Teaser

Forschungsgrabung in Gerasa (Jerash/Jordanien)

September-Oktober 2021

 

Das Projekt

Bereits 1993 wurden im Zeusheiligtum von Gerasa Spuren einer römischen Bronzeguss-Werkstatt entdeckt. Die damals von einem französischen Team unter Leitung von Prof. Jacques Seigne durchgeführten Grabungen auf der unteren Terrasse des Heiligtums mussten 2014 eingestellt werden. Sie brachten drei Gussgruben zutage, die wohl für Arbeiten anlässlich des Neubaus des Tempels auf der oberen Terrasse in severischer Zeit angelegt wurden. Mit dem durch Prof. Gerhard Zimmer schon vorhandenen Schwerpunkt in der Erforschung des griechischen Bronzegusses war die KU ein idealer Standort zur weiteren Untersuchung dieser Werkstatt aus römischer Zeit. Dabei sollen unter anderem die Besonderheiten der römischen im Vergleich zur griechischen Technik unter die Lupe genommen werden (Forschungs-Seite der KU).

In der ersten Kampagne im Herbst 2021 konnte nun dieses Forschungsziel vorbereitet werden. Die Spuren der nachrömischen Besiedlung im Bereich der porticus wurden abgetragen und sorgfältig dokumentiert.

3D-Modelle

Filme der 3D Modelle des Grabungsareals (Einmal umayyadische Mauern, einmal byzantinische Mauer)

Thumbnail

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Thumpnail

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Das Team

Unsere Forschungsgrabung wurde von einem jordanisch-deutschen Team durchgeführt. Aus Eichstätt waren außer der Grabungsleiterin Stefanie Becht zeitweise noch Projektleiter und Antragsteller Professor Gerhard Zimmer und Wolfgang Thiel als stellvertretender Grabungsleiter mit von der Partie. Von jordanischer Seite waren die Archäologen Khairiyeh al Khokhon, Abd al-Karim al-Haramleh und Sireen al-Shawbaki mit von der Partie. Beratend unterstützt wurden wir von Professor Lutfi A. Khalil, Metallurg von der University of Jordan, außerdem waren wechselnde Repräsentanten des Department of Antiquities in Amman (entspricht in etwa dem Landesamt für Denkmalpflege) vor Ort. Die 3D-Modelle fertigte die Architektin Safa Judeh an. Die Arbeiter Saddam, Dheja und Omran haben als erfahrene Grabungshelfer tatkräftig angepackt.

Team

Auf dem Bild zu sehen sind (erste Reihe, von links nach rechts) Grabungshelfer Saddam, DoA Repräsentantin Nawal, Archäologen Sireen al-Shawbaki und Abd al-Karim al-Haramleh, Grabungsleiterin Stefanie Becht, Architektin Safa‘ Judeh, Antragsteller Professor Gerhard Zimmer, Metallurg Professor Lutfi A. Khalil, Direktor des Archäologischen Parks Jerash Mohammad al-Shalawi, Grabungshelfer Dheja, Archäologin und Restauratorin Khairiyeh al Khokhon (zweite Reihe, von links nach rechts) Stellvertretender Grabungsleiter Wolfgang Thiel und Grabungshelfer Omran

Grabungsalltag

Woche 1

Nachdem alle Formalitäten erledigt und die Grabungsgenehmigung beim Department of Antiquities eingeholt war, konnten die Arbeiten pünktlich am Samstag, den 04.09.2021 beginnen. Wir – also Grabungsleiterin Stefanie Becht, Khairiyeh al Khokhon, Archäologin, Restauratorin, Übersetzerin und Seele des Teams und Husain, der Repräsentant des DoA trafen uns mit Direktor Mohammad al-Shalawi, um das Grabungsareal abzustecken und zunächst zwei Arbeiter – Saddam und Dheja – anzustellen. Die Fläche, die wir öffnen wollten, war in etwa 4 auf 4 Meter groß, nach drei Seiten begrenzt durch die Mauern der porticus, in deren Inneren die Werkstatt lag und den Schnitt, den das Französische Team bereits 2014 angelegt hatte. Wir hatten vor, den Zugangsweg zur unteren Terrasse teilweise abzutragen, was uns der Direktor des archäologischen Parks auch gestattete.

