten als Teil eines umfassenden Transfers gelehrter Kultur interpretieren lassen, die der Gelehrte in ihrer Gesamtheit aus Italien mitbrachte. Das Vorhaben erfordert große methodische Vielfalt, da es äußere Form und gelehrte Inhalte der Eybschen Gutachten gleichermaßen berücksichtigt um die Person Albrechts von Eyb in einen in den letzten beiden Jahrzehnten immer besser bekannten historischen Kontext einzuordnen. Eine solide prosopographische Aufarbeitung der Gutachten wird helfen, die bislang unbekannten Personennetze seiner juristischen Tätigkeit den gut bekannten Humanistenkontakten Albrechts gegenüberzustellen, während die etablierten Methoden kodikologischer, paläographischer und rechtshistorischer Forschung ihr Potential vor allem im Vergleich der Handschriften Albrechts mit Handschriften italienischer und deutscher Autoren entfalten werden. Die interdisziplinären Herausforderungen des Vorhabens ermöglichen dabei eine enge Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern aus den Bereichen Rechtsgeschichte, lateinische Philologie und Bildungsgeschichte und bilden die konzeptionelle Grundlage einer internationalen Tagung mit Vertretern der beteiligten Fachdisziplinen. Das Vorhaben versteht sich als Beitrag zu einer empirischen Fundierung der gelehrten Welt des europäischen Spätmittelalters und kontextualisiert praktische Anwendungsfelder gelehrten Wissens jener Zeit in ihren vieldimensionalen Bezügen.

Das Projekt wird seit 2020 von der DFG als Sachbeihilfe gefördert.