“Fulvius Stellus verkehrte mit einer Stute, da er Frauen hasste: Diese brachte nach der entsprechenden Zeit eine schöne Tochter zur Welt, die sie Epona nannte. Sie ist die Göttin, welche Fürsorge für die Pferde trägt. So Agesialos im dritten Buch seiner Italischen Geschichte.”
So wird der Ursprung der Göttin in einem Text von Pseudo-Plutarchos - ein Verfasser von Werken, welche ursprünglich Plutarch zugeschrieben wurden - erklärt. Wir wissen zwar nicht, wer dieser antike Autor wirklich ist, doch der Text wurde auf griechisch verfasst und somit handelt es sich um einen italisch-hellenistischen Herkunftsmythos.
Epona ist eine Pferdegottheit, deren “Ursprungsgeschichte” mit den Jahren verlorengegangen ist. Ihr eigentliches Wesen steht heute noch zur Diskussion. Sie wurde unter anderem als chthonische Göttin interpretiert, d.h. Epona wurde wegen der Verbindung des Pferdes mit der Unterwelt als eine Totengöttin und Seelengeleiterin gesehen; zumal sie auch auf Grabreliefs erscheint. Diese Theorie fußt auf dem Vergleich Eponas mit der Rhiannon-Sage, einer walisischen Göttin, deren Symboltier ebenfalls ein Pferd ist, und welche König Pwyll heiratet. Sein Name bedeutet “Herr der Hölle”. Der Name “Epona” bedeutet übersetzt so viel wie „große Stute“, passend für eine keltische Schutzgöttin der Pferde und die gallo-römische Göttin der Equiden (Maultier, Esel, Pferd).
Sie kann zudem in gallo-römischer Zeit auch noch als Fruchtbarkeitsgöttin angesehen worden sein, da die Gottheit ikonographisch ähnlich von z. B. Matres oder Matronen dargestellt wird. Das sind römisch-keltische Muttergottheiten, die ebenfalls mit einem Fruchtkorb dargestellt werden können. Außerdem sprechen die Attribute wie Früchtekorb, Füllhorn und Fohlen für einen Fruchtbarkeitsbezug.
Im Vicus Scuttarensis, dem heutigen Nassenfels, wurde wohl auch die Göttin Epona verehrt, wie ein vor Ort gefundenes Relief zeigt. Es war nicht mehr am Originalverwendungsplatz, stammt aber aus dem Ort.
Das Original dieses Epona-Reliefs aus Kalkstein (34 x 60 cm) wird heute in der Willibaldsburg in Eichstätt ausgestellt, in der archäologischen Ausstellung in Nassenfels hängt aber eine moderne Kopie. Das Relief zeigt vorn eine Ädikula mit der Göttin und blieb rückwärtig grob und rauh. Dargestellt wird die keltische Göttin hier thronend - nicht im Damensitz - auf einem Pferd nach links reitend (gallischer Typ nach W. Schleiermacher), weitere Details sind kaum mehr erkennbar. Gerade das Gesicht der Göttin wurde stark beschädigt. Zudem sind am Original Farbspuren im Haar und eine dunkle Umrandung von Göttin und Pferd vor hellem Hintergrund zu sehen. Das Relief war also einst farbig gefaßt. Ihre Kleidung, Chiton und Manteltuch orientiert sich an der von Göttinnen des griechisch-römischen Pantheons (Fachbegriff für den Götterkreis des Römischen Reiches). Mit der linken Hand hält sie die Zügel. In der rechten Hand in ihrem Schoß hält sie einen Gegenstand, der wohl ein Korb mit Früchten ist.
Von den Eponadarstellungen aus römischer Zeit gibt es verschieden, die sich in Typen einteilen lassen. Zum Beispiel, um ihre Verbreitung zu untersuchen. Das Nassenfelser Relief gehört vom Reittypus zum gallischen Typ und wegen des Früchtekorbaccessoires genauer zum ostgallisch-rheinischen Typ.