Zunächst galt es einige große Felsbrocken beiseite zu schaffen, die die Abbruchkante markierten und verhindern sollten, dass ein Tourist oder Fahrzeug versehentlich auf Abwege geriet. Währenddessen begann unsere Zeichnerin bereits, das erste Profil zu zeichnen. Die erste Woche verging mit dem Wegschaffen des Abraums und dem Bau des nötigen Sonnenschutzes recht schnell. Hätten wir geahnt, wie viel neuzeitlicher Schutt auf der Fläche lag, wir hätten die ersten Meter mit viel mehr Arbeitern und in viel kürzerer Zeit beseitig.

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Abstecken der Fläche
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Das erste Planum
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Die Fläche am Morgen

Woche 2

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Mauern zeichnen sich ab

Diese Woche war sehr anstrengend, denn nachdem große Mengen modernen Abraums beseitig worden waren, mussten die Steine des Gewölbes abgetragen werden, das einst das Dach der porticus bildete.

Währenddessen galt es außerdem eine zweite Hürde zu meistern: um unsere Grabung später korrekt verorten zu können brauchten wir Fixpunkte, von denen aus wir messen konnten. Dies war schwieriger als gedacht, da keine bekannten Koordinaten in der Nähe unserer Fläche verzeichnet waren. Zum Glück bekamen wir mit der Unterstützung unseres Repräsentanten Husain die Koordinaten einer bereits abgeschlossenen Grabung am anderen Ende des Geländes, nahe des Nordtors. Vom Turm eines ottomanischen Hauses auf dem Gelände, das heute als Lagerhaus dient, konnten wir sowohl die alte als auch unsere neue Grabung sehen. Der Tachymeter, den wir vom British Institute in Amman leihen konnten, leistete uns gute Dienste. Wir setzten sicherheitshalber gleich mehrere Fixpunkte, die hoffentlich auch für die nächste Kampagne wieder auffindbar sein werden.

Am Donnerstag Nachmittag erlebten wir dann noch eine Überraschung: Einer der Steine des Gewölbes hatte rote Farbspuren an der Unterseite. Zunächst ärgerten wir uns, denn wir dachten, es handle sich um Markierungen, die bei einer vorherigen Grabung angebracht worden waren. Das hätte bedeutet, dass wir immer noch mit modernen Schichten beschäftigt wären und nicht, wie angenommen, die islamischen Siedlungsspuren erreicht hätten. Doch bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass nicht nur rote, sondern auch gelbe, grüne und orange Farbtupfen zu sehen waren und dass es sich hier nicht, wie zuerst gedacht, um Zahlen handelte. Vielmehr hatte irgendjemand die verrußte Decke mit einem floralen Muster bemalt! Wir vermuten, dass die Malereien von den umayydischen Bewohnern angebracht wurden, die es sich in der porticus häuslich eingerichtet hatten.

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Bemalter Stein
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Große Steinbrocken werden bewegt

Woche 3

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Quadratischer Raum mit Stampflehmboden und Korridor

Die restlichen Gewölbesteine – von denen noch einige weitere Farbspuren aufwiesen – waren schnell beiseite geräumt und wir konnten die Mauern eines quadratischen Raumes mit Stampflehmboden erkennen. In umayyadischer Zeit hatte man die porticus in kleinere Wohneinheiten unterteilt, von denen eine ziemlich genau mit unserer Fläche übereinstimmte. Man konnte durch den Haupteingang zur porticus von der Terrasse aus in einen schmalen Korridor gelangen und von dort aus in das Zimmer. Im Gegensatz zum Wohnraum gab es im Korridor keinen Lehmfußboden.

Unter dem Fußboden zeichnete sich eine kreisrunde Struktur aus Steinen ab, die uns zunächst Rätsel aufgab. Nachdem wir den restlichen Lehm abgetragen hatten wurde jedoch klar, um was es sich handelte. Unter dem Stampflehmboden kam der Unterbau aus Bruchsteinen zu tage. Einige Steine waren etwas höher kreisförmig aufgeschichtet worden, um in einer Art Becken den Lehm anmischen zu können. Diese Technik wird heute noch verwendet.

