Römische Villenkultur

Rekonstruktion einer Villa Rustica
Rekonstruktion eines römischen Gutshofes, aus: A. Kammerer – C. Utz (Hrsg.), Latein mit Felix 1 (Bamberg 2003) S.65.

Wo die Römer schön wohnten – und auch ganz schön ackerten


Grundsätzlich bezeichnete der Begriff villa immer ein Wohngebäude bei den Römern. Man unterteilte sie in die villa urbana und die villa rustica. Die villa urbana war ein Landhaus, das städtisch luxuriös ausgestattet war und nicht dauerhaft vom Besitzer bewohnt wurde. Die villa rustica hingegen bezeichnet einen landwirtschaftlichen Gutsbetrieb, bestehend aus einem Wohnkomplex und einem Wirtschaftsgebäude.

In Nassenfels, am Speckmühlweg, wurden die Überreste einer villa rustica gefunden. Man siedelte gewöhnlich am Rand fruchtbarer Ebenen. Das Gehöft lag inmitten der Weideflächen und man versuchte, Quellen in den Hofbereich zu integrieren, um die Versorgung mit Trinkwasser zu gewährleisten.

Das Baumuster der villae rusticae hielt sich zwei Jahrhunderte ohne große Veränderung. Während die ersten Gebäude noch aus Holz waren, setzte sich im 2. Jahrhundert der Steinbau durch.
Das Gebäudeensemble einer villa rustica setzte sich aus dem Wohngebäude, einem Wirtschaftsgebäude, Ställen, Schuppen und oft einem Bad zusammen. Der Wohnraum war von den Unterbringungsbereichen des Viehs abgetrennt. Das Wohnhaus lag, wenn es das Gelände zuließ, etwas erhöht, damit man das Grundstück gut überblicken konnte. Es verfügte über einen Speiseraum und Repräsentationsräume. Speiseräume sind über die Position und Spuren der Klinen, der Speisesofas erkennbar. Sie standen reihum entlang der Wände meist in Pi-Form. Die Küche ist an den Kochstellen erkennbar, die meist aus Lehm- oder Ziegelplatten auf dem Boden oder einem aufgemauerten Herd bestanden und mit Holz- oder Steinkohle betrieben wurden. Neben der Essenszubereitung lagerte man nahe der Kochstelle auch Vorräte. Am besten erhalten sind die Keller, da diese durch ihre Lage besser geschützt waren. Diese waren über eine Treppe oder Rampe erreichbar und dienten der Vorratshaltung. Es gibt keine Hinweise auf spezielle Schlafräume. Es ist denkbar, dass diese in höheren Stockwerken untergebracht waren und es deshalb keine baulichen Spuren mehr gibt. Die Ausstattung des Wohngebäudes hing vom Geschmack und Vermögen des Besitzers ab.

Das Wirtschaftsgebäude war für gewöhnlich im Fachwerkstil gebaut, wobei die Lage, Größe und Ausrichtung individuell waren. Hier befanden sich die Ställe und Werkstätten, sowie Speicherbauten und Remisen für Wagen und andere Geräte. In diesen Bereichen kommt es immer wieder zu umfangreichen Werkzeug- und Gerätefunden, die auf die Vielfalt der handwerklichen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten hinweisen.

So schönen Wohnraum die Villen für manchen Römer auch boten, waren sie dennoch hauptsächlich wirtschaftliche Einrichtungen. Sie bildeten den Mittelpunkt der landwirtschaftlichen Produktion und mußten Profit abwerfen. Die Fläche dieser landwirtschaftlichen Betriebe konnte zwischen 50 und 250 ha betragen. Sie mußten den Nahrungsmittelbedarf der Provinz sowie in
der Nähe stationierter Truppen abdecken. Mit einer kleinen Anzahl an Betrieben wäre dies nicht möglich gewesen. Deshalb begann man mit der  gezielten Ansiedlung und Landzuteilung an Veteranen.
Der Schwerpunkt der Produktion war von der Landesnatur abhängig. In der Regel standen Viehzucht und Feldbau im Vordergrund. In Nassenfels und Umgebung gab es hauptsächlich Mischbetriebe. Getreide war das wichtigste Grundnahrungsmittel, da es die Basis für Brei und Brot war. Die Bauern kümmerten sich nicht nur um die Produktion der Güter, sondern verarbeiteten diese weiter. So wurde das Getreide zu Mehl verarbeitet und die Wolle der Schafe gesponnen und gewebt. Neben der Familie des Besitzers arbeiteten auch Tagelöhner und Sklaven auf dem Gehöft mit.

Text: Sara Bölke, 2021

Literatur:

W. Czysz, Das zivile Leben in der Provinz, in: T. Fischer (Hrsg.), Die Römer in Bayern (Hamburg 2005) 171-308; H. Luley, Wohnen und Wohnungsbau im urgeschichtlichen Mitteleuropa – die Umge-staltung menschlichen Lebensraumes in fünf Jahrtausenden, in: W. Hoepfner (Hrsg.), Geschichte des Wohnens (Stuttgart 1999) 737-784; Markt Nassenfels, Archäologischer und naturkundlicher Wanderführer (Kipfenberg 2002); H. Mielsch, Die römische Villa. Architektur und Lebensform (München 1987).

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