Da bei kriegerischen Auseinandersetzungen Pferde und Reittiere von hoher Bedeutung waren, war Epona als Militärs- und Kriegsgottheit bekannt und wurde von den Römern sogar in ihren Götterkreis aufgenommen. Es war im Römischen üblich, eine fremde Gottheit mit einer Römischen gleichzusetzen (“interpretatio romana”), doch für Epona gab es keine direkte Parallele.
Wegen ihrer Verbindung mit einem Reittier gilt Epona auch als Schutzpatronin für Reisende und Händler.
Die meisten der militärischen Weihungen waren öffentliche der ganzen Einheit, diese sind leichter fassbar als Private von einzelnen Soldaten, wobei es solche sicher auch gab. Diese militärischen Weihungen sind auch im Hinblick auf religiöse Vorstellungen und die Stationierung von Einheiten interessant.
Epona wird von mehreren antiken Autoren erwähnt, so zum Beispiel von Apuleius (Schriftsteller des 2. Jh. n. Chr.), welcher sie in seinen Metamorphosen als "Vorsteherin der Ställe" beschreibt, denn ein Andachtsbild von ihr befände sich in einem Stall in der Geschichte. Dies weist auf eine Verehrung außerhalb des Militärs vom einfachen Volk hin. In den Nordwestprovinzen wurden die schlichten Eponareliefs größtenteils im Umkreis von Gehöften und Villae Rusticae gefunden.
Der Epona-Kult ist italischen Ursprungs und seit Anfang des 2.Jh. belegt; im Laufe dieses Jahrhunderts treten die ersten Darstellungen auf. Die Darstellungen der Göttin variieren sehr stark, zum Beispiel kann sie auch mit Fohlen und mehreren Pferden oder Begleitern dargestellt werden und verschiedene Attribute wie Füllhörner oder Früchtekörbe halten, meist thront oder reitet sie aber. Solche Reliefs wurden vor allem in Nord-, Mittel- und Ost-Gallien – dem heutigen Frankreich und Belgien sowie Teilen von Westdeutschland, der Westschweiz und Nordwestitalien – gefunden. Von dort verbreitete sich der Kult im zweiten nachchristlichen Jahrhundert gen Osten in die rätischen Limesgebiete. Diese Verbreitung ist wohl der Ausdehnung des Reiches und Händlern und Soldaten zu verdanken. Meist wurde Epona zusammen mit Herkules und Merkur verehrt. Herkules stand für das mühevolle Soldatenleben oder galt auch Beschützer der Kaufleute und des Verkehrs; Merkur war der Gott der Händler und des guten Wirtschaftens. Ihren eigenen Feiertag hatte Epona wohl am 18. Dezember.
Ein dem Nassenfelser Relief ganz ähnliches im Typus wurde in Trier gefunden, verbaut in einer Kapelle im ehemaligen Tempelbezirk im Trier Altbachtal. Es stammt aus dem 2. Jh. und hängt heute dort im Rheinischen Landesmuseum (Inv. 13877). Die Göttin thront auf dem Pferderücken, hält mit der Linken die Zügel und balanciert ein Tablett mit Früchten auf der rechten Hand vor der Brust, ähnlich den Darstellungen von Muttergottheiten aus diesem Gebiet. Es ist wohl das früheste Epona-Relief dieser Variante mit Fruchtkorb.
Es gibt auch Eponadarstellung mit reduzierter Pferdedarstellung und einem weiteren Begleiter wie auf den Relief aus einem römischen Brunnen in Öhringen. Es stammt aus dem 2. oder 3. Jh. n. Chr. und befindet sich heute im Weygang- Museum Oberreixingen. Diese Darstellung erinnert sehr stark an die Reliefe der Matronen, Muttergottheiten, wie auf einem Altar aus Köln, geweiht von M. Catullinius Paternus für die Matronen (CIL XIII 8216).
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