 

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Das Jerash Festival wird vorbereitet

Im Laufe der Woche wurde es für uns immer schwieriger mit dem Auto auf das Gelände zu gelangen, denn dort liefen die Vorbereitungen für das Jerash-Festival auf Hochtouren. Dieses Musikfest wird normalerweise im Sommer veranstaltet, doch aufgrund der Coronakrise hatte man es spontan abgesagt. Nun sollte es, ziemlich spontan, doch stattfinden und die Sicherheitsmaßnahmen waren hoch. Das ganze Gelände wurde tagtäglich von Polizisten abgeriegelt und unser bisheriger „Pausenraum“ war schon zu Beginn der Woche in einen Verkaufsstand umgewandelt worden. Obwohl das Festival erst Abends begann, wurden wir beim Betreten des Geländes am Morgen von nun an streng kontrolliert.

Woche 4

Wir hatten im Korridor bereits etwas tiefer gegraben als in dem kleinen Wohnraum, also entfernten wir dort den Bodenunterbau. In einer sandigen Schicht fanden wir ein nahezu komplettes Gefäß, einer der wenigen Funde überhaupt aus diesem Bereich. Da es hier auch keine nennenswerten Brandspuren gab, waren wir schon zu dem Schluss gekommen, dass die Bewohner das improvisierte Haus geordnet verlassen hatten. Dies war insofern ungewöhnlich, da weite Teile der porticus bei einem Erdbeben im Jahr 749 n. Chr. eingestürzt waren. Dies galt jedoch offenbar nicht für unser „Haus“.

Unter einem weiteren Unterbau aus Bruchsteinen, in dem auch ein großes, vermutlich römisches Steingefäß verwendet wurde, konnten wir schließlich eine ältere Mauer erkennen, die grob von Norden nach Süden lief. Noch konnten wir sie aber nicht komplett verfolgen, denn das DoA hatte noch nicht die Einwilligung erteilt, die umayydischen Mauern abzureißen. Wir warteten sehnsüchtlich auf diese Genehmigung, wäre es doch für uns ansonsten unmöglich, den römischen Werkstattboden flächig zu untersuchen. Um nachzuweisen, dass das Mauerwerk nur noch aus wenigen Lagen bestand, die ohne Fundament direkt auf dem Erdboden aufsaßen, legten wir vom Korridor aus einen Suchschnitt an. In dessen Profil konnten wir auch die Schichtabfolge gut beurteilen.

Gleichzeitig begann das Team unter Anleitung von Khairieh die Funde zu reinigen.

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Beginn der Fundbearbeitung
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Bruckstücke eines Steingefässes

Woche 5

Gerhard Zimmer und Wolfgang Thiel trafen in Jordanien ein und stießen zum Grabungsteam. Gleichzeitig erreichte uns die erfreuliche Nachricht, dass wir die umayyadische Mauer nun abbauen durften. Zuvor machte die Architektin Safa‘ Judeh für uns structure-for-motion Aufnahmen, so dass wir ein 3D-Modell des umayyadischen Raums zur Verfügung haben. Die darunterliegende byzantinische Mauer lief, wie vermutet, quer durch die porticus. In ihrer Mitte war noch deutlich die Türschwelle zu erkennen. Auch von ihr wurden 3D-Aufnahmen angefertigt.

Beim Putzen des Profils nahe der Stelle, an der die französischen Kollegen die Gussgrube entdeckt hatten, fiel ein Lehmband auf, das Gerhard Zimmer mit geübtem Blick als Werkstatthorizont identifizierte. Hier waren die römischen Arbeiter mit ihren Lehmverschmierten Schuhen um die Grube gelaufen und hatten ihre Spuren hinterlassen. Auch beim Reinigen der Funde stießen wir auf Unerwartetes: Ein auf den ersten Blick unscheinbarer Stein erwies sich als Haarlocke und Teil des Ohrs einer überlebensgroßen Staute aus Marmor. Leider stammen sie aus den obersten Schichten, waren also modern umgelagert.

 

Nachdem die Grabung sich dem Ende zuneigte, beschlossen wir, nur bis zum byzantinischen Laufniveau abzutiefen. Wo sich dieses befand war anhand der Türschwelle und des Profils leicht festzustellen. Am 09.10.2021 wurde die Fläche mit einer Plane abgedeckt und das Profil mit einem Zaun gesichert. Nun befinden sich die römischen Schichten also sicher unter einem festgestampften Fußboden aus späterer Zeit und warten darauf, in der nächsten Kampagne von uns freigelegt zu werden.

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Bruckstück einer Marmorskulptur
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Der Werkstattboden ist als brauner Streifen im Profil sichtbar
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Die Mauer kann abgebaut werden